Japans Notenbank sorgt für einen „Paukenschlag“ und robuste US-Daten für weitere Zinssorgen. Doch einzelne Anleihen finden Käufer.
23. Dezember 2022Frankfurt (Börse Frankfurt). In dieser Woche sind die Renditen deutscher wie europäischer Staatsanleihen deutlich gestiegen. zehnjährige Bund-Rendite zog bis auf 2,38 Prozent an. Aktuell steht sie bei 2,36 Prozent. Zunächst hatte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos die Absicht der Notenbank bekräftigt, die Zinsen weiter deutlich zu erhöhen. 50 Basispunkte Erhöhung könnten die neue Norm werden. Auch Entscheidungen der japanischen Notenbank und US-Daten sorgten für Bewegung
Bank of Japan überrascht
Arthur Brunner von der ICF Bank verwies auf die Entscheidung der Bank of Japan, höhere Zinsen für langlaufende Anleihen zuzulassen und auf robuste US-Konjunkturdaten. „Jahrzehntelang waren die Anleger gewohnt, dass die Zinsen in Japan niedrig sind.“ Die Entscheidung der Notenbank sei ein Zeichen, die Geldpolitik nun moderat zu straffen. „Das war ein Paukenschlag, der viele auf dem falschen Fuß erwischt.“
Zugleich stellten die jüngsten US-Konjunkturdaten mit einem Wachstum von 3,2 Prozent im dritten Quartal die Stärke der Wirtschaft einmal mehr unter Beweis. „Das dämpft die Rezessionssorgen, schürt aber zugleich die Sorge vor stärker steigenden Zinsen und hat entsprechende Folgen am Anleihemarkt gehabt“, fasst Brunner zusammen.
Brunner
Ernüchterung über Notenbankpolitik
„Zinssorgen spielen nach wie vor die Hauptrolle“, berichtet Tim Oechsner von Steubing. „Hier hat Ernüchterung eingesetzt über das weitere Handeln der Notenbanken.“ Anleger würden gespannt verfolgen, wie unterschiedlich – siehe Japan - die Notenbanken an die Probleme herangehen. “Die EZB hat ihr Lame-Duck-Image abgelegt und hat nun wieder die Zügel in der Hand, nachdem sie sich sehr klar in der Vorwoche geäußert hat. Doch der Taktgeber bleibt die Fed in den USA.“
Oechsner weist darauf hin, dass das Engagement vor den Feiertagen weiter nachlässt und die Umsätze sukzessive sinken. Die Spannen zwischen Kauf- und Verkaufkursen seien entsprechend breiter. Das mache das Handeln entsprechend schwieriger.
Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank berichtet von einigen Verkäufen. Traditionell werde die Zeit zum Jahresende genutzt, um sich mit der Wertentwicklung der einzelnen Positionen im Depot zu beschäftigen und sich auch bewusst von Papieren zu trennen.
Brunner vermerkt einige Käufe. So sei eine neu begebene Anleihe des finnischen Finanzdienstleisters Multitude (<NO0012702549>) sehr gefragt. „Hier kaufen auch Kleinanleger, weil die Laufzeit mit drei Jahren attraktiv ist und der aktuelle mit aktuell 9,602 Prozent ebenso.“ Allerdings werde der Kupon vierteljährlich angepasst. Er besteht aus dem Drei-Monats Euribor plus 750 Basispunkte. Der Euribor ist der Zins, zu dem sich Banken kurzfristig untereinander Geld leihen.
Daniel
Kurze Laufzeiten bleiben gefragt
Viel Umsatz registriert Brunner mit einer Anleihe von Mutares (<NO0010872864>). Das Papier des Beteiligungsunternehmens mit 7,798 Prozent Kupon und Laufzeit bis 2024 ist im Kurs stabil um 98 Prozent. „Käufe und Verkäufe halten sich hier die Waage.“ Gekauft wird bei der ICF Bank ein Schuldtitel der CA Immobilien (XS2248827771). Das Papier notiert aktuell bei 85,81 Prozent.
Auch Daniel stellt Bewegung bei Anleihen aus der Immobilienbranche fest. Vor allem eine größere Verkaufsorder von DIC Asset (<DE000A2NBZG9>) prägt hier den Handel. Darüber hinaus sei der Handel ruhig.
4Finance ist bei Oechsner gesucht: Das Papier der Online-Kreditplattform (XS1417876163) läuft bis 2025, hat einen Kupon von 11,25 Prozent und wird zwischen 94 bis 96,5 Prozent gehandelt. Das Verhältnis von Käufer*innen und Abgeber*innen ist ausgeglichen.
„Grundsätzlich sind kurze Laufzeiten weiter beliebt“, erklärt Brunner. Durch die inverse Zinskurve (das bedeutet, dass die Renditen kurzlaufender Staatsanleihen höher sind als die der Langläufer) sind attraktive Renditen bei überschaubaren Laufzeiten realisierbar.“ Vor allem in den USA mache sich das bemerkbar. Dort rentieren zehnjährige US-Staatstitel mit 3,86 Prozent, zweijährige hingegen mit 4,26 Prozent.
Mit einem Kupon von 7,625 Prozent pro Jahr bis zum Jahr 2041 ist eine Anleihe von Ungarn (US445545AF36) ausgestattet. Auch hier vermerkt Brunner Kaufinteresse. Auf Monatssicht schwankt das Papier zwischen 109,11 und 112,37 Prozent.
Oechsner stellt Interesse an einer zehnjährigen US-Anleihe (US91282CCS89) fest, die bis 2031 läuft und einen Kupon von 1,25 Prozent mitbringt. Im zehnjährigen Bereich seien auf beiden Seiten Umsätze bei 3,65 Prozent Rendite zu verzeichnen.·
von: Antje Erhard, 23. Dezember 2022, © Deutsche Börse AG
Antje Erhard ist Journalistin und Moderatorin mit den Schwerpunkten Börse, Wirtschaft und Finanzen.
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