An den Kurstafeln dominiert derzeit die Farbe rot. Es gibt aber auch Unternehmen, deren Geschäfte durch das Virus angekurbelt werden könnten. Einige vermeintliche Gewinner haben aber schon wieder verloren.
20. März 2020. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Corona-Crash hat fast alle Branchen erfasst – wenn auch nicht gleichermaßen. So haben Unternehmen aus den Bereichen Luftfahrt und Tourismus besonders heftige Verluste erlitten. Einige wenige Unternehmen profitieren aber auch von der Corona-Krise und den harschen Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus: Anbieter von Atemschutzmasken, Desinfektionsmitteln und Schutzkleidung etwa, ebenso wie Biotech- und Pharmaunternehmen, die an Medikamenten oder am Impfstoff gegen Covid-19 arbeiten. Auch einige Unternehmen, die das Leben in den eigenen vier Wänden erleichtern, stehen auf der Gewinnerseite: Anbieter von Software für das Homeoffice und Online-Händler etwa.
Impfstoffe und Medikamente: The winner takes it all
Es sind diverse Biotechunternehmen, die an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Virus arbeiten. Eins davon ist das US-Unternehmen Novavax (WKN A2PKMZ), dessen Kurs zeitweise geradezu explodiert ist, wie Roland Stadler von der Baader Bank bemerkt. Innerhalb weniger Woche kletterte der Kurs von 3 auf über 15 Euro, aktuell sind es wieder „nur“ 9,15 Euro. Auch das Unternehmen BioCryst (WKN 896047) aus North Carolina hatte deutlich zugelegt, gab die Gewinne dann aber größtenteils wieder ab. Ähnlich ging es Inovio Pharmaceuticals (WKN A115GK), einem kleinen Biotech-Unternehmen, das ebenfalls zu den Impfstoff-Hoffnungsträger zählt. Auch etablierte Konzerne wie GlaxoSmithKline (WKN 940561) sind mit im Rennen. Das Problem: Wer das Rennen gewinnt, ist völlig unklar, wer es verliert, dürfte schnell abgestraft werden.
Stadler
Vergleichbar ist das Bild bei Pharmaunternehmen, die an Medikamenten gegen Covid-19 arbeiten. So testet das US-Pharma- und Biotechunternehmen Gilead Sciences (WKN 885823) gerade den Wirkstoff Remdesivir, die Aktie legte zwischenzeitlich kräftig zu. Das japanische Unternehmen Takeda Pharmaceutical (WKN 853849) arbeitet an der Entwicklung eines Medikaments aus dem Blut von Menschen, die das Virus überstanden haben. Hier gilt ebenfalls: Nur der profitiert am Ende, der als erster ein wirksames Medikament auf den Markt bringen kann, der Rest steht mit leeren Händen da.
Clorox von Rekord zu Rekord
Beim Lübecker Medizintechnikhersteller Drägerwerk (WKN 555060) hat Corona zu einer sprunghaft gestiegenen Nachfrage nach Atemschutzmasken und Beatmungsgeräten geführt – und zu einem kräftigen Kurssprung. Rasant nach oben geht es derzeit auch für das US-Unternehmen Clorox (WKN 856678), das US-amerikanische Pendant zu Sagrotan. Die Aktie des Herstellers von Handdesinfizierern und anderen antibakteriellen Reinigungsmitteln klettert derzeit von Allzeithoch zu Allzeithoch: Im Januar kostete die Clorox-Aktie weniger als 140 Euro, jetzt sind es über 180 Euro. Von 3 auf über 20 Euro stieg innerhalb kurzer Zeit der Kurs des Anbieters von Mundschutz und Schutzmasken Alpha Pro Tech (WKN 907487), jetzt sind es wieder 11,70 Euro. Deutlich verloren nach kurzer Kursrally hat die Aktie von Beyond Air (WKN A2PNGL), ein Hersteller von Beatmungsgeräten, wie Stadler ergänzt.
Trend zu haltbaren Lebensmitteln
Auch außerhalb des medizinischen Bereichs sind Gewinner zu finden, etwa Lebensmittelkonzerne, die vom Hamstern profitieren und Anbieter haltbarer Lebensmittel wie Campbell Soup (WKN 850561) oder Kraft Heinz (WKN A14TU4). Stark gestiegen ist zuletzt auch die Aktie des Cornflakes-Herstellers Kellogg Co. (WKN 853265), wie Walter Vorhauser von Oddo Seydler berichtet. Zugute kamen Kellogg noch über den Erwartungen liegende Zahlen für das letzte Quartal und Aktienrückkäufe. „Außerdem sind solche Adressen in Zeiten der Rezession gefragt.“ Der Kurs ist nicht mehr weit vom Allzeithoch entfernt. Online-Händler wie Amazon (WKN 906866) hatten sich dem Blitz-Crash anfangs nicht entziehen können, wegen der in vielen Ländern geschlossenen Geschäfte zieht der Kurs nun aber an.
Vorhauser
Potenzial für „stay at home stocks"
Dass immer mehr Menschen zuhause arbeiten müssen, könnte grundsätzlich auch die Kurse von Unternehmen wie Zoom, Slack oder TeamViewer stützen. Beim Videokonferenzausrüster Zoom (WKN A2PGJ2) ist das der Fall, der deutsche Screen-Sharing-Dienst TeamViewer (WKN A2YN90) hat zuletzt wieder verloren, die Teamkommunikations-App Slack (WKN A2PGZL) gar nicht profitiert. Auch andere „stay at home stocks" könnten zwar zu den Gewinnern gehören, etwa der Streaming-Dienst Netflix. Im Aktienkurs (WKN 552484) hat sich das bislang aber noch nicht niedergeschlagen. Für Vorhauser ist auch VMware (WKN A0MYC8) ein potenzieller Gewinner, ein US-amerikanisches Tech-Unternehmen und Anbieter von Software-Lösungen im Bereich Cloud Computing sowie Virtualisierung von Rechenzentrumsinfrastrukturen. „Längerfristig ist das Cloud-Geschäft ein riesiger Wachstumsmarkt.“
von: Anna-Maria Borse
19. März 2020, © Deutsche Börse AG