Europas Banken trotzen den Krisen (FOTO)
Frankfurt am Main (ots) - Die europäischen Banken sind weiter auf
Stabilisierungskurs. Robuster aufgestellt, können viele Banken den aktuellen
Krisen trotzen. Dabei spielt die weitere Verbesserung der Kosteneffizienz und
der Eigenkapitalrentabilität eine große Rolle. Der Trend sinkender
Cost-Income-Ratio (CIR) und höherer Return on Equity (RoE) hält weiter an und
europäische Banken holen im globalen Wettbewerb weiter auf, sagt Robert Bosch,
globaler Leiter Banking & Capital Markets bei BearingPoint.
Mitten im Spannungsfeld schwieriger Marktbedingungen und globaler Krisen zeigen
sich die europäischen Banken insgesamt robuster als 2021. Erfolge bei der CIR
und beim RoE bestätigen den Stabilisierungskurs. Verbessert hat sich die Lage
auch durch das günstigere Zinsumfeld durch die Leitzinserhöhungen der
Europäischen Zentralbank (EZB). Doch der Wettbewerb wird härter und Banken
sollten ihre Transformation beschleunigen, nachhaltiger werden und New Banking
als Geschäftsmodell ausbauen, so die Bankenstudie der Management- und
Technologieberatung BearingPoint.
CIR: Spanien und Portugal Spitzenreiter - Frankreich löst DACH-Raum als
bisheriges Schlusslicht ab
Die CIR der europäischen Banken hat sich von 61,9 Prozent im Jahr 2022 auf 58,7
Prozent merklich verbessert. In 2021 lag sie noch knapp drei Prozentpunkte
höher. Im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie gab es sogar eine
Verbesserung um knapp fünf Prozentpunkte auf 63,3 Prozent. Spitzenreiter bleiben
weiterhin Spanien und Portugal (46,8 Prozent) und die Nordics (47,7 Prozent).
Frankreich (66,8 Prozent) hingegen löst den DACH-Raum (64,2 Prozent) als
bisheriges Schlusslicht ab.
RoE: Regionenvergleich zeigt klare Unterschiede - Italien und DACH-Raum stark
verbessert
Italien (+11,9 Prozent), Österreich und die Schweiz (+11,0 Prozent) stechen mit
einem steigenden RoE hervor. Die Verbesserung der Banken im DACH-Raum ist laut
der Studie bemerkenswert, da sie neben einer starken EBT- Steigerung (+18,5
Prozent) auch die mit Abstand höchsten Wachstumsrate beim Eigenkapital (+6,8
Prozent) verzeichnet, während das durchschnittliche europäische Wachstum nur bei
2,7 Prozent lag. Frankreich (-1,2 Prozent) und die Nordics (-0,9 Prozent)
hingegen weisen hier einen sinkenden RoE auf.
Dr. Robert Bosch, globaler Leiter Banking & Capital Markets bei BearingPoint:
"Unsere Analysen deuten darauf hin, dass die Verbesserungen eher von
Ertragssteigerungen und nicht von Eigenkapitalauflösung getrieben sind. Die
Eigenkapitalrentabilität liegt nicht nur deutlich über den Werten vor und
während der Pandemie, sondern sogar auf dem höchsten Stand seit Beginn der
Datenaufzeichnung 2013. Trotzdem liegen die europäischen Banken weiterhin hinter
ihren US-amerikanischen Konkurrenten, die 2022 über zehn Prozent Rendite
erwirtschafteten. Deutschland konnte mit 5,7 Prozent die Lücke zum europäischen
Durchschnitt zwar weiter verringern, befindet sich bei der Eigenkapitalrendite
jedoch weiterhin mit Abstand auf dem letzten Platz. Dennoch: Insgesamt zeigen
die neuen Zahlen, dass viele europäische Banken den richtigen Kurs eingeschlagen
haben und im globalen Wettbewerb aufholen. Das Beibehalten einzelner Maßnahmen
aus der Zeit der Corona-Pandemie hat dabei einen Anteil und unterstreicht die
Notwendigkeit der Transformation - mehr Digitalisierung, Effizienz und
Nachhaltigkeit."
