Die Notenbanker haben diese Woche für rasant steigende Kurse am Anleihenmarkt gesorgt. Der Grund: Sie schürten Hoffnung auf ein baldiges Ende der Zinserhöhungen. Heute hat sich die Lage etwas beruhigt.
3. Februar 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Hoch mit den Kursen, runter mit den Renditen – nach den wichtigen Zinsentscheidungen der Notenbanken diese Woche ging es rund am Rentenmarkt. „Welch eine Woche! Was für Marktbewegungen!“ kommentieren die Analysten der Deutschen Bank. „Die im Vorfeld ordentlich gehypte ‚Woche der Notenbanken‘ wurde ihren Vorschlusslorbeeren vollkommen gerecht.“
„Es war ein Kursfeuerwerk gestern“, berichtet Arthur Brunner, der für die ICF Bank Anleihen auf dem Parkett handelt. Es kam zwar alles wie erwartet: Die US-Notenbank hob den Leitzins am Mittwoch um 0,25 Prozent auf 4,5 bis 4,75 Prozent, die EZB den Einlagenzins am Donnerstag um 0,5 Prozent auf 2,50 Prozent und die Bank of England am selben Tag ihren Leitzins um 0,5 auf 4 Prozent. „EZB-Chefin Christine Lagarde hat zwar zusätzlich eine ebenso große Zinserhöhung für März angekündigt“, stellt Rentenmarktanalyst Hauke Siemßen von der Commerzbank fest. „Liest man allerdings zwischen den Zeilen, könnte man zu dem Schluss kommen, dass der Zinsgipfel danach fast erreicht ist.“
„Wir sind mittlerweile eher am Ende eines Zinserhöhungszyklus, es scheint Licht am Ende des Tunnels“, meint auch Tim Oechsner von der Steubing AG. Rainer Petz von Oddo BHF hält die Marktreaktion eher für übertrieben. „Die Volatilität ist schon seit einigen Monaten extrem hoch, die weitere Entwicklung ist einfach schwer einzuschätzen.“
Renditen: „Krasser Move“ nach unten
Bei den Renditen der Staatsanleihen ging es gestern jedenfalls steil nach unten. „Umgangssprachlich könnte man hier wohl anmerken: krasser Move“, formulieren es die Deutsche Bank-Analysten. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fiel um über 20 Basispunkte von 2,26 auf im Tief 2,03 Prozent. Am Freitagmittag liegt sie wieder bei 2,12 Prozent.
Die Renditen für die bonitätsschwächeren Länder der Eurozone gingen sogar noch deutlicher zurück. Für italienische Staatsanleihen mit Laufzeit von zehn Jahren rutschte sie um 40 Basispunkte auf 3,88 Prozent. „Neben den Aussichten auf ein baldiges Ende des Zinserhöhungszyklus dürften hier die eher bedächtigen Pläne der EZB zum Bilanzabbau beigetragen haben“, kommentiert Hauke Siemßen.
„Anleger haben sich wegen der Unsicherheiten zurückgehalten“, berichtet Brunner aus dem Handel. Er sieht viel Kaufinteresse an einer Anleihe Rumäniens mit 4,625 Prozent bis 2049 (XS1968706876).
Zurückhaltung bei Unternehmensanleihen
Unternehmensnachrichten spielen diese Woche keine große Rolle. „Wenn gekauft wird, dann weiterhin Laufzeiten von zwei bis drei Jahren“, sagt Brunner. Käufe hat er für Bonds von Azerion (SE0015837794) und Paragon beobachtet (DE000A2GSB86), gute Umsätze und leicht sinkende Kurse für Multitude (NO0012702549).
Auch Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank meldet rückläufige Umsätze. „Wer sich positionieren will, hat das offenbar schon vor den Zinsentscheidungen getan.“ Oechsner berichtet von Käufen für einen 2024 fälligen Floater der Deutschen Bank (DE000DB7XLU5) sowie Papiere von Lanxess (XS2383886947), Deutsche Telekom (XS1382791975), Deutsche Bahn (<XS0856032213>) und SAP (<DE000A13SL26>).
Brunner
Kursrutsch bei Adani-Anleihen
Kräftig nach unten ging es für Anleihen der indischen Unternehmensgruppe Adani (USY00130YU53, XS2383328932, USY00130YV37, USY00130VS35). Der Mischkonzern von Gautam Adani, der bis vor kurzem als drittreichster Mann der Welt galt, ist ins Visier des US-Leerverkäufers Hindenburg Research geraten. Dieser wirft Adani vor, ein Netz von Firmen in Steueroasen für die Manipulationen von Einnahmen und Aktienkursen zu nutzen. Erste Banken wenden sich ab: So hat die Schweizer Credit Suisse verkündet, Adani-Anleihen nicht mehr als Sicherheiten für Wertpapierkredite zu akzeptieren. „Wir hatten keine Umsätze, die Quotierungen gingen aber hoch und runter“, stellt Oechsner fest.
von: Anna-Maria Borse, 3. Februar 2023, © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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