Staaten – auch die „sicheren Häfen“ – müssen mehr auf den Tisch legen, um Anleger zu überzeugen. Gesucht bleiben hingegen Unternehmensanleihen mit attraktiven Renditen.
4. Juni 2021. FRANKFURT (Deutsche Börse). Angesichts boomender Aktienmärkte und verfliegender Krisenstimmung schrumpft das Interesse an bonitätsstarken Ländern, den „sicheren Häfen“. „Die Nachfrage nach Bundesanleihen ist nicht mehr so hoch“, stellt Arthur Brunner von der ICF Bank fest. „Auch wegen der steigenden Inflationsraten sind Anleger vorsichtig – speziell bei langen Laufzeiten.“
Immer weniger Minusrenditen
Wie Bloomberg berichtet, ist bei der jüngsten Emission die Nachfrage nach zweijährigen Bundesanleihen auf den niedrigsten Stand seit Juli 2019 gefallen. Der Pool an Schuldtiteln mit einer Rendite von unter Null sei auf den niedrigsten Stand seit einem Jahr schrumpft.
Auch wegen der weiter schwelenden Inflationssorgen wird mit Spannung der heute anstehende US-Arbeitsmarktbericht erwartet. Der soll Auskunft über die konjunkturelle Entwicklung geben – und je besser die Konjunktur läuft, desto eher könnte die Notenbank ihre Geldpolitik straffen. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen liegt mit aktuell 1,62 Prozent wieder über der Marke von 1,60 Prozent. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren mit minus 0,18 Prozent.
EZB-Sitzung: Keine Hinweise auf Kursänderung erwartet
Am kommenden Donnerstag steht die nächste Sitzung der Europäischen Notenbank an. „Die EZB wird wohl keine Hinweise auf einen Ausstieg aus ihrer expansiven Politik geben“, meint Commerzbank-Analyst Michael Schubert. Stattdessen werde der Rat wohl „umfangreiche“ PEPP-Käufe (Pandemic Emergency Purchase Program) für das dritte Quartal beschließen.
Die US-Notenbank könne angesichts steigender Inflationsraten ihre Anleihekäufe hingegen schon in diesem Jahr reduzieren. Nur eine Zinserhöhung sei dort vorerst nicht zu erwarten. „Eine Zinsanhebung erscheint erst realistisch, wenn die Inflation wieder längere Zeit nach oben zeigt, also erst gegen Ende 2023.“
Lufthansa-Kapitalerhöhung kommt nicht gut an
Unter Abgabedruck sind diese Woche Lufthansa-Hybridanleihen (XS1271836600) geraten, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank berichtet. Hintergrund ist, dass die Airline über eine Kapitalerhöhung nachdenkt. Mit den Mitteln will sie die – für sie teure – stille Beteiligung des Staats zurückfahren.
Auch Volkswagen-Hybridanleihen (XS1048428442) stehen derzeit auf den Abgabelisten. „Da nutzen Anleger wohl die sehr gute Kursentwicklung zum Ausstieg“, bemerkt Brunner. Die Anleihen mit Kupon von 4,625 Prozent werden aktuell zu 113,7 Prozent gehandelt.
Daniel
FCR, Pandion und SGL Transgroup beliebt
Wieder gute Nachfrage sieht Daniel für Anleihen von FCR Immobilien (<DE000A2TSB16>) und Agri Resources (DE000A287088). Der Bond der Immobiliengesellschaft bietet 5,25 Prozent bis 2024, der des Spezialisten für nachhaltige Agrarprodukte 8 Prozent bis 2026.
Viel Interesse beobachtet Arthur Brunner für Anleihen des Immobilienunternehmens Pandion (DE000A289YC5) und des Logistikunternehmens SGL TransGroup International (<SE0013101219>). „Nach einem zähen Start im Februar hat die Pandion-Anleihe mittlerweile deutlich zugelegt.“
Hohe Umsätze in beide Richtungen meldet Brunner für Papiere des Mikrokreditanbieters Ferratum Capital Germany (<SE0012453835>) und der Beteiligungsgesellschaft Media and Games Invest (<SE0015194527>). „Media and Games Invest will die Anleihe um 150 Millionen Euro aufstocken.“
Brunner
Werder Bremen-Anleihen findet genügend Fans
Gut aufgenommen wird laut Brunner die neue SVWerder Bremen-Anleihe (DE000A3H3KP5). „Die Umsätze sind zwar nicht hoch, nach der Erstnotiz gestern liegt der Kurs heute aber schon bei 101,35 Prozent.“ Die Anleihe im Volumen von 17 Millionen Euro bietet 6,5 Prozent und ist 2026 fällig.
von: Anna-Maria Borse
4. Juni 2021, © Deutsche Börse AG