Grenke und Württembergische Lebensversicherung gefragt. Hinsichtlich Ekosem scheiden sich die Geister. Immobilienbranche profitiert vom Aus der Berliner Mietpreisdeckelung.
16. April 2021. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Können sich Anleger angesichts der von Standard & Poor‘s gemessenen Trendwende - die Ratingagentur sieht in den vergangenen Wochen erstmals seit Dezember 2018 mehr Hoch- als Herabstufungen bei den weltweiten Anleihen-Ratings – nun beruhigt zurücklehnen? Lutz Neumann rät zu einer differenzierteren Betrachtung des Marktes. Denn die Nachricht deutet nach Ansicht des Sutor Bank-Analysten zwar auf eine insgesamt stabilere wirtschaftliche Situation vieler Unternehmen und Staaten. Das solle jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aussichten gerade für Firmen außerhalb des Finanzsektors weniger rosig seien als dies die Daten nahelegten.
Die bessere Upgrade-Quote habe vor allem damit zu tun, dass die Zahl der Herabstufungen deutlich gesunken ist. Seit Anfang der Corona-Pandemie kämen die weltweiten Downgrades staatlicher und unternehmerischer Emittenten auf 2.100, in diesem Jahr liege die Zahl bei lediglich 63. Dabei dürften Neumann zufolge vor allem die Großzügigkeit der Notenbanken und staatliche Stützungsprojekte wie die in Deutschland ausgesetzte Insolvenzantragspflicht viele Unternehmen vorerst gerettet haben. Gleichzeitig sei dadurch aber auch die Frist für frühere Wackelkandidaten verlängert worden. Das wahre Bild bei den Unternehmen werde wohl mit Auslaufen der Maßnahmen sichtbar. Denn man sieht erst bei Ebbe, wer die ganze Zeit über ohne Badehose geschwommen ist.
Restlaufzeiten beachten
Anleihen erfüllen nach Auffassung Neumanns wie gehabt die Funktion, ein Portfolio zu stabilisieren und Aktienausschläge abzufangen. Wichtig sei dies auch vor dem Hintergrund womöglich steigender Volatilität an den Aktienmärkten, etwa wenn die Pandemieauswirkungen stärker in den Vordergrund rückten. Ein optimales Anleihe-Portfolio ist für Neumann breit gestreut und enthält nicht zu viele Werte mit schlechter Bonität. Denn diese seien mit einem höheren Ausfallrisiko behaftet. Mit kürzeren Laufzeiten könne man sich zudem gut für ein steigendes Zinsniveau wappnen.
Anlagenotstand bleibt
Auf der anhaltenden Suche nach mehr Rendite bevorzugten viele Anleger derzeit eher Hochverzinsliches. US-High Yield-Bonds verzeichneten laut dem Vermögensverwalter PGIM vergangene Woche einen Anstieg von 0,59 Prozent. Die durchschnittlichen Renditen sanken demnach zum Wochenschluss auf 4,02 Prozent. Damit hätte sich der Ertrag dem Mitte Februar erreichten Allzeittief von 3,94 Prozent genähert. Der gut verlaufende Impfprozess sowie vielversprechende Prognosen zur wirtschaftlichen Erholung stimmten scheinbar optimistisch.
In Europa legten High Yield-Bonds um 0,29 Prozent zu, wie PGIM feststellt. Werte mit Bonitätsnoten von BB, B und CCC erreichten demnach jeweils plus 0,27, 0,30 und 0,52 Prozent.
Griff zu Grenke
Hierzulande informiert Beate Mägerle von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank über reges Interesse an Grenke. Unter anderem deckten sich Anleger mit einem bis 2022 laufenden Bond des Leasingspezialisten (XS2078696866) ein, der jährlich nominal 1,125 Prozent Zinsen bringt. Eine 200 Millionen Euro schwere fünfjährige Grenke Finance-Anleihe (<XS1799162588>) mit einem Kupon von 1,0 Prozent käme ebenfalls gut an. Noch stünden Untersuchungsergebnisse im Zusammenhang mit den Bilanzvorwürfen gegen Grenke etwa von der Bafin aus. Die Jahresabschlussprüfung durch KPMG soll dem Unternehmen zufolge in den kommenden Wochen vorliegen.
Württembergische Lebensversicherung gesucht
Zu den beliebteren Werten mit einem Kaufüberhang gehörte Mägerle zufolge eine im Juli 2044 fällige, mit 5,25 Prozent verzinste Anleihe der Württembergischen Lebensversicherung (XS1064049767). Der Wert notiert aktuell um 111 Prozent.
Ekosem bewegt die Gemüter
Das Interesse an einer unbesicherten Ekosem-Agrar-Anleihe (DE000A2YNR08) mit einem Kupon von 7,5 Prozent ist laut Mägerle nach wie vor groß. „Wir sehen viele Käufe und Verkäufe.“
Immobilienunternehmen profitieren
Vom Aus des Mietendeckels in Berlin profitieren nach Beobachtung von Rainer Petz ganz allgemein Immobilienfirmen. Anleihen großer Konzerne wie Deutsche Wohnen oder Vonovia waren laut dem Händler der Oddo BHF nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts tendenziell gesucht.
von: Iris Merker
16. April 2021, © Deutsche Börse AG