Preiswerte Multi-Asset-ETFs helfen mit einem gut strukturierten Portfolio beim Vermögensaufbau. Wie sich die Konzepte unterscheiden und was diese Strategien leisten, erklärt das ETF Magazin.
22. November 2023. MÜNCHEN (ETF Magazin). An der Börse gibt es nichts geschenkt, heißt es. Es steckt viel Wahres in dieser Erkenntnis. Mehr Rendite heißt mehr Risiko. Trotzdem ist dieser Grundsatz nicht die ganze Wahrheit. „Diversifikation ist das Einzige, was es an der Börse umsonst gibt“, soll der Nobelpreisträger Harry Markowitz gesagt haben. Das Zitat ist nicht verbürgt, aber die Aussage ist richtig. Seit Jahrzehnten setzen Vermögensverwalter rund um den Globus deshalb auf die Kraft der Risikostreuung – und erzielen so auf längere Sicht zuverlässig Rendite.
Nicht nur Vermögensverwalter bauen auf diese Kraft der Diversifikation, sondern auch Mischfonds. Mischfonds investieren gleichzeitig in mehrere Anlageklassen, meist in Aktien und Anleihen, teilweise auch in Rohstoffe und Immobilien. Nicht ganz zu Unrecht zählen Mischfonds besonders in herausfordernden Börsenzeiten zu den Favoriten privater Anleger. Doch leider sind aktiv gesteuerte Mischfonds oft mit saftigen Kosten belastet – und bieten trotzdem nicht immer eine überzeugende Leistung. Portfolio-ETFs, die auch Multi-Asset-ETFs genannt werden, sind eine preiswerte und zugleich erfrischend transparente Alternative zu aktiven Mischfonds.
Der erste in Deutschland aufgelegte Multi-Asset-ETF ist der Xtrackers Portfolio ETF, der auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 an den Start ging und heute der größte hierzulande verfügbare Portfolio-ETF ist. Das Original gibt es seit einigen Jahren auch in einer defensiveren Ausführung als Xtrackers Portfolio Income ETF. 2016 legte Comstage einen ausgewogenen PortfolioETF auf, dem wenige Jahre später eine defensivere und offensivere Variante folgten. Comstage gehört inzwischen der französischen Fondsgesellschaft Amundi, ebenso ihre drei Portfolio-ETFs. Deutlich jünger sind die Portfolio-ETFs der beiden großen US-ETF-Anbieter Blackrock und Vanguard. Sie bieten seit rund drei Jahren Multi-Asset-ETFs in drei respektive vier Ausführungen an.
Wer einen Blick auf die Datenblätter der PortfolioETFs wirft, sieht sofort: Sie sind deutlich preiswerter als traditionelle Mischfonds. Der typische Mischfonds ist mit laufenden Kosten von 1,5 Prozent bis zwei Prozent pro Jahr belastet. Portfolio-ETFs bieten eine ähnliche Leistung zu einem Bruchteil der Kosten. So kosten die Portfolio-ETFs von Blackrock oder Vanguard nur 0,25 Prozent pro Jahr. In der Konsequenz bleibt dem ETF-Investor mehr Rendite übrig.
Überzeugende Leistungen
Beim Blick auf die Rendite brauchen sich vor allem die schon länger verfügbaren Portfolio-ETFs ohnehin nicht schämen. So schaffte der Xtrackers Portfolio ETF im Schnitt der letzten drei Jahre einen mittleren Wertzuwachs von 4,1 Prozent pro Jahr. Der Amundi Multi-Asset Portfolio kam auf ein Jahresplus von 5,1 Prozent. Der durchschnittliche aktiv gesteuerte global anlegende Mischfonds mit ausgewogenem Portfolio erwirtschaftete in den vergangenen drei Jahren eine mittlere Jahresrendite von 1,8 Prozent. Ein aktienbetonter global anlegender Mischfonds kam im gleichen Zeitraum auf eine durchschnittliche Jahresrendite von 4,2 Prozent. Das berechnete der Deutsche Fondsverband BVI.
Wer in einen Mischfonds investiert, schaut jedoch nicht ausschließlich auf die Rendite, sondern sorgt sich auch um seine Nerven und will eine relativ gleichmäßige Wertentwicklung. Ansonsten wäre ja ein Aktienfonds die bessere Wahl. Der nervt zwar mit größeren Kursausschlägen, produziert aber auf Sicht vieler Jahre höchstwahrscheinlich eine höhere Rendite als ein gemischtes Portfolio mit Aktien und Anleihen. Das zeigen die Börsendaten der vergangenen Jahrzehnte.
Portfolio-ETFs punkten aber auch bei der Volatilität. Nach den Berechnungen der Fondsrating-Agentur Morningstar war sowohl die Volatilität des Xtrackers Portfolio ETFs als auch die des Amundi Multi-Asset Portfolio ETFs über die vergangenen drei Jahre nur etwa halb so hoch wie die Volatilität des Aktienmarkts in Deutschland und der Eurozone. Für die jüngeren ETFs von Blackrock und Vanguard sind noch keine Daten verfügbar. Große aktiv gesteuerte Mischfonds wie der Carmignac Portfolio Patrimoine Europe oder der Flossbach von Storch Multiple Opportunities R liegen mit ihrer Volatilität zwar noch etwas unten den beiden Portfolio-ETFs, erwirtschafteten in den vergangenen drei Jahren jedoch auch niedrigere Renditen.
