Erst Jubelstimmung, dann kalte Dusche: Der Handelsstart in das neue Jahr war nichts für Ruhesuchende. Nach Ansicht von Analysten könnte das im gesamten Jahr so bleiben.
10. Januar 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach den durchaus kräftigen Ausschlägen der ersten Handelswoche 2022 startet die neue Woche mit leichten Gewinnen. „Die Veröffentlichung des letzten Sitzungsprotokolls der US-Notenbank hat der guten Anlegerstimmung vergangene Woche einen empfindlichen Schlag versetzt“, berichtet Ulf Krauss von der Helaba. Die Mitschrift zeige eine wachsende Unsicherheit bezüglich der Inflationsentwicklung in den USA. „Sie nährt den Verdacht, dass der Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik nicht mehr so lang auf sich warten lässt.“ Allerdings gebe es noch viele Fragezeichen infolge des kräftigen Anstiegs der Infektionszahlen durch die Omikron-Variante, insbesondere bei der Konjunkturentwicklung.
Der DAX steht am Montagmorgen knapp über 16.000 Punkten nach 15.971,60 am Freitagabend. Noch am Dienstag vergangener Woche hatte der Leitindex sein Allzeithoch von 16.290 Punkten nur um wenige Zähler verpasst. Die US-Börsen traten am Freitag mehr oder weniger auf der Stelle, an Asiens Märkten fehlt am heutigen Montag die klare Richtung.
Die Deutsche Bank weist auf den starken Zinsanstieg hin, der den Aktienmärkten zusetze: „Innerhalb von drei Wochen kletterten die Renditen zehnjähriger US-Treasuries um 36 Basispunkte aufwärts auf das höchste Niveau seit dem 22. Januar 2020.“ Auch zwei- und fünfjährige Treasuries rentierten auf Pandemiehoch. „Den Aktienmärkten schmeckte die Bewegung an den Bondmärkten naturgemäß nicht.“
„Aktienmärkten schmeckt Zinsanstieg nicht.“
„Der Start des deutschen Aktienmarkts in das Börsenjahr könnte als Blaupause für das Gesamtjahr 2022 dienen“, meint Andreas Hürkamp von der Commerzbank. Zum einen sollte der DAX dank weiter steigender Unternehmensgewinne seinen Aufwärtstrend fortsetzen. Zum anderen werde die Volatilität aufgrund der wieder restriktiveren US-Geldpolitik deutlich zunehmen. „Unserer Meinung nach sollten Investoren nervöse Handelstage nutzen, um sich für eine vielversprechende DAX-Dividendensaison zu positionieren.“ So gingen die Markterwartungen derzeit von 31 DAX-Dividendenerhöhungen aus. „Die DAX-Dividendensumme soll um 38 Prozent auf 46,8 Milliarden Euro steigen.“
„Jahresauftakt – wie erwartet/befürchtet“, bemerkt der technische Analyst Christoph Geyer. Denn die DAX-Wende nach unten sei nicht völlig überraschend gekommen, die Indikatoren hätten darauf hingedeutet. Nun stehe auch der MACD-Indikator kurz vor einem Verkaufssignal. Allerdings lasse die Kerze am Freitag etwas Hoffnung aufkommen: Der Index hatte sich von den Tagestiefs wieder nach oben entfernt. „Bei einer freundlichen Wocheneröffnung könnte zum einen das Verkaufssignal beim MACD-Indikator verhindert werden und zum anderen der Schritt aus dem Widerstandsbereich erfolgen.“
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Mittwoch, 12. Januar
14.30 Uhr. USA: Verbraucherpreise Dezember. Die Inflationsrate dürfte auch im Dezember weiter angestiegen sein, meint die DekaBank. Sie erwartet mit 7,1 Prozent die höchste Rate seit Juni 1982. Dabei hätten fallende Energiepreise sogar für eine leichte Dämpfung gesorgt. Allerdings schlügen sich im Bereich der Mieten die extrem hohen Immobilienpreiszuwächse des Jahres 2020 stark zeitverzögert nieder, auch die Gebrauchtwagenpreise seien wohl stark gestiegen.
Donnerstag, 13. Januar
Start der US-Berichtssaison: Unter anderem JPMorgan Chase, Wells Fargo, Citigroup und BlackRock legen diese Woche ihre Bücher offen.
Freitag, 14. Januar
10.00 Uhr. Deutschland: BIP 2021. Laut DekaBank war das Jahr 2021 eine Berg- und Talfahrt. Auf ein corona-bedingt sehr schwaches erstes Quartal sei die konjunkturelle Aufholjagd im Sommerhalbjahr gefolgt, dann aber eine deutliche Abschwächung im vierten Quartal. Alles in allem sei das Bruttoinlandsprodukt wohl um 2,6 Prozent gestiegen.
14.30 Uhr. USA: Einzelhandelsumsätze Dezember. Die auf Echtzeitdaten etwa zu Kreditkartenumsätzen basierende vorläufige Schätzung der Chicago Fed deutet laut Commerzbank auf schwächere Zahlen hin. Die Bank erwartet für den Einzelhandelsumsatz einen Rückgang um 0,5 Prozent.
von: Anna-Maria Borse
10. Januar 2022, © Deutsche Börse AG