Die US-Notenbank stemmt sich gegen die hohe Inflation – mit dem größten Leitzinssprung seit 22 Jahren. Auch in der Eurozone wird eine Zinserhöhung immer wahrscheinlicher. Immobilienanleihen geraten unterdessen unter Druck.
6. Mai 2022 Frankfurt (Börse Frankfurt). Die Aussicht auf kräftig anziehende Zinsen kombiniert mit sich eintrübenden wirtschaftlichen Aussichten lasten auf den Anleihekursen. „Die Märkte sind schwach, besonders seit gestern“, erklärt Rainer Petz von Oddo Seydler. „Das ist schon schweres Fahrwasser“, bemerkt Arthur Brunner von der ICF Bank.
Die US-Notenbank hatte die Leitzinsen am Mittwoch wie erwartet erhöht, und zwar um 0,5 Prozentpunkte auf die Spanne zwischen 0,75 bis 1 Prozent. Das war die stärkste Anhebung seit dem Jahr 2000. Fed-Chef Jerome Powell hatte außerdem für die weiteren Sitzungen Erhöhungen um 0,5 Prozentpunkte angekündigt. Gleichzeitig will die Fed ihren Rekordbestand an Anleihen langsam abbauen. „Erst gab es eine Erleichterungsrally, da ein noch größer Zinsschritt ausblieb“, stellt Petz fest. „Das hat sich dann aber gedreht.“
Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries klettert weiter nach oben und hat die 3 Prozent-Marke überschritten, am Freitagmittag sind es 3,07 Prozent. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 1,08 Prozent.
Wachsende Renditeunterschiede in Eurozone
Gleichzeitig wachsen die Renditeabstände im Euroraum wieder. Am Freitagmorgen stieg der Zinsaufschlag zehnjähriger italienischer Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen derselben Laufzeit auf gut zwei Prozentpunkte – der höchste Stand seit etwa zwei Jahren. Begründet wird dies mit dem schrittweisen Rückzug der EZB vom Anleihemarkt.
Am Markt wird nun erwartet, dass auch die europäische Notenbank nun schneller reagieren wird. EZB-Direktorin Isabel Schnabel geht nun davon aus, dass die Zinsen im Juli erstmals erhöht werden.
Adler und Terragon schockieren Märkte
Großes Thema im Handel mit Unternehmensanleihen: der Immobilienkonzern Adler Group. Der hat vergangenes Wochenende einen Milliardenverlust bekanntgeben. Außerdem verweigern die Wirtschaftsprüfer von KPMG ein Bilanztestat. Das wirkt sich laut Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank auch auf Anleihen anderer Immobilienunternehmen aus. Als Beispiel nennt er die bis 2024 laufende Anleihe von FCR Immobilien mit Kupon von 5,25 Prozent (<DE000A2TSB16>). „Da sehen wir kleinere Abgaben.“
Kräftig an Wert verloren hat die nur 25 Millionen Euro schwere Anleihe des Berliner Bauentwicklers Terragon mit Kupon von 6,5 Prozent und Fälligkeit 2024 (<DE000A2GSWY7>). Der Kurs fiel von über 90 auf rund 30 Prozent. Am Montag bat die Gesellschaft ihre Anleihegläubiger um Zinsstundung bis Ende Januar 2023. Die Gründe: pandemiebedingt verlängerte Projektlaufzeiten sowie massiv gestiegene Bau- und Rohstoffkosten.
Auch bei der ICF Bank gerieten Immobilienanleihen unter Abgabedruck. „Alles wird abgestraft“, stellt Brunner fest. Betroffen sind etwa Anleihen der Groß & Partner Grundstücksentwicklungsgesellschaft (<DE000A254N04>) und von Pandion (DE000A289YC5).
Daniel
Generelle Kaufzurückhaltung
Anhaltendes Interesse meldet Brunner unterdessen für die Anleihe von Katjes International, die bis 2024 läuft und 4,25 Prozent bietet (<DE000A2TST99>). „Gut hält sich auch die neue Schalke-Anleihe.“ Die ist 2027 fällig und hat einen Kupon von 5,5 Prozent (DE000A3MQS49). „Generell gibt es aber wenig Käufe.“
Daniel beobachtet immer wieder Interesse an der Volkswagen-Anleihe mit Laufzeit bis 2026 und Kupon von 2,25 Prozent (XS1893631769). Käufe und Verkäufe meldet er für den Bond der Württembergischen Lebensversicherung, der 2044 ausläuft und 5,25 Prozent bietet (<XS106404976>).
von: Anna-Maria Borse, 6. Mai April 2022, © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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