Weniger Risiken
Eine bessere Vergleichbarkeit der Leistungen ermöglicht die Kennzahl Sharpe Ratio, die anzeigt, wie gut eine Anlegerin oder ein Anleger für das eingegangene Risiko entschädigt wird. Je höher die Sharpe Ratio, desto besser. Zur Berechnung der Kennzahl werden Daten aus der Vergangenheit herangezogen: die erzielte Rendite und die Volatilität, als Maß für das Risiko. Morningstar errechnete eine Drei-JahresSharpe-Raito für den Xtrackers ETF von 0,42 und für den Amundi ETF von 0,56. Die oben genannten Mischfonds von Carmignac und Flossbach von Storch erreichten weniger als die Hälfte dieser Werte.
Doch nicht nur in Hinblick auf ihre Kursschwankungen tragen die Portfolio-ETFs ein überschaubares Risiko. Auch was ihre Anlagestrategie und die PortfolioZusammensetzung betrifft, gibt es geringe bis gar keine Unsicherheit. Wie alle ETFs veröffentlichen auch die Portfolio-ETFs täglich, welche Vermögenswerte in ihrem Portfolio stecken. Erfahrene Anlegerinnen und Anleger können sich schon dadurch schnell ein relativ gutes Bild über Anlageschwerpunkte und -strategien der ETFs machen.
In den Multi-Asset-ETFs stecken jeweils etwa zehn bis 20 verschiedene ETFs, die meist bekannte Indizes abbilden, wie beispielsweise den Stoxx Europe 600, den MSCI World oder den Bloomberg Global Aggregate. Der ETF-Mix im Portfolio wird darüber hinaus gar nicht oder nur selten verändert. Amundi und Vanguard halten bei ihren Portfolio-ETFs stets an der jeweils definierten Allokation fest und führen nur regelmäßig das (durch Kursbewegungen womöglich veränderte) Gewicht der einzelnen ETFs wieder auf die Ausgangsbasis zurück. Xtrackers und Blackrock ändern die Gewichtungen etwas aktiver, bleiben dabei allerdings innerhalb eines klar definierten Rahmens. Auch diese Transparenz gibt es bei Portfolio-ETFs umsonst.
Der Pionier
Schon im Herbst 2008 startete die Fondsgesellschaft DWS mit ihrem Multi-Asset-ETF. Der Xtrackers Portfolio ETF war damit die erste in Deutschland angebotene kostengünstige ETF-Alternative zu herkömmlichen Mischfonds. 15 Jahre später zeigt sich, dass der Plan aufgegangen ist (s. Grafik). Der Portfolio ETF investiert mit einem Anteil von 30 bis 70 Prozent in Aktien-ETFs, während der jeweilige Rest in Anleihen angelegt wird. Die Anleihen für kalkulierbare Erträge sorgen, die Aktien für mehr Rendite. Die tatsächliche Zusammensetzung des ETF wird mehrmals im Jahr von einem Strategiekomitee überprüft und an die aktuelle Marktsituation angepasst. Derzeit setzt sich das ETF-Portfolio etwa je zur Hälfte aus Aktien und Anleihen zusammen. Entscheidend für den Anlageerfolg sei aber nicht allein die Gewichtung der Anlageklassen, erklärt der Finanzmathematiker Andreas Beck, Leiter des Strategiekomitees und geistiger Vater des Fonds. Entscheidend sei das theoretische Fundament, auf dem der ETF stehe. So ziele der Portfolio-Mix darauf ab, systematisch bestimmte Risikoprämien zu vereinnahmen. Solche Risikoprämien gibt es nicht nur bei Aktien, sondern auch bei Anleihen. Der Portfolio-ETF setzt dazu auf internationale ValueAktien, europäische und amerikanische Nebenwerte, Schwellenländeraktien und Qualitätsaktien. Bei den Zinspapieren kommen neben Pfandbriefen auch Unternehmens- und Schwellenländeranleihen zum Einsatz. „Diese Mischung bringt nicht nur mehr Rendite, sondern auch eine gute Risikobalance“, versichert Beck.
