Die neue Virusvariante hat die Rohstoff-Rally erst einmal ausgebremst und die Preise von Öl und Industriemetallen fallen lassen. Der Goldpreis tritt hingegen weiter auf der Stelle.
2. Dezember 2021. Frankfurt (Börse Frankfurt). Auch am Rohstoffmarkt hat Omikron für einiges an Wirbel gesorgt: Der Ölpreis ist deutlich gesunken, auch Industriemetallpreise gaben nach. Das ändert allerdings nicht viel an der Tatsache, dass für Rohstoffanleger dieses Jahr ein hervorragendes Jahr war: So ist der WisdomTree Broad Commodities (<DE000A0KRKC6>), der den gesamten Rohstoffmarkt abbildet, trotz jüngster Einbußen seit Jahresanfang immer noch um 33 Prozent gestiegen. Bei Anlegern ist das offenbar angekommen: Rohstoffkörbe waren unter allen ETCs im November erneut die beliebtesten, wie Mobeen Tahir von WisdomTree berichtet. „Das war dieses Jahr fast immer so.“
Ölpreis seit Oktober-Hoch um 20 Prozent gefallen
Der deutliche Anstieg liegt unter anderem an der Ölpreis-Rally, die nun aber – zumindest vorerst – ein Ende gefunden hat: Der Brent-Preis, der sich zuvor oberhalb von 80 US-Dollar je Barrel festgesetzt hatte, ist diese Woche unter 70 US-Dollar gefallen – das war der tiefste Stand seit August. Am Donnerstagmorgen sind es 70,20 US-Dollar. Seit dem Hoch bei 86 US-Dollar im Oktober ergibt das ein Minus von fast 20 Prozent.
Schon vor den ersten Nachrichten zur neuen Virusvariante war der Preis zurückgegangen, die USA, China und Japan hatten ihre strategischen Ölbestände freigegeben. Im Laufe des heutigen Tages wird das Ergebnis des OPEC+-Treffens erwartet. Am Markt wird davon ausgegangen, dass die Förderländer das Angebot verknappen könnten – wegen der Corona-Lage und der Freigabe der Ölreserven.
Fabian Wörndl, der bei Lang & Schwarz ETCs und ETFs handelt, meldet für die vergangenen Tage kräftige Verkäufe der Anteile an Öl-ETCs und Ölproduzenten-ETFs. Ölpreis-Tracker gehören auch zu den meistgehandelten ETCs an der Börse Frankfurt: Auf der Umsatzliste für die vergangenen Wochen steht der WisdomTree WTI Crude Oil (<DE000A0KRJX4>) auf dem ungewöhnlich hohen dritten Platz, gleich hinter Xetra Gold und Industriemetall-ETCs. Auch in der Variante mit Währungsabsicherung, dem WisdomTree WTI Crude Oil - EUR Daily Hedged (<DE000A1NZLM8>), ist viel los.
„Industriemetalle werden im Anlegerfokus bleiben“
Die Industriemetallpreise haben diese Woche ebenfalls nachgegeben, die Hochs hatten sie allerdings schon vorher überschritten. Etwa kostet Kupfer aktuell 9.416 US-Dollar, im Hoch im Mai waren es 10.738 US-Dollar. Zink notiert aktuell bei 3.199 US-Dollar nach in der Spitze 3.908 im Oktober. Zum Preisrückgang beigetragen haben auch die neuen Corona-Beschränkungen in Europa. „Die sind Gegenwind für alle Risikoanlagen”, erläutert Tahir. Dem Analysten zufolge zeigt die positive Preisentwicklung von Zinn aber, das sich fundamentale langfristige Faktoren stärker auswirken können als kurzfristige Effekte. „Industriemetalle werden wegen der wachsenden Nachfrage im Zuge der Energiewende daher im Fokus bleiben.“
Für die vergangenen vier Wochen meldet WisdomTree leichte Abflüsse aus Industriemetall-ETCs. Die Umsätze sind insgesamt hoch: Auf der Umsatzliste der Börse Frankfurt steht der WisdomTree Industrial Metals (<DE000A0KRKG7>) auf dem zweiten Platz.
Goldpreis kommt nicht vom Fleck
Der Goldpreis reagiert hingegen kaum auf die neuen Virus-Nachrichten. In der ersten Novemberhälfte war der Preis auf über 1.860 US-Dollar geklettert und dann wieder gefallen, aktuell liegt er mit 1.776 US-Dollar die Feinunze in etwa auf dem Niveau vor einem Monat. „Der Goldpreis ist in Reaktion auf die Bestätigung von Fed-Chef Powell für weitere vier Jahre im Amt gesunken”, erklärt Tahir. Am Markt werde nun eine härtere geldpolitische Gangart erwartet, mit einer ersten Zinserhöhung Mitte nächsten Jahres.
Unter dem Strich überwogen im November die Zuflüsse in Gold-ETCs, wie WisdomTree berichtet. An der Börse Frankfurt hatten in den vergangenen vier Wochen Xetra-Gold (DE000A0S9GB0), der WisdomTree Physical Swiss Gold Individual Securities (<DE000A1DCTL3>) und der Xtrackers Physical Gold EUR Hedged (DE000A1EK0G3) von den Umsätzen her die Nase vorn. Silber-ETCs wie der WisdomTree Physical Silver Individual Securities (<DE000A0N62F2>) wurden ebenfalls viel gehandelt. Der Bestand an Xetra-Gold bleibt mit knapp 237 Tonnen auf Rekordniveau.
Nach dem für Goldanleger enttäuschenden Jahr 2021 wird nach Einschätzung der Helaba 2022 eher noch keine Wende zum Besseren bringen. „Die Konkurrenz durch Aktien und anziehende Nominalzinsen bleibt bestehen“, erklärt Rohstoffanalystin Claudia Windt. Allerdings werde Gold wohl sein erreichtes Niveau um 1.800 US-Dollar beziehungsweise 1.510 Euro verteidigen. „Inflationssorgen, womöglich begleitet von Wachstumsunsicherheiten, reisen im neuen Jahr im Handgepäck mit.“
„Gold wird 2022 erreichtes Niveau verteidigen“
Die Helaba wirft in ihrem Jahresausblick auch einen Blick auf die Nachhaltigkeit von Gold: Hier könne das Edelmetall mittelfristig durchaus punkten, heißt es. Einerseits werde Gold als Industriemetall gefragt sein, das in Nachhaltigkeitsinvestitionen wie hochleistungsfähigen Katalysatoren zum Einsatz komme. „Andererseits erzeugt es, anders als sein Konkurrent Bitcoin, praktisch keine Treibhausgasemissionen, sobald der Produktionsprozess abgeschlossen ist.“
von: Anna-Maria Borse, 2. Dezember 2021, © Deutsche Börse AG