Emissionsmarkt Deutschland: IPOs bleiben aus - Ausblick auf zweites
Halbjahr positiver
Frankfurt am Main (ots) - Kein Unternehmen wagt im zweiten Quartal 2023 den
Schritt auf das Frankfurter Parkett / Kapitalerhöhungen bleiben auf niedrigem
Niveau / Fremdkapitalemissionen erreichen neues Hoch / PwC-Experte Stephan
Wyrobisch sieht Chance auf gutes Zeitfenster für Initial Public Offerings (IPOs)
nach der Sommerpause / Börsengang von Thyssenkrupp Nucera als Gradmesser für
mögliche Emissionen im zweiten Halbjahr
Der deutsche Emissionsmarkt kommt im laufenden Jahr bislang nicht in Schwung: Im
zweiten Quartal verzeichnete die Frankfurter Börse keine einzige Erstnotiz. Auch
die Kapitalerhöhungen verharren auf tiefem Niveau. Einziger Lichtblick ist die
deutliche Erholung der Investmentgrade-Fremdkapitalemissionen. Der für Anfang
Juli geplante Börsengang von Thyssenkrupp Nucera könnte den Start in ein aus
Emissionssicht besseres zweites Halbjahr markieren.
Zu diesen Ergebnissen kommt die Analyse "Emissionsmarkt Deutschland", für die
das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PwC vierteljährlich die
Aktienneuemissionen an der Börse Frankfurt erfasst.
Aktienmarktumfeld zuletzt stabilisiert
"Im ersten Halbjahr 2023 war die Situation am Aktienmarkt geprägt von
Rezessionsängsten und der Unsicherheit, inwiefern es den Zentralbanken gelingt,
die Inflation zu bekämpfen. In den vergangenen Wochen scheint sich die Lage an
den Kapitalmärkten aber stetig zu verbessern - dank der zuletzt eher
zurückhaltenden Zinspolitik und positiven makroökonomischen Daten", kommentiert
Stephan Wyrobisch, PwC-Experte für Kapitalmarkttransaktionen. So ist der DAX
seit Jahresbeginn um 12,5 Prozent gestiegen und erreichte im Juni sogar ein
neues Allzeithoch. Gleichzeitig ist die Volatilität - ebenfalls ein Indikator
für Unsicherheit am Kapitalmarkt - derzeit vergleichsweise gering, was
grundsätzlich Transaktionen begünstigen sollte.
"Trotz der im ersten Halbjahr 2023 guten Indexperformance waren die
Handelsvolumina eher gering und viele Investoren agierten sehr vorsichtig. Seit
einigen Wochen beobachten wir, dass Fondsmanager wieder verstärkt in Aktien
investieren", erläutert Wyrobisch.
Schwächstes erstes IPO-Halbjahr seit 2020
In Sachen Börsengänge war das zweite Quartal trotzdem eine Enttäuschung: Die
Frankfurter Börse registrierte kein einziges Initial Public Offering (IPO).
Bereits das erste Quartal verlief mau: Mit dem Internetdienstleister IONOS ging
nur ein Unternehmen an die Börse und spielte dabei 389 Millionen Euro ein.
Gemessen am Emissionsvolumen ist damit das erste Halbjahr 2023 der schwächste
Jahresanfang seit dem durch Corona geprägten Jahr 2020.
Mit Beginn des dritten Quartals könnte es jedoch zu einem größeren IPO auf dem
Frankfurter Parkett kommen: Mitte Juni hat Thyssenkrupp angekündigt, seine
Wasserstofftochter Thyssenkrupp Nucera noch vor der Sommerpause an die Börse
bringen zu wollen. Die Transaktion ist seit längerem in der Pipeline, wegen
schwieriger Marktbedingungen aber verschoben worden.
Kapitalerhöhungen auf niedrigem Niveau
Mit Blick auf die Kapitalerhöhungen verlief das zweite Quartal unspektakulär:
Sechs Unternehmen besorgten sich zwischen April und Juni frisches Geld über eine
Kapitalerhöhung (Q1 2023: acht). Das Emissionsvolumen lag bei 434 Millionen Euro
und damit deutlich unter dem Wert des ersten Quartals (1,86 Milliarden Euro).
