Ende einer Epoche, Kommentar zur Credit Suisse von Daniel Zulauf
Zürich (ots) - Die Credit Suisse gibt ihre Ambitionen im globalen Investment
Banking auf und fokussiert sich auf ihre alten Stärken in der
Vermögensverwaltung und im Schweizer Privat- und Firmenkundengeschäft. Damit
verbunden ist eine Kehrtwende: Hatte die Schweizer Großbank vor 16 Jahren den
Auftritt der US-Gesellschaft CS First Boston in Credit Suisse geändert, so soll
die New Yorker Traditionsadresse mit dem damaligen Namen wieder neu aufleben.
Die Schweizer Großbank will ihr Geschäft mit Kapitalmarkfinanzierungen sowie mit
der dazugehörenden Fusions- und Übernahmeberatung sukzessive vom Konzern
abtrennen und in die Hände einer "Partnerschaft" legen.
Mindestens in der Schweiz glauben einige Kommentatoren und
Credit-Suisse-Veteranen, dass sich die Amerikaner nun auch noch die Leber aus
der Gans herausschneiden, deren Schlachtung sie mit einem lausigen
Geschäftsgebaren letztlich erzwungen hatten. Der Groll ist verständlich.
Schließlich hatte First Boston der Credit Suisse einmal als Steigbügel zu deren
Aufstieg in die Sphäre der globalen Top-Banken gedient. Die First Boston gehörte
einst zu den größten Wall-Street-Banken für Fremd- und
Eigenkapitaltransaktionen. Sie ermöglichte es der Credit Suisse, in den
erlauchten Kreis der sogenannten "Bulge Bracket"-Banken am weltgrößten
Finanzmarkt aufzusteigen.
Ob diese Gänseleber aber heutzutage immer noch so gut schmeckt wie damals,
bleibt abzuwarten. Die meisten Wall-Street-Banken haben in den vergangenen
Wochen Einschnitte beim Personal angekündigt. Es braucht wenig Fantasie, um sich
vorzustellen, dass es dabei nicht bleibt. Die vor allem in den USA, aber auch in
Europa steigenden Zinsen und die hohe Inflation sind nicht nur Gift für die
Aktienmärkte, wo derzeit kaum mehr namhafte Börsengänge stattfinden. Das Umfeld
ist auch schlecht für das Geschäft mit Anleihen und kapitalmarktbezogenen
Fremdkapitalfinanzierungen. Die Verschuldungsraten haben ein kritisches Niveau
erreicht. Wie sich in diesem Umfeld der Appetit der Investoren auf verbriefte
Kredite entwickelt, ein ehemals erfolgreiches Geschäft der Investmentbank, das
die Credit Suisse ebenfalls abstoßen will, ist alles andere als klar.
Vielleicht steht in dieser Zeit der Krise sogar einmal das Glück aufseiten der
Credit Suisse. Möglicherweise beendet die Bank eine Ära ihrer eigenen
Geschichte, die gerade mit dem Ende der goldenen Zeiten des Investment Bankings
zusammenfällt. Es wäre dem Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann und dem CEO Uli
Körner zu wünschen, die seit Beginn der noch jungen Zusammenarbeit einen
beflissenen Eindruck hinterlassen.
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