Die Lehren aus der Krise, Kommentar zur Lufthansa von Lisa Schmelzer
Frankfurt (ots) - "Das Schlimmste liegt hinter uns", ist Lufthansa-Chef Carsten
Spohr überzeugt. Damit mag er richtig liegen, doch ein Vergnügen werden die
kommenden Monate für die Fluggesellschaft deshalb trotzdem nicht. Die
Impfkampagne verläuft zumindest in Europa schleppend, eine Öffnung in Richtung
USA ist angedacht, aber noch längst nicht vollzogen. Das laufende Geschäftsjahr
dürfte daher nicht mehr zu retten sein, erwartet werden erneut ein operativer
Verlust und im Durchschnitt nur 40 Prozent der vor der Krise angebotenen
Kapazität.
Mit einer verfügbaren Liquidität von mehr als 10 Mrd. Euro und einer möglichen
Kapitalerhöhung in der Hinterhand wird die Lufthansa trotz allem einigermaßen
gut aus der Krise kommen. Viel wichtiger als die kurzfristige
Ergebnisentwicklung sind daher die Lehren, die das Unternehmen aus den
vergangenen 14 Monaten zieht.
Am wichtigsten ist die Frage, wie man sich wetterfester macht, denn die nächste
Krise kommt bestimmt. Da ist es eine gute Nachricht, dass sich die Lufthansa ein
deutlich dickeres Liquiditätspolster verordnet. Die Rede ist von 6 Mrd. bis 8
Mrd. Euro, in die Coronavirus-Pandemie hineingegangen ist man mit 2,3 Mrd. Euro.
Was der Finanzvorstand eines Wettbewerbers damals mit den Worten kommentierte:
"Da könnte ich nicht mehr ruhig schlafen." Über viele Jahre standen die
Investitionen in neues Fluggerät bei der in der Regel von Ingenieuren geführten
Fluggesellschaft im Vordergrund, was danach übrig blieb, musste als Reserve
reichen. Diese Zeiten dürften glücklicherweise vorbei sein, auch wenn bei der
geplanten Kapitalerhöhung mit Vorsicht ans Werk gegangen werden muss, um die
daraus resultierende Verwässerung in Grenzen zu halten.
Eine weitere Lehre aus der Krise ist, dass der Schlüssel für künftigen
wirtschaftlichen Erfolg in einer günstigeren Kostenstruktur liegt. Diese muss
nicht unbedingt mit Ryanair vergleichbar sein, aber beispielsweise mit Condor
oder Easyjet. Kostensenkungen sind umso wichtiger, als Wachstum künftig vor
allem im touristischen Verkehr erwartet wird. Passagiere in diesem Segment
schauen viel mehr auf den Preis als die Geschäftsreisenden, so dass man vor
allem mit günstigen Tickets punkten kann.
Bei den Kosten hat Lufthansa noch einiges abzuarbeiten. Denn während es mit den
Kabinenbesatzungen eine längerfristige Einigung gibt, steht diese für die
Piloten noch aus. Dazu kommt, dass Lufthansa derzeit noch von den
Kurzarbeiterregelungen profitiert, diese laufen aber Ende 2021 aus, was die
Kosten wieder nach oben treiben dürfte.
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