Den Löwenanteil machte die Kapitalerhöhung der Gerresheimer AG aus: Der
Hersteller von Arzneimittel- und Kosmetikverpackungen sammelte bereits im April
auf diesem Weg 272 Millionen Euro ein, um seine Wachstumsstrategie weiter zu
verfolgen. Die zweite nennenswerte Kapitalerhöhung im zweiten Quartal tätigte
Shop Apotheke Europe NV: Das Handelsunternehmen holte sich 115 Millionen Euro an
frischen Mitteln, um die Gründung eines Joint Ventures mit dem Schweizer
Gesundheitsdienstleister Galencia zu finanzieren.
Fremdkapitalemissionen steigen deutlich an
Einen Lichtblick bieten die Fremdkapitalemissionen: Sowohl das Emissionsvolumen
als auch die Anzahl der Emissionen für Investment Grade Bonds haben sich im
ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahr deutlich erholt. Im Vergleich zum
Vorjahreszeitraum stieg das Emissionsvolumen zwischen Januar und Juni steil an
-auf 41,9 Milliarden Euro (1. Halbjahr 2022: 27,6 Milliarden Euro).
Im High-Yield-Grade ist dagegen keine Erholung in Sicht: Dieser Markt ist mit
Beginn der Zinserhöhungen stark eingebrochen. In der ersten Jahreshälfte 2023
lag das Volumen nur bei 4,1 Milliarden Euro; 2021 war es im gleichen Zeitraum
mit 15,1 Milliarden Euro mehr als drei Mal so hoch.
"Anders als im Investment-Grade-Umfeld ist im High-Yield-Bereich aktuell keine
deutliche Erholung in Sicht. Auch mittelfristig werden das volatile Marktumfeld
sowie die hohen Basiszinsen und Spreads die Emittenten zurückhalten", so die
Einschätzung von Stephan Wyrobisch.
Börsengang von Nucera als Gradmesser für die Stimmung
Mit Blick auf mögliche Börsengänge im Jahresverlauf zeigt sich Stephan Wyrobisch
vorsichtig optimistisch: "Die Märkte scheinen sich gefestigt zu haben, das Gros
an Zinsschritten liegt erstmal hinter uns und eine Rezession scheint in weiten
Teilen der Welt zunächst abgewendet. Auf dieser Basis sind Investoren auch
wieder bereit, sich bei Neuemissionen zu engagieren."
Der PwC-Experte ist zuversichtlich, dass sich nach der Sommerpause ein
Zeitfenster öffnet, in dem Börsengänge erfolgreich über die Bühne gehen können.
"Ein sich kurzfristig ergebendes günstiges Zeitfenster können natürlich nur
solche Emittenten nutzen, die sich frühzeitig und unabhängig von der aktuellen
Marktsituation auf diesen Schritt vorbereitet haben", erklärt Wyrobisch.
Ein wichtiger Gradmesser für die Aufnahmefähigkeit der Märkte ist seiner Meinung
nach der geplante Börsengang von Thyssenkrupp Nucera.
"Wenn diese Transaktion gelingt, sind wir zuversichtlich, dass weitere
Börsengänge in der zweiten Jahreshälfte und Anfang 2024 folgen werden", so das
Fazit des Kapitalmarktexperten.
Über die Analyse:
Im "Emissionsmarkt Deutschland" analysiert PwC vierteljährlich sämtliche
Aktienneuemissionen sowie Kapitalerhöhungen an der Börse Frankfurt. Darüber
hinaus werden Neuemissionen von Unternehmensanleihen deutscher Emittenten
erfasst. Die Angaben der Kapitalerhöhungen basieren auf Informationen von
Refinitiv, Bloomberg und Capital IQ und beinhalten Transaktionen bis
einschließlich 23. Juni 2023.
Pressekontakt:
Gregor Damm
PwC Communications
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