Nachhaltigkeit gewinnt bei Derivaten an Bedeutung. Aktien von heimischen Firmen wie Infineon, CompuGroup Medical, Zalando, Porsche, Covestro, Telekom und Volkswagen sehen Anleger im Aufwind. Auch Salesforce überzeugt. Der steigende industrielle Bedarf könnte Silber stützen.
2. Juli 2021. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Mit der weitgehenden Rückkehr zu Normalität geben sich Zertifikate-Freunde in den vergangenen Wochen vorsommerlich entspannt. „Es ist insgesamt etwas ruhiger geworden, aber keineswegs still“, beschreibt Anouch Wilhelms von der Société Générale die allgemeine Lage. Nach den ausgesprochen aktiven Monaten März, April und Mai hätten Anleger ihr Engagement nun lediglich etwas zurückgefahren.
Klimadiskussion zeigt Wirkung
Als Renner bezeichnet Wilhelms ein Partizipations-Zertifikat auf CO2-Emissionsrechte (DE000CU3RPS9). „Damit entpuppt sich das Produkt vom Ladenhüter zum Spitzenreiter.“ Seit Jahresbeginn stieg der Wert von 31 auf 56 Euro. Nachdem der Preis für CO2 zwischen 2011 und 2017 aufgrund hoher überschüssiger Emissionsberechtigungen deutlich sank, steigt der Kurs seit geraumer Zeit wieder. Unter anderem senkte die EU die Obergrenze für den Ausstoß von Treibhausgasen für die kommenden Jahre schneller ab als für die vorherigen Perioden. Wie in anderen Segmenten spüre Wilhelms auch bei Zertifikaten wachsendes Interesse für das Thema Nachhaltigkeit. Aktuell setzten Anleger zum Beispiel auf ein CO2-Hebelprodukt (DE000SD3G5P8) und einen DAX 50 ESG-Tracker (DE000SF00AA6).
Lust auf heimische Firmen
Markus Königer von der ICF registriert auffällig großes Interesse an Einzelwerten. Geht es um längerfristige Engagements, vertrauten Anleger tendenziell auf hiesige Unternehmen. Discount-Zertifikate auf Infineon (<DE000DV0GE94>), CompuGroup Medical (<DE000DV1U4X3>) und Zalando (<DE000DV1VUR5>) belegten in Königers Umsatzstatistik vordere Plätze. Mittels eines beliebten Hebelzertifikats auf Porsche (<DE000TT6HDV7>) mit einer Barriere von 105 Euro positionierten sich Investoren long. Das gelte auch für ein gesuchtes Produkt auf Covestro (<DE000HR4ZFS1>) mit einer Schwelle von 67 Euro.
Salesforce beflügelt die Fantasie
Mit Calls auf Salesforce setzten Anleger darauf, dass die Aktie des US-Softwareunternehmens 270 (<DE000VQ24XH4>) und 240 US-Dollar (<DE000VP9PSP4>) nicht unterschreitet. Aktuell liegt der Kurs bei 244 US-Dollar. „Die Aktie steht nicht oft derart im Fokus.“ Immer wieder auf den Bestenlisten finde man hingegen Apple-Zertifikate. So auch diesmal. Käufer eines Calls auf den IT-Riesen (<DE000DV1T546>) vertrauten darauf, dass die Apple-Aktie bei Ausübung über 130 US-Dollar notiert, aktuell kostet ein Anteil 136 US-Dollar.
Bullish für VW und Telekom
Kemal Bagci von der BNP Paribas spricht von überdurchschnittlicher Nachfrage nach einem Hebelprodukt auf die Telekom (<DE000PF8DJE5>), das von steigenden Notierungen profitiert. Ohne konkret zu werden habe Konzernchef Timotheus Höttges über einen möglichen Strategiewechsel bezüglich des Ausbaus der Infrastruktur sinniert. Das Unternehmen müsse das Netz nicht unbedingt besitzen. Auch ziele das Management bis 2024 auf eine Reduzierung des Verschuldungsgrads von 3,8 auf 3 Prozent. Die Telekom-Aktie gewann im Juni von 17,18 auf 17,88 hinzu.
An VW finden Zertifikate-Anleger Bagci zufolge ebenfalls Gefallen. Seine Kunden deckten sich trotz zwischenzeitlicher Aktienschwäche mit einem Long Call auf den VW-Konzern (<DE000PF66BU9>) ein. Dieser verfällt, falls der Basiswert bei Ausübung unter 222 Euro notiert. Unbefriedigende Verkaufszahlen des ID.4 in China und die mögliche Aussicht auf weitere milliardenschwere Bußgelder in den USA in Verbindung mit der Dieselaffäre hätten die Aktie zeitweilig unter Druck gesetzt. Aktuell notiert der Wert mit 212 Euro knapp 10 Prozent niedriger als vor einem Monat.
Auch Wilhelms verbucht Interesse an VW. Gesucht sei unter anderem ein bis September laufendes klassisches Discount-Zertifikat auf die Aktie der Wolfsburger (<DE000SD4PTE6>) mit einer Auszahlung bis maximal 220 Euro. „Anlageprodukte dominieren hier.“ Generell umgehe man mit Eurowerten das Währungsrisiko.
Bagci
Silber aussichtsreich
Silber ist als Underlying gefragt, wie die Händler berichten. Ein klassisches, im September fälliges Discount-Zertifikats auf Silber (<DE000SD3HJA4>) mit Währungsabsicherung zählt bei Wilhelms zu den meist gehandelten Derivaten.
Bagcis Kunden legten sich ein Knock-Out-Produkt auf Silber (<DE000PN1NDX2>) ins Depot, das verfällt sollte der Silberpreis die Schwelle von 21,48 US-Dollar berühren oder unterschreiten. Nach Ansicht des Händlers profitiert Silber von den neuen Technologien. Für Elektrofahrzeuge werde das Edelmetall ebenso gebraucht wie für Solaranlagen und 5G. „Heute liegt der 5G-bezogene Silberbedarf bei rund 7,5 Millionen Unzen, dürfte aber in den nächsten Jahren stark steigen.“
von Iris Merker
2. Juli 2021, © Deutsche Börse AG