TAUFKIRCHEN/FÜRSTENFELDBRUCK (dpa-AFX) - Der Rüstungselektronik-Anbieter Hensoldt DE000HAG0005 verhandelt über den Kauf des Elektronikspezialisten ESG. Die Gespräche dürften bis Anfang Dezember abgeschlossen sein, teilte das im MDax DE0008467416 gelistete Unternehmen am Montagabend in Taufkirchen bei München mit. Um den Kaufpreis zu stemmen, will Hensoldt neue Aktien ausgeben und das Grundkapital damit um bis zu zehn Prozent erhöhen. Ein "Erwerb der ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH würde Schlüsseltechnologien in Deutschland stärken", begründet Hensoldt den geplanten Deal. An der Börse wurden die Nachrichten indes mit einem Kursrutsch quittiert.
Die Hensoldt-Aktie verlor am Dienstagvormittag zeitweise mehr als sieben Prozent. Um die Mittagszeit lag das Papier noch mit rund fünf Prozent im Minus bei 26,36 Euro. Damit wurde das Unternehmen insgesamt noch mit knapp 2,8 Milliarden Euro bewertet. Am Vorabend waren es noch 2,9 Milliarden. Gemessen an jüngsten Kurs würde eine Kapitalerhöhung dem Konzern brutto bis zu 280 Millionen Euro einbringen. Üblicherweise müssen Unternehmen neue Aktien mit einem Abschlag anbieten.
Hensoldts größte Aktionäre sind mit jeweils 25,1 Prozent der Anteile der italienische Rüstungs- und Luftfahrtkonzern Leonardo IT0003856405 und der deutsche Staat. Die Bundesrepublik hält ihre Beteiligung aus sicherheitspolitischem Interesse, denn Hensoldt liefert wichtige Radarsysteme etwa für den Kampfjet Eurofighter und verschiedene Panzermodelle.
Der Mitteilung zufolge bereitet sich die Bundesrepublik darauf vor, sich an der anvisierten Kapitalerhöhung "in quotenwahrender Höhe" zu beteiligen. Hensoldt will die neuen Aktien aus genehmigtem Kapital ausgeben und plant einen vereinfachten Ausschluss von Bezugsrechten für bisherige Anteilseigner.
Derzeit befindet sich Hensoldt nach eigenen Angaben in "exklusiven Gesprächen", ESG zu übernehmen. Die Konzernführung betrachtet den Kauf als wichtigen Schritt, das Unternehmen zu einem europäischen Anbieter nahtlos integrierter Lösungen zu machen. Bis zu einem Abschluss der Gespräche seien jedoch noch mehrere Punkte zu klären, hieß es. Zudem werde wohl eine behördliche Genehmigung nötig. Zu einem möglichen Kaufpreis machte Hensoldt keine Angaben.
ESG wurde 1967 in München gegründet. Das Unternehmen entwickelt und betreibt teils sicherheitsrelevante Elektronik und Computersysteme und bietet die zugehörige Beratung an. Im vergangenen Jahr beschäftigte ESG nach eigenen Angaben 1300 Mitarbeiter und erzielte einen Umsatz von 285 Millionen Euro.
Im Jahr 2016 hatte die Münchner Beteiligungsgesellschaft Armira ESG vom europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus NL0000235190 sowie den weiteren Anteilseignern Thales FR0000121329, Northrop Grumman US6668071029 und Rohde & Schwarz erworben. Bei einer Übernahme durch Hensoldt würden folglich zwei frühere Airbus-Ableger zusammenfinden: Der Konzern hatte sich 2018 endgültig von seiner damaligen Tochter Hensoldt getrennt./stw/men/stk
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