Sanktionsmanagement stellt Unternehmen vor Herausforderungen /
KPMG-Umfrage zu Folgen des Russland-Ukraine-Konflikts: Große
Unsicherheit / "Unternehmen müssen Geschäftsmodelle anpassen"
Berlin (ots) - Die Umsetzung und Einhaltung der vielfältigen Sanktionen aus den
mittlerweile sechs Sanktionswellen der EU und der mitunter zusätzlich zu
beachtenden Sanktionen weiterer Länder stellen für die Unternehmen in
Deutschland im aktuellen Geschäftsverkehr mit Russland ein echtes Problem dar.
Für zwei von drei Unternehmen (64 Prozent) ist das Identifizieren betroffener
Geschäftspartner, Warengruppen und Dienstleistungen sowie das Einhalten von Ein-
und Ausfuhrkontrollen die größte Herausforderung, die sich für sie aus dem
Ukraine-Krieg ergibt. Das zeigt eine aktuelle KPMG-Umfrage unter 280 Unternehmen
mit einem wirtschaftlichen Engagement in Russland und/oder der Ukraine .
Die Hälfte der 280 in März und April 2022 befragten Unternehmen exportiert Waren
und Dienstleistungen nach Russland (49 Prozent), jedes dritte in die Ukraine (31
Prozent). Rund ein Viertel der befragten Unternehmen (24 Prozent) verfügt über
eigene Produktionsstätten in Russland.
KPMG-Vorstand Mattias Schmelzer : "Da die Sanktionen sehr kurzfristig
beschlossen und sukzessive verschärft wurden, bestehen Regelungslücken und
Interpretationsspielräume. Viele Unternehmen mussten aufgrund der EU-Sanktionen
ihrer Betriebsabläufe und Kontrollsysteme mit teils hohem manuellem Anteil
anpassen. Bei Nichtbeachtung der Sanktionsvorschriften drohen teilweise
erhebliche strafrechtliche Konsequenzen für die Unternehmen und das Management.
Zudem besteht große Unsicherheit über die konkreten Folgen des Kriegs für das
eigene Unternehmen. Noch massiver als die direkten Folgen des Kriegs für die mit
und in Russland und der Ukraine aktiven Unternehmen wirken sich die indirekten
Folgen auf die gesamte deutsche Wirtschaft aus. Die Lieferengpässe und steigende
Einkaufspreise betreffen über die mehrstufigen Lieferketten fast jede Branche
und jedes Unternehmen."
Fast jedes zweite befragte Unternehmen erwartet als Folge des Ukraine-Kriegs
einen Umsatzrückgang (46 Prozent), ebenso viele einen Ergebnisrückgang (47
Prozent). Zugleich können 40 Prozent der befragten Unternehmen gar nicht
einschätzen, wie sich der Krieg auf ihre Umsätze und Ihr Ergebnis auswirken
wird. Ebenfalls vier von zehn Unternehmen erwarten negative Auswirkungen für ihr
Unternehmen zumindest für die kommenden drei Jahre.
KPMG Bereichsvorstand International Business Andreas Glunz : "Das Bild dürfte
sich noch einmal deutlich verdüstern, sollten tatsächlich weitgehende Sanktionen
für russisches Öl und gegebenenfalls auch Gas oder diesbezügliche Lieferstopps
durch Russland erlassen werden. Gänzlich unkalkulierbar wären die Folgen einer
Ausweitung der Sanktionen auf China, für den Fall, dass China die westlichen
Sanktionen unterlaufen oder sogar Waffen an Russland liefern sollte. Jetzt gilt
es sich vorzubereiten auf weitere Szenarien."
Unternehmen befürchten Preissteigerungen
Der Ukraine-Krieg und die Verwerfungen in den Lieferketten haben zu massiven
Preissteigerungen im Einkauf geführt. Die Hälfte der Unternehmen (48 Prozent)
sieht die deutlichen Preissteigerungen durch den Krieg als große Herausforderung
an. Besonders deutlich äußern die Unternehmen aus dem Energie-, Industrie- und
dem Chemie- und Pharmasektor sowie Familienunternehmen ihre Sorgen bezüglich
steigender Einkaufspreise.
Mattias Schmelzer: "Preis- und Kostensteigerungen bei Vorprodukten,
Transportleistungen und für Energie müssen kompensiert werden - teilweise
bestehen langfristige Lieferverträge, die keine kurzfristige Weitergabe der
Preissteigerungen erlauben. Wir beobachten, dass viele Unternehmen deshalb große
Anstrengungen unternehmen, ihre Prozesse nach Einsparungspotenzialen zu
durchforsten, unter anderem durch eine Priorisierung von
Digitalisierungsprojekten."
Ausblick: Viele Unternehmen im "Stand-by"-Modus
Mehr als ein Drittel der Unternehmen (37 Prozent) haben ihre Aktivitäten in
Russland derzeit gestoppt, verweilen jedoch in einem "Stand-by"-Modus. Diese
Option bevorzugen vor allem Unternehmen der Automobilindustrie, aber auch jene
des Industrie- und Technologiesektors. Etwa jedes fünfte Unternehmen (22
Prozent) möchte sein wirtschaftliches Engagement in Russland auf niedrigerem
Niveau fortsetzen; weitere sieben Prozent in unverändertem Maße. Nur jedes
zehnte Unternehmen beabsichtigt, den russischen Markt dauerhaft zu verlassen.
Andreas Glunz: "Ein Marktausstieg kann immer nur die letzte Option sein, die
aber mitunter unvermeidbar ist. Die Erkenntnis reift, dass das Risiko
geopolitischer Störfälle gewachsen ist und eine Adjustierung der
Geschäftsmodelle der deutschen Wirtschaft erzwingt. Zu den Eckpfeilern des neuen
Geschäftsmodells gehören die Lokalisierung der gesamten Wertschöpfungskette in
allen Zielmärkten, der Aufbau redundanter Lieferstrukturen und Pufferläger sowie
die Diversifikation der globalen Absatz- und Beschaffungsmärkte."
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