In Europa wird auf lange Sicht mit keinen höheren Zinsen gerechnet. In den USA sieht das aber anders aus. Die Spekulationen blühen.
23. April 2021. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Renditen für Staatsanleihen sind in den letzten Monaten zwar gestiegen, mit Bundesanleihen ist aber immer noch nichts zu holen: Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen liegt mit minus 0,26 Prozent noch klar im negativen Bereich, bei fünf- und dreijährigen Papieren ist es noch weniger. Zehnjährige US-Treasuries rentieren hingegen aktuell mit 1,56 Prozent nach 0,5 Prozent vergangenen Sommer. Allerdings hat sich der starke Anstieg nicht fortgesetzt: In der Spitze waren es vor einigen Wochen schon 1,78 Prozent gewesen.
Von Seiten der EZB ist mit einer Abkehr von der Nullzinspolitik vorerst nicht zu rechnen, da hielt auch die EZB-Entscheidung am gestrigen Donnerstag keine Überraschung bereit. Wie erwartet will die Notenbank vorerst an ihren Anleihenkaufprogramm PEPP festhalten. Signale zum Ausstieg blieben aus.
„Nervosität bezüglich US-Zinswende steigt“
Bei der am kommenden Mittwoch anstehenden Sitzung der US-Notenbank könnte das schon anders aussehen: „Die Nervosität steigt, dass die US-Notenbank trotz gegenteiliger Aussagen langsam den Ausstieg aus ihrem Anleihekaufprogramm vorbereitet und letztlich auch die ultra-niedrigen Zinsen wieder steigen werden“, berichtet Rentenanalyst Cem Keltek von der Commerzbank und verweist auf die deutlich verbesserten Konjunkturaussichten in den USA.
Die DWS erwartet nicht, dass die US-Notenbank ihre aktuelle Geldpolitik auf der Sitzung nächste Woche substantiell anpassen wird. Trotz signifikanter Fortschritte bei den Impfungen und Anzeichen einer schnelleren wirtschaftlichen Erholung seien fast acht Millionen Menschen weniger beschäftigt als vor der Pandemie. „Dies allein dürfte Grund genug für die Fed sein, weiterhin umfangreiche monetäre Unterstützung zu gewähren.“
Allerdings sei die Aussage vom Juni letzten Jahres, „wir denken nicht einmal daran, über eine Zinserhöhung nachzudenken", bereits aufgeweicht worden. Eine Zinserhöhung sei nun „höchst unwahrscheinlich" – zumindest im Jahr 2021. „Zudem hat Fed-Präsident Jerome Powell bei mehreren Gelegenheiten bekräftigt, dass er die Wirtschaft an einem ‚Wendepunkt‘ sehe, und ‚sehr starkes‘ Jobwachstum in den kommenden Monaten durchaus möglich sei.“
Rege Nachfrage nach Unternehmensanleihen
Im Handel mit Unternehmensanleihen sind derzeit Papiere von Fresenius mit Kupon von 0,5 Prozent und Fälligkeit 2028 (XS2325565104) gesucht, wie Arthur Brunner von der ICF Bank erklärt, ebenso die Hybridanleihen von UBM Development mit 5,5 Prozent (<XS1785474294>).
Brunner
Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank meldet Käufe für die unbefristete Anleihe des Immobilienfinanzierers Crédit Logement mit Kupon von 0,611 Prozent (<FR0010301713>). Auf Verkäufe der ebenfalls unbefristeten Anleihe von Main Capital Funding mit Kupon von 5,5 Prozent (<DE000A0E4657>) folgten, wie der Händler berichtet, gleich wieder Käufe.
Kursbewegung gab es zudem bei Anleihen von Ekosem-Agrar (DE000A2YNR08), der deutschen Holdinggesellschaft der auf Milchproduktion in Russland ausgerichteten Unternehmensgruppe EkoNiva, wie Daniel erklärt. Das Unternehmen hat gute Zahlen für 2020 sowie das erste Quartal 2021 veröffentlicht. „Der Kurs geriet erst unter Druck, hat sich dann aber erholt.“ Der Bond läuft bis 2024 und bietet einen Kupon von 7,5 Prozent.
Neuemissionen: Gerne auch Hochprozentiges
Der Baukonzern Hochtief kam mit einer neuen Anleihe (DE000A3E5S00) auf den Markt, wie Rainer Petz von Oddo Seydler berichtet. Der Bond läuft bis 2029 und bietet einen Kupon von 0,625 Prozent. Die Stückelung beträgt 1.000 Euro. Die Anleihe wird jetzt zu 99,4 Prozent gehandelt, was einer Rendite von 0,7 Prozent entspricht. „Da geht schon einiges um“, stellt Petz fest. „Anleger geben sich ja mittlerweile mit wenig zufrieden.“
Petz
Sehr beliebt sind aber auch Neuemissionen mit höherem Kupon. „Auch Risikoreicheres wird im Moment sehr gut angenommen“, bemerkt Brunner. Anleger setzten zum Beispiel auf die bereits am 8. April emittierte Anleihe des Logistikunternehmens SGL TransGroup International, die bei einer Laufzeit bis 2025 7,75 Prozent bietet. „Die Anleihe wird sehr gut nachgefragt. Der Kurs liegt mittlerweile bei 103 Prozent.“ Ebenfalls nach der Emission deutlich zulegen konnte das Papier des niederländisches Medien-, Technologie- und Unterhaltungsunternehmen Azerion Holding, das 2024 fällig ist und 7,25 Prozent bietet. „In der Spitze kletterte der Kurs bis auf 101,75 Prozent.“
Auch viel Zuspruch erfuhren neue Anleihen der EU mit Kupon von 0,25 Prozent und Laufzeit bis 2036 (EU000A3KP2Z3), wie Brunner beobachtet hat. „Die Nachfrage war sehr groß.“
von: Anna-Maria Borse
23. April 2021, © Deutsche Börse AG