Die Omikron-Virusvariante schreckt weiter ab. Vor allem Mittelstands- und Unternehmensanleihen geraten unter Druck. Anleger*innen setzen auf Sicherheit.
3. Dezember 2021. Frankfurt (Börse Frankfurt). Hohe Volatilität und Flucht in sichere Anlagen prägen den Handel aktuell. „Anleger fragen sich, welche konjunkturellen Folgen neue Lock-downs und andere Einschränkungen haben werden und wie die Notenbanken auf die neue Virus-Variante reagieren“, denkt Tim Oechsner von Steubing. „Nachrichten zu Omikron bewegen diese Woche die Rentenpreise deutlich.“ Zum Wochenende hin zeichne sich aber eine Stabilisierung ab. „Sollte der Optimismus nächste Woche zurückkehren und Omikron eingepreist sein, dürften sich die Märkte stabilisieren, statt weiter Achterbahn zu fahren.“
Weiter niedrige EU-Zinsen erwartet
Nach dem Abverkauf am vergangenen Freitag bleibt Sicherheit gefragt“, ergänzt Arthur Brunner von der ICF Bank. Die Anleger flüchteten in Staatspapiere. So fiel die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe im Wochenvergleich von -0,22 auf -0,37 Prozent. Der Bund Future gewann im Vergleich zur Vorwoche 90 Ticks auf 172,40 Zähler.
Auch die hohe Inflation in Deutschland beunruhige die Anleger, erklärte Brunner. „Die gebetsmühlenartige Wiederholung der EZB, dass die Inflation ‚vorübergehend’ sei, wird vom Markt nicht mehr geteilt.“
„Der Handel wird zunehmend illiquider“, verweist Gregor Daniel von Walter Ludwig auf die sich verändernde Umsatzlage. Das sei klassisch am Jahresende. "Die Bücher sind schon mehr oder weniger zu.“
Unternehmens- und Mittelstandstitel gemieden
Die Unsicherheit, wie die Notenbanken auf die konjunkturellen Folgen der neuen Virus-Variante und die Inflationszahlen reagieren werden, ließ Anleger *innen vor allem von Unternehmens- und Mittelstandsanleihen zurückschrecken: „Die große Mehrheit sind Abgeber“, berichtet Oechsner.
Die Anleihe der DIOK RealEstate AG (DE000A2NBY22), einem Unternehmen, das auf klassische Büro-Immobilien spezialisiert ist, fiel von 100 auf 89 Prozent. „Das Papier konnte sich der Gesamtmarktdynamik nicht entziehen durch mehr Verkäufer als Käufer zu niedrigeren Limiten“, erklärt Oechsner. Trotz positiver Unternehmensnachrichten notieren Titel der Joh. Friedrich Behrens AG wie die 7,75-Prozent-Anleihe (DE000A161Y52) in einem schwächeren Marktumfeld kaum verändert bei 61,51 Prozent: „Die Insolvenzquote hat sich auf 60 bis 75 Prozent erhöht.“ Hintergrund sei, dass wesentliche, zuvor noch offene Punkte zu den wechselseitigen Verbindlichkeiten mit der BeA GmbH zu Gunsten der Joh. Friedrich Behrens AG geklärt werden konnten. „Der Markt war von 40 bis 65 Prozent ausgegangen“, ordnet Oechsner ein.
Licht und Schatten hingegen bei der Adler Group. Zuletzt konnte sich der Titel mit 1,875 Prozent Kupon und Laufzeit bis 2026 (XS2283224231) stabilisieren: „Adler hatte in einer Telefonkonferenz bestätigt, dass der Preis für den Apartment Verkauf an LEG Immobilien 10 Prozent über dem Buchwert liegt“, erklärte Oechsner die Erholung. Zuvor war Adler „unter Beschuss von Shortseller Susquehanna International“. Er habe seine Netto-Leerverkaufsposition in Adler Aktien deutlich aufgestockt. „Das führt ebenso zu Kursverlusten in den Anleihen.“ Brunner ergänzt: Bei der Investorenkonferenz zu den Neunmonatszahlen habe das Unternehmen keine Fragen zugelassen. „Das hat an der Börse die Verunsicherung nochmal vergrößert.“
„Endspiel“ bei Eyemaxx – Weitere Kursverluste in dieser Woche
Brunner berichtet von weiteren Verlusten in dieser Woche bei der besicherten Anleihe des Immobilien-Unternehmens Eyemaxx Real Estate mit Laufzeit bis 2025 (DE000A289PZ4) und dem unbesicherten Titel (DE000A2YPEZ1) bis 2024. Hier sei nun das „Endspiel eingeläutet“. Die Fristen zum Einreichen von Forderungen gegen das zahlungsunfähige Unternehmen seien abgelaufen.
Käufe stellt er für eine Anleihe der Greencells GmbH (<DE000A3MQEV1>) fest, die mit 6,5 Prozent Kupon und Laufzeit bis 2025 zuletzt bei 101,30 Prozent stand. Gefragt war laut Brunner von Kunden der ICF Bank auch die Anleihe der Beteiligungsgesellschaft Aurelius Equity Opportunities (<NO0010861487>).
Auch Oechsner verzeichnet einige Käufe – etwa in Papieren des bolivianischen Paranussproduzenten Hylea Group (DE000A19S801): „Spekulativ eingestellte Anleger tummeln sich hier in größerer Zahl.“ Das Unternehmen leide zwar heftig unter der Corona-Krise, die Zinszahlungen seien ausgesetzt, die Anleihe solle restrukturiert werden. Hierzu führe Hylea aktuell „schwierige Verhandlungen mit den bisherigen Finanzierungspartnern einerseits und potentiellen neuen Finanzierungspartnern“. Der Kurs pendele zwischen 5 und 9 Prozent. „Das Chance/Risiko-Profil zieht vermehrt Käufer an.“
Ekosen mit Kurssprüngen – fristgerechte Kupon-Zahlung
Daniel weist auf die „starke Erholung“ von Ekosen-Anleihen (DE000A2YNR08) (DE000A1R0RZ5) hin. Am Freitag springt der Kurs um zuletzt 12 und 11,50 Prozentpunkte hoch auf 70 und 80 Prozent. „Anleger hatten befürchtet, dass Ekosen den fälligen Kupon der kürzer laufenden Anleihe nicht fristgerecht zahlen kann, das hat einen Kursrutsch und eine regelrechte Stopp-loss-Lawine ausgelöst.“ Der Vorstand habe aber bestätigt, dass die Zahlung fristgerecht erfolge.
Der Markt für Neuemissionen sei relativ hingegen relativ ruhig, sagt Brunner. Daniel ergänzt, dass neue Anleihen in großen Stückelungen emittiert würden. „Da werden bewusst Großinvestoren angesprochen“. So habe Daimler Truck am Donnerstag acht Tranchen mit Laufzeiten von 1,5 bis zehn Jahren emittiert.
von: Antje Erhard, 03. Dezember 2021, © Deutsche Börse