Viel Bewegung gibt es bei Staatsanleihen derzeit nicht, dank gemischter Nachrichtenlage. Dafür ist einiges los bei Unternehmens-Bonds, etwa von Hertha BSC, Social Chain oder Paragon. Und Apple kommt mit neuen Bonds auf den Markt.
12. Mai 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Rezessionssorgen, US-Schuldenstreit, Unruhe im Bankensektor auf der einen Seite, nachlassender Zinsdruck auf der anderen: Mit der Gemengelage aus belastenden und stützenden Faktoren ging es diese Woche seitwärts an den Märkten, auch den Rentenmärkten. „Im Handel fehlt derzeit die übergeordnete große Richtung“, stellt Tim Oechsner fest, der für die Steubing AG Anleihen handelt. „Richtig durchsetzen können sich weder Optimisten noch Pessimisten.“ Zehnjährige Bundesanleihen rentieren am Freitagmittag mit 2,25 Prozent und damit in etwa auf dem Niveau vor einer Woche.
In den USA ist eine mögliche Rezession wieder Thema, das Wachstumstempo hat sich schon deutlich verlangsamt. Zudem bereiten die Regionalbanken weiter Sorgen, zuletzt die PacWest. Dazu schwelt der Schuldenstreit weiter. Die Gespräche zwischen Demokraten und Republikanern über die Anhebung der Schuldenobergrenze wurde nun auf Anfang nächster Woche verschoben. „Die Uhr bis zum Juni, an dem es laut Finanzministerin Yellen Probleme mit der Zahlungsfähigkeit der USA geben könnte, tickt allmählich etwas lauter“, kommentiert die Deutsche Bank.
Zinshoffnungen verfrüht?
Was Zinserhöhungen angeht, scheint der Gipfel bald erreicht. Am Markt sind für die Eurozone noch knapp zwei Zinserhöhungen um 25 Basispunkte eingepreist, für die USA Zinssenkungen von über 80 Basispunkten bis Jahresende. Die DekaBank sieht das etwas anders, jedenfalls für die Eurozone. „Die Marktteilnehmer antizipieren für die Eurozone bereits für das kommende Jahr ausgeprägte Leitzinssenkungen“, erklärt Anleiheanalyst Michael Ramon Klawitter. Die Marktteilnehmer orientierten sich allerdings zu stark an den Leitzinserwartungen für die US-Notenbank. „Sie unterschätzen die Persistenz der Inflation im Euroraum sowie die Reaktion der EZB hierauf.“
Hertha: Leiden unter drohendem Lizenzverlust
Umsatzrenner im Geschäft mit Unternehmensanleihen bleibt bei der ICF Bank Grenke (XS2155486942), wie Arthur Brunner bemerkt. Daneben sorgten diese Woche drei Emittenten für hohe Umsätze: „Der drohende Lizenzentzug für Hertha BSC führte zu massiven Kursbewegungen in der Anleihe.“ Vor einer Woche wurde die Fußballclub-Anleihe (SE0011337054) noch zu 97 Prozent gehandelt, zwischenzeitlich waren es nur noch 65 Prozent, am Freitagmorgen 82 Prozent. „Käme es wirklich zum Lizenzverlust, würde die Anleihe wohl ausfallen. Das ist daher eine ganz heiße Wette.“ Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, dass Hertha angesichts der angespannten ökonomischen Lage der Entzug der Bundesliga-Lizenz durch die Deutsche Fußball Liga drohen könnte.
Brunner
Social Chain unter Druck, Paragon gefragt
Federn lassen musste auch der Bond der The Social Chain AG (<DE000A3E5FE7>). Das E-Commerce-Unternehmen, hervorgegangen aus der TV-Show „Höhle der Löwen“ und derzeit von Löwen-Investor und Unternehmer Georg Kofler geführt, kriselt seit einiger Zeit. Der Aktienkurs, der vor anderthalb Jahren über 50 Euro gestiegen war, liegt jetzt bei nur noch 2,70 Euro. Die Anleihe wird aktuell bei 26 Prozent gehandelt. „Diese Woche kam einiges an Verkaufsordern rein, jetzt sieht es nach einer Bodenbildung aus“, meint Brunner.
Viel Umsatz gab es Brunner zufolge außerdem in der Anleihe des Autozulieferers Paragon (DE000A2GSB86). „Da stecken wohl die guten Zahlen zum ersten Quartal dahinter und der Verkauf der Software-Tochter an die Volkswagen-Softwaresparte Cariad.“ Zudem sei eine auf Schweizer Franken lautende Anleihe zurückgezahlt und das Volumen der noch bestehenden Anleihe reduziert worden.
UBM, Porsche, Telekom, VW und Eon beliebt
Bei der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank geht es derzeit ruhig zu. „Besondere, kursbeeinflussende Unternehmensnachrichten gibt es diese Woche bei uns nicht“, berichtet Gregor Daniel. Er meldet gute Umsätze für Anleihen des Wiener Immobilienentwicklers UBM Development: tendenziell Käufe für die 2025 fällige mit Kupon von 2,75 Prozent (AT0000A2AX04), Käufe und Verkäufe für die 2026 fällige mit Kupon von 3,125 Prozent (AT0000A2QS11). Die Renditen auf Grundlage der letzten Umsätze lagen bei 4,92 Prozent und 5,91 Prozent.
Oechsner von der Steubing AG sieht weiter gute Umsätze in der neuen Porsche-Anleihe mit Kupon von 4,5 Prozent und Fälligkeit 2028, die aktuell mit 4 Prozent rentiert (XS2615940215). Viel um gehe außerdem in Papieren der Deutschen Telekom (XS1617898363), Volkswagen (<XS1596735701>, <XS2374595044) und der Deutschen Bank (<DE000DB7XJJ2>), alle mit Laufzeiten bis maximal 2027 und Renditen zwischen 3 und gut 5 Prozent. Ausnahme ist eine bis 2033 laufende Eon-Anleihe (XS0162513211), die ebenfalls viel gehandelt wird.
Apple mit Zinsen bis 4,85 Prozent
Im Neuemissionsmarkt war Brunner zufolge diese Woche einiges los. Zum einen kam Apple mit neuen US-Dollar-Anleihen im Volumen von rund 5 Milliarden US-Dollar auf den Markt, die auch extrem gut ankamen. Für drei Jahre zahlt Apple 4,421 Prozent (US037833ES58), für fünf Jahre 4 Prozent (US037833ET32), für sieben Jahre 4,15 Prozent (US037833EU05), für zehn Jahre 4,3 Prozent (<US037833EV87<) und für 30 Jahre 4,85 Prozent (US037833EW60). Mindestanlagesumme sind 2.000 US-Dollar. Die Zinssätze liegen damit noch leicht oberhalb von US-Staatsanleihen. „Dies ist ein Punkt, über den am Markt eifrig diskutiert wurde. Ist Apple nicht vielleicht gar der stabilere, zahlungskräftigere Schuldner als der amerikanische Staat?“, fragt sich die FAZ angesichts der Querelen um die US-Schuldengrenze.
Auch die Europäische Union platzierte eine Anleihe, diese bietet 2,75 Prozent bis 2026 (EU000A3K4D82). Mindestanlagesumme sind hier 1.000 Euro.
von: Anna-Maria Borse, 12. Mai 2023, © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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