MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Finanzinvestor Paul Singer will bei der geplanten Übernahme des Labordienstleisters Synlab <DE000A2TSL71> nach dem von ihm bekannten Muster mitverdienen. Singer hat über seine Investmentgesellschaft Elliott direkt und indirekt Zugriff auf 6,5 Prozent der Synlab-Anteile, wie aus einer am Donnerstag vom Unternehmen in München veröffentlichten Stimmrechtsmitteilung hervorgeht.
Synlab steht vor einer Komplettübernahme durch den Finanzinvestor und Großaktionär Cinven. Dieser will die Anteile, die ihm noch nicht gehören, für zehn Euro das Stück kaufen. Singer ist dafür bekannt, sich Anteile an Unternehmen zu sichern, die vor einer Übernahme stehen, um etwa in einem sogenannten Zwangsabfindungsverfahren (Squeeze-out) einen höheren Preis herauszuschlagen.
Zu Singers Strategie gehört dabei, dass sein Einstieg auch bekannt wird, vielfach fordert sein Hedgefonds auch das Management öffentlich zu bestimmten Handlungen auf. Oft wird bei Singers Engagement aber nicht ersichtlich, wie viele Anteile er besitzt. Eine Stimmrechtsmitteilung ist erst ab einer Schwelle von drei Prozent der Anteile vorgeschrieben. In den vergangenen Jahren gab es hierzulande eine Reihe von Übernahmen, an denen Singer mit einer Beteiligung verdient hat. Ein Fall ist etwa das Funkturm-Unternehmen Vantage Towers, das vor der Komplettübernahme durch eine von der bisherigen Mutter Vodafone GB00BH4HKS39 und den Finanzinvestoren GIP und KKR US48251W1045 getragene Gesellschaft steht.
Der britische Telekomkonzern Vodafone hatte bereits bei der Milliardenübernahme des Kabelnetzbetreibers Kabel Deutschland unangenehme Erfahrung mit Singer gemacht. Die Briten haben Singer und Investoren, die sich seiner Strategie angeschlossen hatten, erst 2020 nach einem jahrelangen Stillstand aus dem bereits 2014 übernommenen Unternehmen Kabel Deutschland zu einem hohen Preis herausgekauft.
Mehrheitseigentümer sind oft dazu bereit, diesen zu zahlen, damit der Minderheitsaktionär die Abläufe im Unternehmen nicht mehr aufhalten oder stören kann. Auch am Autozulieferer Hella DE000A13SX22, der erst vor Kurzem vom französischen Unternehmen Faurecia FR0000121147 übernommen wurde, hält Singer Aktienpakete. Ein weiteres Beispiel aus der Vergangenheit ist der Kauf des Arzneimittelherstellers Stada durch die Finanzinvestoren Bain und Cinven. Auch beim Kranhersteller Demag und dem Computerhersteller Medion hatte Singer mit der Methode Erfolg.
Bei Synlab hatte sich der Kurs bereits in den vergangenen Tagen von den gebotenen 10 Euro abgesetzt und war bis auf 10,84 Euro geklettert. Nach Veröffentlichung der Stimmrechtsmitteilung zog der Kurs weiter an. Zuletzt legte das Papier um 1,94 Prozent auf 11,05 Euro und damit auf den höchsten Stand seit Anfang des Jahres zu. Mit dem Kaufangebot von 10 Euro je Aktie kommt Synlab auf eine Bewertung von rund 2,2 Milliarden Euro.
Cinven hatte Ende September die geplante Komplettübernahme von Synlab angekündigt und damit erste Avancen aus dem Frühjahr fix gemacht. Bei der ersten Interessenbekundung im März hatte Synlab zehn Euro als möglichen Preis genannt. Der Großaktionär hält rund 43 Prozent der Anteile. Die Transaktion wird von den übrigen Kernaktionären wie Novo Holdings und Ontario Teachers' Pension Plan Board unterstützt.
Synlab-Gründer Bartholomäus Wimmer habe sich ebenfalls verpflichtet, 60 Prozent seiner Aktien im Rahmen des Angebots zu veräußern und die verbleibenden Aktien zu reinvestieren. Damit habe Cinven sich bereits den Zugriff auf fast 80 Prozent der Anteile gesichert, hatte es Ende September geheißen.
Synlab ist nach eigenen Angaben Marktführer im Bereich der medizinischen Diagnostik und Spezialtests in Europa. Das Unternehmen hat inzwischen ein Sparprogramm gestartet, 21 Millionen Euro wurden den Angaben zufolge so im ersten Halbjahr erzielt. Unter anderem hatte sich der Konzern von seinen Aktivitäten in der Schweiz getrennt. In Mexiko wurden sämtliche Aktivitäten an einem Standort vereint.
Der Finanzinvestor Cinven hatte Synlab erst im Frühjahr 2021 an die Börse gebracht. Der Ausgabepreis hatte damals 18 Euro betragen; die Bewertung lag damit bei rund vier Milliarden Euro. In den ersten Monaten war das Papier unter anderem wegen des durch die Corona-Pandemie befeuerten Booms für Labordienstleister noch gefragt. Der Kurs zog bis auf 25 Euro im November 2021 an. Doch das Niveau konnte das Papier nicht lange halten. Im März 2023 kostete es zeitweise weniger als sieben Euro. Nun könnte der Labordienstleister bald wieder von der Börse verschwinden.
Die Geschichte ähnelt dabei dem Übernahmeangebot des Investors EQT für Suse <LU2333210958>. Der Softwareanbieter war ebenfalls im Frühjahr 2021 an die Börse gebracht worden, ehe EQT in diesem Jahr die Rolle rückwärts einleitete. Inzwischen ist die Aktie wieder vom Kurszettel verschwunden. Als Grund für den Rückzug von der Börse nannten die Unternehmen unter anderem geschäftliche Probleme. Wie bei Synlab war der Börsengang nur zu Beginn ein Erfolg. Vom Ausgabepreis in Höhe von 30 Euro war es bis auf 44 Euro nach oben gegangen, bevor der Kurs bis auf rund 10 Euro im Sommer absackte, bevor EQT dann die Papiere für 16 Euro vom Markt nahm./zb/jha/he
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