APA ots news: WIFO - Prognose für 2020 und 2021: Zähe Konjunktur nach kräftigem Rebound
Wien (APA-ots) - Im Frühjahr war die Weltwirtschaft aufgrund der
pandemiebedingten Schutzmaßnahmen massiv eingebrochen. Der
Wertschöpfungsverlust wurde im Sommer teilweise wettgemacht, in
Österreich dürfte die Wertschöpfung im III. Quartal gegenüber dem
Vorquartal um mehr als 10% gewachsen sein. Rund die Hälfte des
krisenbedingten Anstieges der Arbeitslosigkeit wurde bis September
abgebaut. Im IV. Quartal wird sich die Konjunkturdynamik aufgrund
auslaufender Rebound-Effekte (Lösung des Konsumrückstaus) und eines
Anstieges der Infektionszahlen jedoch markant verlangsamen. Für das
Jahr 2020 wird insgesamt ein BIP-Rückgang von 6,8% gegenüber 2019
prognostiziert, für 2021 ein Anstieg von 4,4%. Ein neuerlicher
Lockdown im Herbst könnte diese Raten um 2,5 bzw. 4,0 Prozentpunkte
senken.
"Die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID19-Pandemie in Österreich
im Frühjahr 2020 waren im internationalen Vergleich streng und
bewirkten einen massiven Wertschöpfungsverlust. Die großzügige
Lockerung im Sommer ermöglichte einen kräftigen Rebound, vor allem
der Konsumrückstau löste sich weitgehend auf", so der Autor der
aktuellen WIFO-Prognose Stefan Schiman.
Der massive Einbruch der Weltwirtschaft im Frühjahr 2020 wurde im
Sommer teilweise wettgemacht. Österreich hatte im internationalen
Vergleich überdurchschnittlich strenge Maßnahmen zur Eindämmung der
COVID19-Pandemie ergriffen und sie dann überdurchschnittlich stark
gelockert. Dementsprechend war die Rezession im Frühjahr tief und
kurz.
Im III. Quartal 2020 expandierte die reale Wirtschaftsleistung
bereits wieder kräftig; sie dürfte gegenüber dem Vorquartal um über
10% gestiegen sein (II. Quartal 12,1%). Der starke Rebound war
einerseits auf die wirtschaftspolitischen Maßnahmen zurückzuführen,
vor allem aber darauf, dass sich der Konsumrückstau aus dem Frühjahr
durch die großzügige Lockerung des Lockdown löste. Die
Investitionstätigkeit und der Außenhandel erholten sich
wahrscheinlich - mit Ausnahme des Bauwesens - weniger rasch, da hier
die wirtschaftliche Unsicherheit, aber auch längere Vorlaufzeiten
eine größere Rolle spielen.
Nach der zügigen Erholung im Sommer ist für den weiteren
Jahresverlauf mit einer markanten Verlangsamung der Konjunkturdynamik
zu rechnen. Für das IV. Quartal 2020 prognostiziert das WIFO ein
Wirtschaftswachstum von nur 0,8% gegenüber dem Vorquartal, sodass
sich für das Jahr 2020 insgesamt ein BIP-Rückgang von 6,8% gegenüber
2019 ergibt.
Die Konjunkturabkühlung liegt zum einen daran, dass die
Rebound-Effekte - vor allem die Lösung des Konsumrückstaus - nach und
nach schwächer werden. Zum anderen dämpfen ein Anstieg der
COVID-19-Infektionszahlen und die neuerliche (mäßige) Verschärfung
der Eindämmungsmaßnahmen die Wirtschaftsaktivität. In der Industrie
dürften sich die Abläufe aber mittlerweile an ein höheres Maß an
Social Distancing angepasst haben, sodass die
Wertschöpfungsentwicklung davon nicht mehr so stark betroffen ist.
Parallel zur Wirtschaftsleistung bricht 2020 das Arbeitsvolumen
ein. Ein Großteil des Rückganges erfolgt durch eine Verringerung der
Arbeitszeit pro Kopf aufgrund der regen Inanspruchnahme der
COVID-19-Kurzarbeit. Dennoch sind auch der Beschäftigungsrückgang und
die Zunahme der Arbeitslosigkeit erheblich. Bis einschließlich
September wurde etwa die Hälfte des krisenbedingten Anstieges der
Arbeitslosigkeit abgebaut.
Übersicht 1: Hauptergebnisse der Prognose - auf der [WIFO-Website]
(https://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/66470)
Zudem wirken Wirtschaftskrisen katalytisch auf den Strukturwandel,
wodurch in der Industrie nun vermehrt Stellen abgebaut werden. Dies
wird sich noch 2021 fortsetzen, wenn die Gesamtbeschäftigung schon
wieder steigt. Auch im Tourismus bleibt die Lage angespannt, die Zahl
der Übernachtungen dürfte im Frühjahr 2021 noch um ein Viertel unter
dem Vorkrisenniveau liegen, selbst wenn die Reisewarnungen einiger
Länder gegenüber österreichischen Destinationen rechtzeitig zum
Beginn der Wintersaison wieder aufgehoben werden.
Die Prognose unterstellt - wie schon die letzten WIFO-Prognosen -,
dass die Eindämmungsmaßnahmen verschärft werden, aber kein
neuerlicher Lockdown verhängt wird. Ein zweiter Lockdown hätte
schwere Folgen für die Wirtschaft. Würden Geschäfte und Fabriken ab
November wieder geschlossen und die Reisemöglichkeiten drastisch
beschränkt, und würde ein solcher Lockdown bis nach den
Weihnachtsfeiertagen anhalten, dann könnte die Wirtschaftsleistung
im IV. Quartal 2020 auf das Niveau vom II. Quartal zurückfallen. Im
gesamten Jahr 2020 entspräche das einer weiteren Dämpfung der
BIP-Entwicklung um 2,5 Prozentpunkte gegenüber 2019, gefolgt von
einer Stagnation 2021.
Zu den Definitionen siehe "[Methodische Hinweise und Kurzglossar]
(https://www.ots.at/redirect/wifo6)"
Rückfragehinweis:
Rückfragen bitte am Freitag, dem 9. Oktober 2020, zwischen 12 und 15 Uhr, an Stefan Schiman, MSc, Tel. (1) 798 26 01 - 234, stefan.schiman@wifo.ac.at
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OTS0070 2020-10-09/10:30