Vorsteuergewinne der Banken steigen erneut - Italien und Deutschland mit sattem
Plus
2022 konnten die europäischen Banken ihren Vorsteuergewinn (EBT) um 5,4 Prozent
steigern. Italien (+35,7 Prozent) und Deutschland (+23,8) stechen dabei
besonders hervor, während Frankreich (-9,1 Prozent), die Nordics (-4,3 Prozent)
und die Benelux (-3,5 Prozent) ein sinkendes EBT aufweisen. Bei letzteren sorgen
neben steigenden Personal- und Verwaltungskosten insbesondere Rückstellungen in
die Risikovorsorge für ein Auffressen aller Steigerungen. Während in 2021 noch
alle Regionen von der wirtschaftlichen Verbesserung und besonders der Auflösung
von Risikovorsorge als Ertragstreiber profitieren konnten, partizipierten 2022
nicht alle am geänderten Zinsumfeld. Zudem wirken die Folgen von Ukrainekrieg,
Inflation und wirtschaftlicher Rezession als starke Bremsfaktoren auf die
Ertragslage noch nach.
Erfolge beim Provisionsertrag blieben aus - notwendige Erhöhung der
Risikovorsorge ein Klotz am Bein
Der Anstieg bei den Provisionsmargen 2021 blieb dagegen eine Ausnahme. Vielmehr
setzte sich 2022 die Erosion der Provisionsmarge (0,5 Prozent) fort, die schon
in den vergangenen Jahren zu beobachten war. Eine Ursache hierfür sei der
deutliche Rückgang bei der Zahl der Börsengänge (IPO) in Europa. Auch die
Risikovorsorge lähmt viele Banken beim Streben nach Normalität. Vor allem der
Ukrainekrieg und die wachsende Gefahr von Kreditausfällen sorgten 2022 für
Unsicherheit. Demzufolge nahm der Aufwand für die Risikovorsorge und damit der
Kostendruck zu. Und in Erwartung einer Rezession haben die europäischen Banken
ihre Investitionen in das Sachanlagevermögen sowie in die immateriellen
Anlagewerte verlangsamt - auch dies als Teil der Risikovorsorge. Je nach
Bankengröße, Geschäftsmodellen und Kundenportfolios ergibt sich bei genauerem
Hinsehen ein differenziertes Bild bei den Herausforderungen, wie die Studie
zeigt.
Steigende IT- und Verwaltungskosten schmälern Erträge
Zudem gingen auch die Ausgaben für IT und Verwaltung in die Höhe, im Schnitt um
2,8 Prozent. Bei den Verwaltungskosten lässt sich im Jahr 2022 die Aufnahme des
"Normalbetriebs" erkennen. Nach dem Stillstand während der Corona-Pandemie
rückten Veranstaltungen wie Messen und auch Dienstreisen wieder stärker auf die
Tagesordnung. Insgesamt stiegen die Kosten um 10,3 Prozent im Vergleich zum
Corona-Jahr 2020 und lagen 2022 geringfügig über dem Niveau von vor der
Pandemie.
Dr. Robert Bosch: "Der Trend der Digitalisierung hält trotz Rezessionsängsten
bei den europäischen Banken an. Die IT-Ausgaben stiegen 2022 im Schnitt um 2,8
Prozent. Die Performer unter den Banken (mit einer CIR von unter 55 Prozent)
zeigten mehr Digitalisierungsinvestitionen (+9,3 Prozent), wohingegen die
Laggards (mit einem CIR von über 55 Prozent) hier einen leichten Rückgang
verzeichnen. Ganz offenbar werden unterschiedliche strategische Ziele verfolgt:
Performer investieren stetig in ihre digitale Transformation, Laggards hingegen
setzen auf ihre bestehende Infrastruktur. Dabei zeigte sich in der
Vergangenheit, dass sich hohe Investitionsausgaben für die IT-Infrastruktur
auszahlen. Digitale Vorreiter wirtschafteten insgesamt effizienter, sind in
Bezug auf ihre Verwaltungskosten flexibler und können sich so auch kurzfristig
den Gegebenheiten besser anpassen."
Geringes Bilanzwachstum - EZB-Langzeitkredite zeigen beträchtliche Effekte
Regionale Unterschiede mit Blick auf Bilanzen und Kreditvolumina hingen
besonders davon ab, inwieweit die Banken die EZB-Langfristkredite TLTRO II und
III ausnutzten und ob sie diese vorzeitig oder zu den Fälligkeiten
zurückzahlten. Die TLTRO-Finanzierungen eröffneten den Banken insgesamt sehr
günstige Refinanzierungsgeschäfte. Während 2022 die Nordics lediglich zwei
Prozent der TLTRO-Finanzierungen bezogen, betrug der Anteil bei den Banken in
Italien 23 Prozent. Dies ermöglichte den italienischen Banken trotz der hohen
Verschuldung Italiens viele Kredite auszugeben. Ein weiterer wichtiger Faktor
für die Entwicklung des Kreditvolumens war der Anteil des verarbeitenden
Gewerbes an der Volkswirtschaft, wo Deutschland, Finnland und Österreich
überdurchschnittlich hohe Zuwächse verzeichneten.
