Der immer weiter steigende Ölpreis schockt die Welt. Brent ist so teuer wie zuletzt 2013. ETC-Anleger interessieren sich angesichts des Ukraine-Kriegs aber viel mehr für Gold. Die „Fluchtwährung“ ist beliebt wie lange nicht.
3. März 2022. Frankfurt (Börse Frankfurt). Durch den Ukraine-Krieg werden die Karten am Rohstoffmarkt komplett neu gemischt. Der Ölpreis, viele Industriemetallpreise, aber auch der lange seitwärts tendierende Goldpreis sind kräftig gestiegen. Der Kurs des WisdomTree Broad Commodities (DE000A0KRKC6), der den gesamten Rohstoffmarkt abbildet, liegt so hoch wie zuletzt 2012.
„Russland ist wichtiger Exporteur ganz unterschiedlicher Rohstoffe, angefangen von Öl und Gas über Palladium, Nickel und Aluminium bis hin zu Weizen“, berichtet Mobeen Tahir vom Emittenten WisdomTree. Mit einer schnellen Beruhigung rechnet kaum jemand: „An vielen Rohstoffmärkten werden wohl weiterhin hohe Risikoprämien gezahlt werden müssen“, erklärt Rohstoffanalystin Barbara Lambrecht von der Commerzbank.
„Gold als sicherer Hafen gesucht“
WisdomTree meldet für den Februar extrem hohe Zuflüsse in Rohstoffkörbe. Ebenfalls hohe Käufe verzeichnen Gold-ETCs. Die Feinunze Gold kostet am Donnerstagmorgen 1.929 US-Dollar nach 1.817 Ende 2021. Das Allzeithoch vom August 2020 bei 2.063 US-Dollar ist allerdings noch ein Stück weit entfernt. In Euro gerechnet steuert der Goldpreis mit aktuell 1.740 Euro aber auf sein Rekordhoch von 1.767 Euro zu. Neben der Ukraine-Krise lässt auch die hohe Inflation Anleger*innen auf Gold setzen. „Gold bleibt als sicherer Hafen gesucht“, stellt Lambrecht fest.
Im ETC-Handel dominieren Gold-ETCs die Umsätze an der Börse Frankfurt wie selten: Auf der Umsatzliste für die vergangenen vier Wochen belegen Gold-ETCs die Plätze eins bis acht. Besonders hoch war das Handelsaufkommen bei Xetra-Gold (DE000A0S9GB0), Invesco Physical Gold (IE00B579F325), Gold-ETCs von Xtrackers mit Währungssicherung (DE000A1EK0G3, DE000A2T0VU5) und beim WisdomTree Physical Swiss Gold (<DE000A1DCTL3>). Der Bestand an Xetra-Gold liegt aktuell bei 239 Tonnen – nochmals ein Anstieg gegenüber Ende 2021, als es 237,6 Tonnen waren.
Ölpreis: „20 Prozent in 50 Stunden, 50 Prozent seit Jahresanfang“
Am auffälligsten ist allerdings der Ölpreisanstieg – und besonders beunruhigend für Verbraucher und die Wirtschaft als Ganzes. „Die Ölpreise waren gestern außer Rand und Band“, berichtet die Deutsche Bank heute morgen. „Beide Ölsorten verteuerten sich in den vergangenen 50 Stunden um knapp 20 Prozent, seit Jahresanfang um mehr als 50 Prozent.“
Die Gründe: zum einen die Befürchtung, dass die Sanktionen des Westens auf Öl und Gas ausgeweitet werden. Zum anderen könnte Russland aber auch von sich aus die Lieferungen stoppen. Gleichzeitig beenden immer mehr Ölkonzerne ihr Russland-Geschäft.
Die Lage ist extrem ernst. Die globale Energiesicherheit sei bedroht und gefährde die Weltwirtschaft, erklärte Fatih Birol, Exekutivdirektor der Internationalen Energie-Agentur IEA.
Ölreserven-Freigabe reicht nicht
Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete zwischenzeitlich über 118 US-Dollar und damit so viel wie zuletzt 2013. Ein Fass der US-Sorte WTI wurde mit bis zu 114,99 Dollar gehandelt – der höchste Stand seit 2008. Daran konnte auch die Freigabe von 60 Millionen Barrel Rohöl aus der strategischen Reserve der IEA-Mitgliedstaaten nichts ändern, darunter auch Deutschland. Laut Carsten Fritsch von der Commerzbank reicht die Freigabe gerade einmal aus, um die Öllieferungen Russlands bei einem Ausfall zwei Wochen lang abzudecken. Der Förderländerverbund Opec+, zu dem auch Russland gehört, teilte am gestrigen Mittwoch wie erwartet mit, den Kurs einer nur schrittweisen und moderaten Ausweitung des Rohölangebots fortzusetzen.
Meist gehandelte Öl- und Gas-ETCs an der Börse Frankfurt waren der WisdomTree WTI Crude Oil (<DE000A0KRJX4>) und der WisdomTree Natural Gas (<DE000A0KRJ36>). Kunden*innen von Lang & Schwarz kaufen vor allem den zweifach gehebelten WisdomTree WTI Crude Oil 2x Daily Leveraged (DE000A2BDEB6), wie Händler Torben Bendt berichtet.
Industriemetallkörbe auf 15-Jahres-Hoch
Viele Industriemetalle hatten ohnehin in den vergangenen Monaten starke Preisanstiege erlebt. Jetzt wurden sie nochmals teurer. „Russland ist einer der Hauptlieferanten für Nickel und Aluminium“, stellt Tahir fest. Der WisdomTree Industrial Metals (DE000A0KRKG7), der einen Industriemetallkorb abbildet, klettert auf den höchsten Stand seit 2007. Die Preise einzelner Metalle haben sogar Allzeithochs erreicht, etwa von Aluminum. Der Kurs des WisdomTree Aluminium (<DE000A0KRJS4>) weist steil nach oben.
von: Anna-Maria Borse, 3. März 2022, © Deutsche Börse AG