Der Preisdruck in Deutschland findet an den Anleihemärkten wenig Beachtung. Im Handel mit Unternehmensanleihen greifen Anleger zu Bonds von NordLB, Ferratum, Deutsche Rohstoff und Otto. Grenke lässt Krise hinter sich. Ekosem-Gespräche mit russischen Banken verunsichern.
30. Juli 2021. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der deutliche Sprung der hiesigen Inflationsrate auf 3,8 Prozent im Vorjahresvergleich hat das Thema wieder stärker in den Fokus gerückt. Zehnjährige Bundesanleihen gaben nach der gestrigen Meldung zunächst nach, machten im Anschluss verlorenen Boden aber wieder gut. Seit Wochenbeginn liegt der Euro-Bund-Future leicht im Plus. „Damit spiegeln sich die Inflationsängste am Anleihemarkt nicht wider“, stellt Rainer Petz von der Oddo BHF fest. Ob Anleger damit richtig liegen, stehe auf einem anderen Blatt.
Unterstützung erhalten die Rentenmärkte laut ICF Bank- Händler Arthur Brunner von den Zentralbanken. Nach der EZB bleibe auch die Federal Reserve bei ihrer bisherigen Einschätzung, dass die höhere Inflation lediglich vorübergehende Natur sei.
Ekosem verschreckt Gläubiger
Im Handel mit Unternehmensanleihen spricht Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank von starken Bewegungen in Ekosem-Papieren. Das betreffe eine mit 7,5 Prozent verzinste Ekosem-Agrar-Anleihe (DE000A2YNR08) ebenso wie ein im kommenden Jahr zur Rückzahlung anstehender Bond (DE000A1R0RZ5) mit einem Kupon von 8,5 Prozent. Erstere stürzte am Dienstag zunächst von über 100 auf 72 Prozent ab, erholte sich zwischenzeitlich auf rund 88 Punkte und notiert derzeit etwas über 77 Punkte. Einen ähnlichen Verlauf habe die zweite Anleihe gesehen. Auf die heut veröffentlichten Zahlen für das erste Halbjahr reagierten Anleger mit Käufen. Trotz des schwächeren Rubels komme die Gesellschaft auf ein Umsatzplus von 12 Prozent auf rund 235 Millionen Euro.
Verunsichert worden seien Anleger von einer Ad-Hoc-Mitteilung den Unternehmens. Demnach steht Ekosem-Agrar mit der russischen Landwirtschaftsbank Rosselkhozbank und Sberbank über die mittel- und langfristige Finanzierung der Gruppe in Gesprächen. In dem Zusammenhang werde auch eine vorübergehende Mehrheitsbeteiligung der Landiwrtschaftsbank an den operativen Tochtergesellschaften in Russland ausgelotet.
„Das Ganze ist weit weg und schwer durchschaubar“, meint Daniel. In einem Interview begründe Ekosem Finanzchef Wolfgang Bläsi die Notwenigkeit weiterer Finanzspritzen unter anderem mit dem Ausbau der Milchverarbeitung und der Fertigstellung laufender Projekte. Wünschenswert sei zudem eine höhere Eigenkapitalquote. Ihren Kapitaldienstverpflichtungen könne das Unternehmen Bläsi zufolge aber auch aus eigenen Mitteln nachkommen. Die Ekosem-Zahlen für das erste Halbjahr könnten sich übrigens durchaus sehen lassen.
Als wäre nichts gewesen
Gute Umsätze mit einem Kaufüberhang verbucht Daniel in Anleihen des Leasing-Spezialisten Grenke. Das gelte unter anderem für einen Wert (<XS1527138272>) mit einem Kupon von 1.125 Prozent und einen mit 1,0 Prozent verzinsten Bond (<XS1799162588>). Beide notieren knapp unter 100 Prozent. „Die Probleme scheinen sich in Wohlgefallen aufgelöst zu haben.“ Das Enforcement-Verfahren zum Konzernabschluss 2019 betrachte Grenke als abgeschlossen. Feststellungen der Bafin seien bereits im Konzernabschluss für 2020 berücksichtigt. Daher gebe es keinen weiteren Anpassungsbedarf. Für das laufende Geschäftsjahr stellt das Unternehmen basierend auf ein anhaltend stabiles Zahlungsverhalten der Kunden einen Gewinn von 60 bis 80 Millionen Euro in Aussicht. Das Leasing-Neugeschäft werde pandemiebedingt voraussichtlich zwischen 1,7 bis zwei Milliarden Euro liegen.
Treue Otto-Kunden
Das rege Kaufinteresse an einer mit jährlich 4,0 Prozent verzinsten, nachrangigen Otto-Anleihe (XS1853998182) führt Daniel auch auf einen vorzeitig abgelösten Bond des Traditionsunternehmens zurück. Investoren tendierten dazu, bekannten Schuldnern treu zu bleiben und die freiwerdenden Mittel dort wieder zu reinvestieren. Der Wert notiert aktuell über 108 Punkte.
Nachfrage nach NordLB, Ferratum und Deutsche Rohstoff
Überwiegende Käufe sieht Brunner in einer Nord LB Nachranganleihe (DE000NLB1DD3) mit einem Kupon von 3,5 Prozent. Die Kurse schwankten seit Montag zwischen 106 und 108 Prozent, aktuell notiert der Wert bei 106,5 Prozent. Abermals in den Depots lande eine Ferratum-Anleihe (<SE0012453835 >) mit einem Kupon von 5,5 Prozent. Seit Wochenbeginn stieg der Kurs von 101,5 auf 102,5 Prozent. Angesichts der eindrucksvollen Preissteigerungen im Sektor ist die Kaufnachfrage nach einer Anleihe der Deutsche Rohstoff AG (DE000A2YN3Q8) für Brunner nachvollziehbar. Ende Oktober vergangenen Jahres notierte der Wert um 85 Punkte, aktuell kostet er über 105 Punkte.
Paragon volatil
Käufe und Verkäufe registriert Brunner für eine mit jährlich 4,5 Prozent verzinste Paragon-Anleihe (DE000A2GSB86), die im Juli 2022 fällig wird. „Hier geht es sehr volatil zu.“ Die Kurse schwankten in den vergangenen Tagen zwischen 72 und 89 Prozent und stabilisierten sich derzeit um 80 Punkte. Mittlerweile lägen die verspäteten Geschäftszahlen für 2020 vor.
von: Iris Merker
30. Juli 2021, © Deutsche Börse AG