Es gibt viele ETFs mit einem nachhaltigen Anlagefokus. Doch nur wenige investieren ganz gezielt in Unternehmen, die gegen den Treibhauseffekt und für eine bessere Welt kämpfen. Das ETF-Magazin nennt einige.
Januar 2020. MÜNCHEN (ETF Magazin). Ein wichtiger Schritt, aber immer noch keine echte Klarheit – auf diesen Nenner lässt sich die seit März 2021 geltende EU-Offenlegungsverordnung bringen. Für Anleger*innen, die nicht Insider in Sachen Nachhaltigkeit sind, bleibt die Lage unübersichtlich.
Das fängt bei den Begrifflichkeiten an: Mal sprechen die Fondsanbieter neudeutsch von Sustainability, mal wird der Investmentansatz mit dem Akronym ESG abgekürzt – für Environment (Umwelt), Social (Gesellschaftliches) und Governance (Unternehmensführung). Auch SRI wird gern zur Bezeichnung einer nachhaltigen Investmentstrategie verwendet, auch wenn sich der Zusammenhang damit nicht sofort erschließt. SRI steht für Socially Responsible Investing, also für Investments mit gesellschaftlicher Verantwortung.
Klare Ziele gefragt?
Wer mit seinem Kapital gezielt auf eine bessere Welt hinwirken will, muss die ETF-Konzepte genau vergleichen – oder gleich zu einem ETF greifen, der gezielt in Aktien von Unternehmen investiert, die zum Schutz der Umwelt und zur Eindämmung des Klimawandels beitragen. Ein Vorreiter auf diesem Gebiet ist der BNP-Paribas-Easy-Low-Carbon-100-Europe-ETF. Er repliziert einen bereits 2008 von der Börse Euronext geschaffenen Index. Dieser bildet die Wertentwicklung von 100 großen europäischen Unternehmen ab, die nicht nur ein hohes Rating in den Bereichen Umweltschutz, gesellschaftliche Verantwortung und Unternehmensführung (ESG) haben, sondern außerdem mit den geringsten Kohlenstoffemissionen glänzen.
Aus dem Ausgangsuniversum gelangen 85 bis 90 Aktien ins Portfolio, wobei grundsätzlich keine Unternehmen infrage kommen, die mit fossilen Brennstoffen zu tun haben. Zu diesen kommen weitere zehn bis 15 Firmen, die für das Thema Energiewende stehen. Experten eines Energie-Beratungsunternehmens und einer Umweltorganisation wählen diese „grünen“ Werte einmal pro Jahr anhand von zwei Kriterien aus. Die zur Auswahl stehenden Unternehmen müssen mindestens 50 Prozent ihres Umsatzes mit CO2-armen Technologien erwirtschaften und zu einem der folgenden sechs Sektoren gehören: alternative Energien, Bau, Strom, elektrische und elektronische Ausrüstung, industrielles Engineering und Verkehr. Der Fonds investiert insbesondere in solche Unternehmen, die nicht nur durch ihre operative Leistung einen positiven Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten, sondern auch durch die Produkte, die sie an ihre Kunden verkaufen.
Als die Europäische Union Ende 2019 das an ihren Klimazielen orientierte Klassifizierungssystem verabschiedete, schuf sie zwei neue Klima-Indizes: die kohlenstoffarme EU-Klima-Benchmark, auf Englisch EU Climate Transition Benchmark, abgekürzt CTB, und die EU-Paris-aligned-Benchmark, kurz PAB. Für die PAB werden Aktien so zusammengestellt, dass die Treibhausgasemissionen des Benchmark-Portfolios zu dem 1,5-Grad-Ziel passen, das die Pariser Klimakonferenz für die langfristige Erderwärmung festgelegt hat. In ähnlicher Weise werden die CTB-Werte ausgewählt und gewichtet, sodass ein Portfolio mit Emissionsvermeidern entsteht, das den EU-Wünschen entspricht.
Zahlreiche neue ETFs bilden jeweils eine der beiden Klima-Indexarten ab und tragen zur Unterscheidung in der Regel meist entweder CTB oder PAB im Namen. Beispielsweise der Amundi-MSCI-World- Climate-Transition-CTB-ETF. Er enthält die Aktien des traditionellen MSCI-World-Index, gewichtet sie jedoch anders: Erhöht wird das Gewicht jener Unternehmen, die von den Chancen beim Übergang zu einer CO2-ärmeren Wirtschaft profitieren können. Verringert wird das Engagement in Aktien, für die dieser Übergang mit Risiken behaftet ist. IT-Titel machen in diesem ETF gut ein Viertel des Fondsvolumens aus.
Auf die Seite der Paris-Aligned-ETFs hat sich dagegen der Lyxor-Net-Zero-2050-S&P-Eurozone-Climate-PAB-ETF geschlagen. Er will mithelfen, die CO2-Emissionen in der Euro-Zone bis 2050 auf null herunterzufahren. Ausgangspunkt ist wie in den meisten Nachhaltigkeits-ETFs ein traditionelles Börsenbarometer, diesmal der S&P-Eurozone-Large-Mid-Cap-Index. Durch eine Neugewichtung wird dann auch dieser Index in den Dienst des Klimaschutzes gestellt. Wie der ETF-Name schon sagt, bietet der Fonds Zugang zu großen und mittelständischen Unternehmen aus der Euro-Zone, unter anderem Adidas, Siemens, SAP, Sanofi-Aventis, L’Oréal und ASML.