Harte Kernkapitalquote erstmals rückläufig - Deutschland und Italien bilden
Ausnahmen
Beim Anteil der Risikoaktiva an der Bilanzsumme (RWA-Quote), zeigen sich die
Banken in Europa konstant, wobei es in den einzelnen Märkten teils beträchtliche
Unterschiede gibt. Die harte Kernkapitalquote (CET1-Ratio) der europäischen
Banken verschlechterte sich dagegen 2022 erstmalig seit Beginn der
Datenerhebung. Gegenüber 2021 fiel sie von 15,9 Prozent auf 15,4 Prozent. Da
auch die RWA-Portfolios in fast allen Regionen gestiegen sind, halten die Banken
also insgesamt weniger Eigenkapital vor. Generell sind die RWA-Portfolios
gegenüber 2021 stärker gestiegen als die Bilanzsummen. Dies legt laut der Studie
den Schluss nahe, dass trotz der Krisen die Risikobereitschaft europäischer
Banken grundsätzlich weiterhin vorhanden ist. Ausnahmen: In Deutschland stieg
die Bilanzsumme der Banken 2022 mit 4,6 Prozent stärker als die RWA-Portfolios
mit 2,2 Prozent und in Italien nahmen die RWA um 6,3 Prozent ab, zugleich fiel
die Bilanzsumme signifikant um 7,3 Prozent - erste Ergebnisse verschiedener
Transformations- und Risikoreduktionsprogramme und ein positives Signal hin zu
einem widerstandfähigeren Geschäftsmodell.
Dr. Robert Bosch: "Noch profitieren die Banken vom aktuell günstigen Zinsumfeld
und steigenden Zinsmargen, doch es ist ein mit hoher Wahrscheinlichkeit
temporärer Effekt. Banken sollten sich also nicht auf den Zins als dauerhaften
Einnahmentreiber verlassen. Umso wichtiger ist es, dass sie die begonnenen
Digitalisierungs- und Transformationsprozesse weiter vorantreiben, um die
Rentabilität zu stärken. Dabei sollten sie sich konsequent in ihren
Kerngeschäftsfeldern bewegen. Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz
bietet zunehmend Potenzial für eine effizientere Banksteuerung. Zudem sollten
die Banken insgesamt nachhaltiger handeln und beispielsweise die ESG-Kriterien
in die hauseigenen Steuerungs- und Reportingprozesse integrieren sowie
ESG-spezifische Datenprozesse aufbauen. Und besonders das steigende Interesse an
nachhaltigen Investments bietet Ertragspotenzial. Mit einer umfassenden und
frühzeitigen Ausrichtung auf diese Bereiche können Banken ihre Marktposition
stärken."
Über die Studie
Die diesjährige Studie basiert auf der Analyse der Jahresabschlüsse von 116
europäischen Banken für den Zeitraum der Jahre 2017 bis 2022. Alle Institute
stehen unter Aufsicht der EZB oder der nationalen Aufsichtsbehörden.
Zusammengenommen machten die Bilanzsummen der betrachteten Banken im Jahr 2022
rund 75 Prozent der aggregierten Bilanzsumme aller monetären Finanzinstitute in
der Europäischen Union aus.
Die vollständige Studie steht hier zum Download zur Verfügung:
https://ots.de/87jGck
Über BearingPoint
BearingPoint ist eine unabhängige Management- und Technologieberatung mit
europäischen Wurzeln und globaler Reichweite. Das Unternehmen agiert in drei
Geschäftsbereichen: Consulting, Products und Capital. Consulting umfasst das
klassische Beratungsgeschäft mit dem Dienstleistungsportfolio People & Strategy,
Customer & Growth, Finance & Risk, Operations sowie Technology. Im Bereich
Products bietet BearingPoint Kunden IP-basierte Managed Services für
geschäftskritische Prozesse. Capital deckt die Aktivitäten im Bereich M&A,
Ventures, und Investments von BearingPoint ab.
Zu BearingPoints Kunden gehören viele der weltweit führenden Unternehmen und
Organisationen. Das globale Netzwerk von BearingPoint mit mehr als 10.000
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt Kunden in über 70 Ländern und
engagiert sich gemeinsam mit ihnen für einen messbaren und langfristigen
Geschäftserfolg.
Weitere Informationen:
Homepage: https://www.bearingpoint.com/en/
LinkedIn: http://www.linkedin.com/company/bearingpoint
X: www.twitter.com/bearingpoint_de (https://twitter.com/bearingpoint)
Pressekontakt:
Alexander Bock
Global Senior Manager Communications
Tel: +49 89 540338029
E-Mail: mailto:alexander.bock@bearingpoint.com
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/68073/5632913
OTS: BearingPoint GmbH