Fondsmanager Frank sieht viel positives in Aktienrückkaufprogrammen aus Investorensicht, mit Einschränkungen für bestimmte Marktphasen und unterschiedliche Motive.
17. Oktober 2022. FRANKFURT (pfp Adisory). In den vergangenen Tagen meldeten gleich zwei Unternehmen, an denen die von pfp Advisory beratenen Fonds Anteile halten, mit dem Rückkauf eigener Aktien zu beginnen. Die Absichtserklärungen erfolgten in beiden Fällen, nachdem die Aktienkurse mehr als 40 Prozent unter ihre jeweiligen Zwölfmonatshochs gefallen waren.
Der letzte Satz ist besonders wichtig. Allzu oft habe ich in den vergangenen Jahr(zehnt)en beobachtet, dass Aktienrückkaufprogramme gestartet wurden, nachdem die Kurse zuvor lange gestiegen waren, teilweise sogar auf Rekorde, und die Aktienbewertungen luftige Höhen erreicht hatten. In Baisse-Phasen, in denen Preise und Bewertungen am Boden lagen, hielten Unternehmen ihr Geld dagegen meist zusammen. Gewiss: Manchmal war es besser so, die Liquidität in Krisenzeiten nicht anzutasten. Doch hätte dieses antizyklische Vorgehen dem Grundgedanken von Aktienrückkäufen weit mehr entsprochen.
Zunächst einmal wirken diese Transaktionen dergestalt, dass die Nachfrage nach den eigenen Aktien erhöht und der Kurs gestützt oder sogar befeuert wird. Werden die zurückgekauften Papiere anschließend eingezogen, wird überdies das Angebot verknappt. Nach der Transaktion verteilt sich der Unternehmensgewinn auf weniger Aktien – wie bei einer Torte, die in weniger Stücke geschnitten wird, wodurch jedes einzelne Tortenstück größer ausfällt.
Grundsätzlich kann es mehrere Ursachen geben, warum Unternehmen eigene Papiere zurückkaufen. Auch die Motive der Protagonisten spielen eine Rolle. Beispielsweise kann es für Vorstände reizvoll sein, Aktienrückkäufe zu fast jedem Preis durchzuführen, wenn Vergütungsbestandteile wie etwa Aktienoptionen an das Erreichen bestimmter Schwellenwerte gekoppelt sind. Überdies schützt ein hoher Aktienkurs besser vor Übernahmen, was die Jobs der Vorstände um einiges sicherer macht. Selbstverständlich ist das Leben als Vorstand bei einem hohen Aktienkurs generell angenehmer: Aufsichtsräte, Aktionäre und Fachpresse stellen weniger kritische Fragen und zweifeln den Erfolgsbeitrag der Manager seltener an.
Doch was für Vorstände das Beste ist, muss nicht automatisch auch für Aktionäre gut sein. Natürlich erfreut ein hohes Kursniveau zunächst einmal (fast) jeden Anteilseigner – die meisten aber wohl nur, wenn es keine Eintagsfliege ist, sondern auch langfristig gehalten werden kann. Denn für Buy-and-hold-Investoren sind Aktienrückkäufe meist nur wertsteigernd, wenn sie zu Kursen unter dem „inneren Wert“ erfolgen.
Offensichtlich ist: Wenn Investoren den inneren Wert der Aktie auf 100 Euro taxieren, diese aber zu 70 Euro erwerben kann, ist jede Investition unmittelbar wertsteigernd. Denn für 70 Euro erhält der Käufer sofort 100 Euro Firmenwert. Eine Top-Investition, die überdies erfahrungsgemäß die meisten Firmenakquisitionen in punkto Rendite schlägt. Umgekehrt ist es aus der gleichen Überlegung heraus ein schlechtes Geschäft, diese Aktie für 130 Euro zu kaufen.
Auf einen weiteren, nicht so offenkundigen Vorteil hat schon Warren Buffett hingewiesen: Indem Aktien zurückgekauft werden, wenn der Börsenwert eines Unternehmens deutlich unter seinem wirtschaftlichen Wert liegt, demonstriert das Management, dass es zu Aktionen bereit ist, die den Wohlstand der Aktionäre erhöhen, statt zu Manövern, die lediglich dem Eigeninteresse der Unternehmenslenker dienen, z. B. der Vergrößerung des Firmen-Imperiums zu jedem Preis. Das wiederum erhöht die Bereitschaft von Anlegern, mehr für dieses Unternehmen zu bezahlen, wodurch sich Börsenwert und innerer Wert (schneller) annähern.
Tendenziell ist es also sinnvoller, wenn eine Gesellschaft eigene Aktien zu niedrigeren Kursen zurückkauft als zu hohen, weil die Chance, dass der Kaufkurs dann unter dem inneren Wert liegt, ceteris paribus größer ist. Zumal es in der Realität ohnehin schwierig bis unmöglich ist, den „inneren Wert“ eines Unternehmens bzw. einer Aktie exakt zu bestimmen. Je größer dieser Abstand, desto wahrscheinlicher liegt man ungefähr richtig.
Selbstverständlich sollte eine Firma Aktienrückkäufe nur dann durchführen, wenn sie sich diese auch „leisten“ kann. Sie sollte über genügend Finanzmittel verfügen, um die für die Erhaltung ihrer Marktposition notwendigen Investitionen sicherzustellen und Wachstumsoptionen wahrnehmen zu können. Wenn Letzteres nicht möglich ist, Akquisitionen z. B. aus Bewertungsgründen nicht sinnvoll sind, können Aktienrückkäufe aus Sicht der Eigentümer eine vernünftige Alternative sein – aber eben nicht zu jedem Preis.
von Christoph Frank, 17. Oktober 2022, © pfp Advisory
Christoph Frank ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Roger Peeters steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (LU1865032954), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (LU2332977128). Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Frank schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
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