Kurz schien eine größere Bankenkrise abgewendet, zum Wochenschluss ist die Unsicherheit aber zurück. AT1-Nachranganleihen gelten nach dem Totalausfall der Credit Suisse-Papiere ohnehin als „toxisch“.
24. März 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Es bleibt aufreibend an den Märkten. Nach einem kurzen Aufatmen nach der Zwangsübernahme der Credit Suisse durch die UBS kochen die Sorgen vor einer Finanzkrise 2.0 am heutigen Freitag wieder hoch. „Bankaktien sind massiv unter Druck, sichere Häfen wie Bundesanleihen gesucht“, berichtet Arthur Brunner von der ICF Bank. Er verweist auch auf den kräftigen Preisanstieg für CDS (Credit Default Swaps) für die Deutsche Bank, also Prämien für Kreditausfallversicherungen. „Am Markt denkt man sich: Wo Rauch ist, ist auch Feuer.“
„Die Woche war insgesamt sehr unruhig“, erklärt Tim Oechsner von der Steubing AG. Selbst innerhalb eines Tages seien die Ausschläge groß. „Die Liquidität ist aber eher gering, wir sehen weniger Umsätze.“
Die Renditen schwankten im Laufe der Woche stark – für zehnjährige Bundesanleihen zum Beispiel zwischen 1,9 Prozent und 2,39 Prozent. Am Freitagmittag sind es nur knapp über 2 Prozent.
Ende der Zinswende abzusehen?
Wie wirkt sich die Bankenkrise auf den weiteren Kurs der Notenbanken aus? Das wird ebenfalls heiß diskutiert. Wie die EZB hatte sich auch die US-Notenbank, die am Mittwoch dieser Woche tagte, von ihrem Kurs nicht abbringen lassen – zumindest nicht ganz. Sie hob den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf aktuell 5 Prozent an. „Der Unsicherheitsschock im US-Bankensystem hat die US-Notenbank bereits veranlasst, von einer harten Zinsgangart abzusehen“, meint Robert Halver von der Baader Bank. „Das Ende der Zinswende ist abzusehen.“
Halver
AT1: „Ganzer Bereich ist unter Beschuss“
Stark angeschlagen zeigt sich das Segment der CoCo-Bonds beziehungsweise AT1-Bonds (Additional Tier 1). Denn im Zuge der Zwangsübernahme der Credit Suisse wurden deren Nachranganleihen im Wert von rund 16 Milliarden Franken mit einem Schlag auf Null gesetzt. „Der ganze Bereich ist jetzt unter Beschuss“, berichtet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank. „Die Anleihen gelten jetzt als toxisch.“ Die AT1-Anleihen der Credit Suisse sind vom Handel ausgesetzt. Auch bei der Steubing AG sind eine ganze Reihe von Papieren betroffen (<USH3698DDQ46<, <XS0989394589>, <USH3698DDA93>, <USH3698DCV40<, <CH0494734384>).
Andere AT1-Bonds haben im Kurs stark verloren, etwa die des spanischen Banco de Sabadell (XS2471862040). „Käufer finden sich aktuell nicht“, stellt Daniel fest. Die Anlageklasse war nach der Finanzkrise geschaffen worden, damit Investor*innen – und nicht Steuerzahler*innen – für die Kosten einer Insolvenz aufkommen.
Daniel
Profitieren können hingegen klassische Anleihen der Credit Suisse, die zuvor stark gefallen waren. „Aus Credit Suisse- wurden UBS-Anleihen“, bemerkt Brunner. „Das schlägt sich natürlich im Kurs nieder.“ Etwa kletterte der Kurs der bis 2029 laufenden Credit Suisse-Anleihe mit Kupon 7,75 Prozent (<CH1214797172Y) von 73 Prozent auf 104 Prozent. „Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.“
Grenke, Otto und VW gefragt
Normales Geschäft gab es aber auch: Grenke Finance-Bonds mit Kupon von 0,625 Prozent und Laufzeit bis 2025 (<XS2078696866>) wurden erst verkauft, dann gekauft, wie Daniel berichtet. „Dabei hat die Ratingagentur S&P das Rating für Grenke um eine Stufe auf BBB gesenkt.“ Käufe meldet der Händler zudem für Otto-Anleihen mit Kupon von 2,625 Prozent und Fälligkeit 2026 (XS1979274708). Brunner zufolge landeten Papiere von VW mit 1,375 Prozent und Fälligkeit im Oktober dieses Jahres (<XS1893631330>) in den Portfolios. Laut Oechsner ging viel um in Hochtief (DE000A2YN2U2), Evonik (DE000A185QB3), Volkswagen (XS2374594823) und Mercedes-Benz (<DE000A2DADM7>).
Weiter Kursverluste verzeichneten diese Woche Bonds von R-Logitech (<DE000A19WVN8>), Metalcorp (<DE000A3KRAP3>) und der Muttergesellschaft beider Unternehmen MRG Finance (XS1897122278), die mittlerweile nur noch zu 20 Prozent, 16,25 Prozent und 7 Prozent gehandelt werden. Die Unternehmensgruppe gilt als schwer angeschlagen, für Anleihen von Metalcorp und R-Logitech laufen bereits Restrukturierungen.
Mutares-Platzierung geglückt
Vor Ende der Zeichnungsfrist konnte die neue, vierjährige Anleihe der Münchner Beteiligungsgesellschaft Mutares (NO0012530965) platziert werden. „Die Nachfrage ist gut“, stellt Brunner fest. Aktuell wird der Bond zu 101,5 Prozent gehandelt.
Ansonsten war nicht viel los am Neuemissionsmarkt. „Der Risikoappetit ist zu klein, Anleger sind verunsichert, Neuemissionen wurden verschoben“, schildert Oechsner die Lage.
von: Anna-Maria Borse, 24. März 2023, © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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