Das gigantische Konjunkturpaket von US-Präsident Biden hatte in den letzten Wochen die Inflationserwartungen und die Renditen in die Höhe getrieben. Diese Woche herrscht aber Ruhe an dieser Front. Für Unruhe sorgte hingegen die Türkei.
26. März 2021. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ist der Renditeanstieg schon vorbei? Die Sorgen um steigende Inflationsraten vor allem in den USA waren diese Woche jedenfalls kein großes Thema mehr. „Die Inflationssorgen sind in den Hintergrund getreten, zumindest vorerst“, berichtet Arthur Brunner von der ICF Bank. „Die Rentenmärkte zeigten sich ziemlich stabil.“
Zehnjährige US-Staatsanleihen rentieren am Freitagmorgen wieder „nur“ mit 1,66 Prozent, Anfang der Woche waren es kurzzeitig 1,75 Prozent. Das gilt auch für Deutschland: Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt aktuell bei minus 0,37 Prozent nach minus 0,20 Prozent in der Spitze. Dennoch bleibt der Trend nach oben deutlich: Ende Januar war es bei US-Staatsanleihen nur 1 Prozent, bei Bundesanleihen minus 0,55 Prozent.
Brunner
„Weiterer Druck für höhere Renditen“
Die Commerzbank geht davon aus, dass die Zinsen erstmal noch steigen, dann aber wieder fallen werden: „Der Auslöser des deutlichen Zinsanstiegs kam eindeutig aus den USA, und von dieser Seite könnte es in den kommenden Wochen auch weiteren Druck für höhere Renditen geben“, meint Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Denn ein wichtiger Belastungsfaktor bleibe vorerst erhalten: das hohe Defizit im US-Haushalt und die zu dessen Finanzierung notwendigen umfangreichen Emissionen. Zudem könnten die Inflationserwartungen noch einmal zulegen und somit einen neuerlichen Renditeanstieg unterstützen.
Im zweiten Halbjahr dürften die US-Renditen aber wieder fallen. „Die höheren Teuerungsraten in den kommenden Monaten sind in erster Linie durch Basiseffekte bedingt“, bemerkt Krämer. Bereits im Sommer dürfte die Kernrate wieder unter 2 Prozent liegen, was auch die Inflationserwartungen wieder drücken dürfte.
Tiefrot: Türkische Staatsanleihen und Lira-Bonds
Die Geschehnisse in der Türkei wirkten sich auch auf den Anleihemarkt aus: Präsident Erdoğan hatte am vergangenen Wochenende unerwartet Zentralbankchef Naci Agbal gefeuert, der sich mit einer Zinserhöhung gegen die Inflation stemmen wollte. Die Börse in Istanbul, türkische Staatsanleihen und auch die türkische Lira brachen daraufhin ein. „Erdoğan hat damit das Vertrauen, das der Notenbankpräsident aufgebaut hatte, wieder zerstört“, kommentiert Brunner. „Die Märkte reagieren sehr sensibel auf so etwas“.
Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank berichtet von Verkäufen einer Anleihe der Landwirtschaftlichen Rentenbank in Lira mit Kupon von 9,5 Prozent und Laufzeit bis 2022 (<XS1069567151>), aber Käufen einer türkischen Staatsanleihe in US-Dollar mit Kupon von 7,375 Prozent und Fälligkeit 2025 (US900123AW05). Beide hatten deutlich nachgegeben.
Ferratum und Mutares gefragt
Im Handel mit Unternehmensanleihen stand Brunner zufolge etwa die Anleihe des auf die Vergabe von Kleinstkrediten spezialisierten Finanzdienstleisters Ferratum Capital Germany (<SE0011167972>) auf den Einkaufslisten. „Ferratum hat gute Zahlen für 2020 präsentiert.“ Auch bei Papieren der Beteiligungsgesellschaft Mutares (<NO0010872864>) griffen Anleger zu. Abgabedruck gab es hingegen bei Bonds von Gewerbeimmobilienunternehmen wie Imaxx Real Estate (DE000A2YPEZ1 DE000A289PZ4).
Daniel zufolge trennten sich Anleger auch von einer Otto-Anleihe (XS1660709616). Käufe meldet er hingegen für eine Ecosem-Agrar-Anleihe (DE000A2YNR08). „Das könnten Umschichtungen aus der gerade ausgelaufenen Ecosem-Agrar-Anleihe sein“, mutmaßt der Händler. Immerhin werde der Bond um Pari gehandelt. Bei einem Kupon von 7,5 Prozent und Laufzeit bis 2024 liegt die Rendite aktuell bei 7,48 Prozent.
Frisches von Fresenius
Neues kam diese Woche zum Beispiel von Fresenius, wie Brunner berichtet. Der Bad Homburger Gesundheitskonzern emittierte drei Anleihen mit Kupons von 0 Prozent, 0,5 Prozent und 0,875 Prozent und Laufzeiten bis 2025, 2028 und 2031 (XS2325562424 XS2325565104 XS2325562697). Alle drei haben eine Mindeststückelung von 1.000 Euro. „Die bis 2031 laufende hat sich gleich gut entwickelt“, stellt Brunner fest.
Die Emissionen von Green Bonds haben im März schon jetzt einen neuen Monatsrekordwert erreicht. Mit 48 Milliarden Euro weltweit übertraf das Emissionsvolumen den bisherigen Rekord von 44 Milliarden Euro aus dem September 2020, erklärt der Asset Manager NN Investment Partners. Diese Rekordmarke werde durch eine hohe Emission von Staatsanleihen begünstigt, da Regierungen in einen grünen Wirtschaftsaufschwung investierten. „Italien ist im März erstmals in den Green-Bonds-Markt eingestiegen, Frankreich hat im Laufe des Monats seine zweite grüne Anleihe emittiert.“ Andere Länder, wie Spanien und Großbritannien, würden voraussichtlich noch in diesem Jahr den Markt zum ersten Mal erschließen.
von: Anna-Maria Borse
26. März 2021, © Deutsche Börse AG