Feste Grenzen
Drei Portfolio-ETFs hält der französische ETF-Riese Amundi bereit. Alle haben ein breit gestreutes Portfolio aus Aktien, Anleihen und Rohstoffen mit einem leichten Schwerpunkt auf dem deutschen Heimatmarkt. Dieser Fokus ist kein Zufall, denn die ETFs wurden ursprünglich vom deutschen ETF-Anbieter Comstage aufgelegt, die vom ETF-Anbieter Lyxor übernommen wurde, der heute zu Amundi gehört. Der ausgewogenen Amundi Portfolio ETFs kann deshalb bereits auf sieben Jahre Erfolgsgeschichte zurückblicken. Dieser Amundi Multi-Asset Portfolio ETF hält immer ziemlich genau 60 Prozent Aktien, 30 Prozent Anleihen und zehn Prozent Rohstoffe. Dazu investiert er streng regelbasiert und ohne aktives Management immer in dieselben fünf Aktien-ETFs sowie in drei Renten-ETFs und einen ETF, der einen Bloomberg-Rohstoffindex abbildet. Auf der Aktienseite dominieren Aktien aus Industrieländern, zehn Prozent des ETF-Portfolios bestehen aber auch aus Aktien der Schwellenländer. Auf der Rentenseite beschränkt sich der ETF auf europäische und amerikanische Staatsanleihen mit überwiegend längeren Laufzeiten sowie auf deutsche Pfandbriefe. Damit erzielte er in den vergangenen fünf Jahren eine durchschnittliche Rendite von gut fünf Prozent pro Jahr bei einer Volatilität, die nur etwa halb so hoch war wie die des Aktienmarktes der Eurozone. Der defensive Amundi Portfolio ETF schwankte deutlich weniger, erzielte aber auch nur etwa die Hälfte der Rendite. Der offensive ETF erzielte dagegen eine höhere Rendite bei etwas höherer Volatilität.
Feine Nuancen
Der auf kostengünstige Indexfonds spezialisierte US-Fondsriese Vanguard hat seit langem Multi-Asset-Fonds im Programm. Die ersten seiner „LifeStrategy“-Fonds wurden bereits 1994 aufgelegt. In Deutschland bietet Vanguard seine ETF-Dachfonds seit Ende 2020 an. Diese „LifeStrategy“-Fonds gibt es in vier verschiedenen Varianten, die sich jeweils in der Höhe des Aktienanteils unterscheiden. Der defensivste Portfolio-ETF enthält 20 Prozent Aktien, der offensivste 80 Prozent. Der verbleibende Portfolioanteil wird jeweils mit risikoarmen Anleihen aufgefüllt: überwiegend Staatsanleihen sowie Unternehmensanleihen mit guter Bonität. „Die Renteninvestments sollen in erster Linie Stabilität ins Portfolio bringen“, erklärt Andreas Zingg, Head of Multi-Asset-Solutions bei Vanguard Deutschland. Währungsrisiken, die sich für Euroland-Anleger aus ETF-Investments in ausländischen Anleihen ergeben, werden daher vollständig abgesichert. Aktives Management und taktische Umschichtungen gibt es bei den Vanguard Portfolio ETFs nicht. Lediglich einmal im Jahr wird die ursprüngliche Gewichtung wiederhergestellt. Die Gewichtung innerhalb der beiden Anlageklassen ergibt sich aus der Marktkapitalisierung der weltweiten Aktien- und Rentenmärkte. Vanguard orientiert sich dabei an der Allokation desFTSE World Aktienindex und auf der Rentenseite am Bloomberg Global Aggregate Index. Dadurch dominieren sowohl auf der Aktien- als auch auf der Anleihenseite US-Papiere. In den vergangenen Jahren war dies jedoch nicht unbedingt von Nachteil.
Aktives Management
Fast auf den Tag genau vor drei Jahren startete der ETF-Weltmarktführer Blackrock (iShares) mit seinen Portfolio-ETFs in Deutschland. Die Blackrock ESG Multi-Asset Portfolio-ETFs gibt es in drei Varianten: von defensiv über ausgewogen bis renditeorientiert. Je nach Risikoneigung variiert die Aktienquote zwischen 20 und 85 Prozent. Die ausgewogene Variante, der Blackrock ESG Multi-Asset Moderate Portfolio-ETF, kommt mit einer Aktienquote von 51 Prozent daher und verspricht eine Volatilität von fünf bis zehn Prozent. Zum Vergleich: Die Volatilität des Euro-Stoxx-50-Index liegt bei 19 Prozent. Jeder der drei Blackrock Portfolio-ETFs investiert in rund 20 iShares-ETFs, die wiederum vorwiegend große Aktien aus Industrieländern sowie Anleihen mit hoher Bonität enthalten. Alle in den Portfolio-ETFs enthaltenen Einzelfonds berücksichtigen zudem ausdrücklich Nachhaltigkeits- bzw. ESG-Kriterien. Die genaue Zusammensetzung des Portfolios innerhalb der vorgegebenen Aktien- und Anleihengewichtung wird dann von den BlackRock-Fondsmanagern entsprechend ihrer Markteinschätzung aktiv gesteuert. Bei ihren Allokationsentscheidungen stützt sich das Fondsmanagement zusätzlich auf Signale der fundamentalen und quantitativen Modelle von BlackRock. Währungsrisiken für Anleger aus dem Euroraum werden größtenteils minimiert, vor allem im Rentenbereich: „Wir bevorzugen es, alle festverzinslichen Anlagen abzusichern, mit Ausnahme von Schwellenländeranleihen in lokaler Währung“, erklärt Fondsmanager Rafael Iborra.
Von Uli Kühn, September 2023, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
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