Aktuelles Insolvenzgeschehen: Langfristige Ursachen nicht mit
kurzfristigen Maßnahmen bekämpfen (FOTO)
Berlin (ots) - Arbeitskräftemangel, gestiegene Personal- und Energiekosten,
erhöhte Bauzinsen und Inflationssteigerungen: Unternehmen stehen in diesen Tagen
vor vielen Herausforderungen und die Insolvenzzahlen steigen. Zur oft
befürchteten Insolvenzwelle wird es trotzdem nicht kommen. Doch auf eine stabile
Wirtschaftslage ist dies nicht zurückzuführen. Der VID appelliert an die Politik
ihren Umgang mit kurzfristigen Subventionsmaßnahmen zu überdenken, ein
gründerfreundliches Umfeld zu schaffen und Insolvenz als Prozess freiwerdender
Ressourcen nicht zu stigmatisieren.
Nach einem langjährigen Rückgang, der sich während der Coronapandemie durch
staatliche Finanzhilfen noch verstärkt hat, steigen seit einigen Monaten die
Zahl der Unternehmensinsolvenzen wieder und damit die Angst vor einer großen
Insolvenzwelle. Unzweifelhaft steht die deutsche Wirtschaft nach der Pandemie
unter dem Eindruck von Inflation und Ukrainekrieg immer noch vor vielen
Herausforderungen. Industriestrompreis und die Aussetzung der Schuldenbremse
sind nur die jüngsten Beispiele dafür, wie die Bundesregierung derzeit überlegt,
auf diese Herausforderungen zu reagieren. Dabei wird die oft beschworene Gefahr
einer Insolvenzwelle deutlich überschätzt.
Der aktuelle Anstieg der Insolvenzzahlen ist vor allem eine Normalisierung des
Insolvenzgeschehens nach dem Auslaufen der staatlichen Hilfen. " Einen Anstieg,
wie wir ihn Mitte der Nullerjahre gesehen haben, mit über 30.000 Insolvenzen pro
Jahr, werden wir zukünftig nicht mehr sehen ", erklärt Dr. Christoph Niering,
Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter
und Sachwalter Deutschlands (VID). Das hat strukturelle Gründe: Das seit vielen
Jahren rückläufige Gründungsverhalten in Deutschland wirkt sich direkt auf das
Insolvenzgeschehen aus. Gerade in den ersten fünf Jahren nach Gründung besteht
für Unternehmen die höchste Insolvenzgefahr. " Ein Warnsignal für die
Wirtschaftspolitik. Die Unternehmenslandschaft erneuert sich schon lange nicht
mehr ausreichend. Kommen nicht genug neue Unternehmen nach, sinkt das
Innovationspotential. Das für Gründer beschwerliche Vorschriftendickicht trägt
noch dazu bei" , so Niering.
Die aktuellen Insolvenzen sind keine Reaktion mehr auf den Wegfall der
staatlichen Stützungsmaßnahmen. Sie haben vor allem langfristige Ursachen. "
Hierbei handelt es sich um Unternehmen, die keine Zukunftsaussichten haben, weil
ihre Geschäftsmodelle nicht mehr unter den aktuellen Bedingungen tragen. Die
Ursachen für die Insolvenz sind langfristig und können nicht mit kurzfristigen
Finanzhilfen bekämpft werden" , so der VID-Vorsitzende. " Der Ruf nach Hilfen
ist verständlich. Doch der Fachkräftemangel und die demographische Entwicklung
zeigen, wie wichtig es ist, Unternehmen ohne zukunftsfähige Geschäftskonzepte
ganz bewusst vom Markt zu nehmen. Über den Insolvenzprozess werden neue Kräfte
und Ressourcen frei."
Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter, VID, setzt sich für ein
Umdenken im Umgang mit Finanzhilfen in Krisensituationen ein. " Wir sehen
langfristige Trends, die das Wirtschaftsgeschehen lähmen. Sie sind vor allem
Folge von politischem Attentismus. Die Politik sollte nicht immer mit den
gleichen kurzfristigen Maßnahmen auf langfristige Ursachen reagieren. Wichtiger
wäre, eine gründerfreundliche Umgebung zu schaffen und Insolvenz als wichtiges
Instrument der Marktbereinigung und Allokation knapper Ressourcen zu verstehen
", so Niering.
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