Null Emissionen
Der neue iClima-Global-Decarbonisation-Enablers-ETF von HANetf wählt einen radikaleren Weg. Nach der Maxime „Weniger schlecht ist nicht gut genug“ reicht dem Fonds nur eine Reduzierung der CO2-Emissionen nicht. „Der ETF ist einzigartig, weil er den Fokus auf die Vermeidung von CO2-Emissionen legt – und das von Beginn an. Dadurch fördert er sogenannte Klimachampions, deren Produkte einen positiven Beitrag zur Lösung des Klimawandels leisten“, sagt Gabriela Herculano. Sie ist CEO von iClima Earth, einem Indexanbieter aus London, der den Fonds gemeinsam mit HANetf aufgelegt hat.
Da aus Sicht von iClima Earth die beste Dekarbonisierungsstrategie darin besteht, erst gar kein CO2 zu emittieren, nutzt das Unternehmen die Rechengröße „Potential Avoided Emissions“ als wichtigste Kennzahl. „Mit unserem Research spüren wir die Innovationen und Technologien auf, die den Klimawandel bekämpfen helfen“, verspricht Herculano. „Unsere Indizes stellen dann eine umfassende Auswahl an Unternehmen mit disruptiven Lösungen zusammen.“ Im iClima-Global-Decarbonisation-Enablers-ETF finden sich Aktien von Unternehmen aus den Bereichen „grüne Energie“, „umweltfreundlicher Transport“, „Wasser- und Abfallverbesserungen“, „Lösungen zur Vermeidung von CO2“ und „nachhaltige Produkte“.
Ein weiterer ETF von BNP Paribas nähert sich dem Umweltschutz aus einer anderen Richtung. Der BNP-Paribas-Easy-ECPI-Circular-Economy-Leaders-ETF bricht mit der Vorstellung, dass ein gerader Weg am besten zum Ziel führt. „Seit der industriellen Revolution haben Menschen die Wirtschaft linear organisiert: Abbau der Rohstoffe, Produktion, Vertrieb, Konsum, Abfallentsorgung“, sagt Claus Hecher, Head of Business Development ETFs and Index Solutions bei BNP Paribas Asset Management. Ein solches System nutze natürliche Ressourcen als Einsatz für eine Fertigung, die Massenware produziert, die oft genug nur einmal genutzt und dann entsorgt wird.
Eine Kreislaufwirtschaft oder Circular Economy sei dagegen ein regeneratives System, das sich an drei Maximen orientiere: weniger, länger und cleverer. Durch die wiederholte Verwendung von Rohstoffen und Produkten sollen der Ressourceneinsatz und der Abfall minimiert werden, ebenso Emissionen und Energieverschwendung. Zu einer Circular Economy gehöre zudem, dass „die Konsumenten Produkte vermehrt leasen oder teilen und dass Unternehmen ihren Kunden eher den Zugang zu Waren und Dienstleistungen bereitstellen als das Eigentum an ihnen“.
Im Circular-Economy-Leaders-Equity-Index finden sich 50 Großunternehmen aus den Industriestaaten, die „sich den Chancen und Herausforderungen stellen, die eine Kreislaufwirtschaft bietet“. Das ETF-Portfolio bzw. den dafür verwendeten Index komponiert das italienische ESG-Institut ECPI. Die Italiener greifen dabei zu Aktien von Unternehmen, die direkt zu einer Kreislaufwirtschaft gehören, also beispielsweise Recycling-Spezialisten oder Anbieter erneuerbarer Energien. Dazu kommen dann noch Titel, die stark profitieren dürften, wenn sie ihr Geschäftsmodell auf eine Circular Economy umstellen. Dazu zählen sie vor allem energie- und rohstoffintensive Unternehmen.
Auch Rahul Bhushan kann dem Konzept der Kreislaufwirtschaft viel abgewinnen. Bhushan ist Co-Gründer des jungen britischen ETF-Anbieters Rize ETF, der sich auf Themen-ETFs spezialisiert hat. Auch die EU habe Recycling als eines von sechs Zielen in ihrer ESG-Taxonomie festgeschrieben, erklärt Bhushan – und der im Juli aufgelegte Rize-Environmental-Impact-100-ETF habe sich genau diesen EU-Zielen verpflichtet. „Die Ziele umfassen neben der Begrenzung und Abschwächung des Klimawandels auch die Bekämpfung der Umweltverschmutzung“, sagt Bhushan. „Um diese Ziele zu unterstützen, investieren wir in die 100 innovativsten Unternehmen, die davon profitieren, dass sie Lösungen für die drängendsten Klima- und Umweltherausforderungen entwickeln und anwenden.“
Taxonomie im Blick
In Zusammenarbeit mit dem ESG-Spezialisten Sustainable Market Strategies sucht Rize ETF für diesen Impact-ETF nach Unternehmen aus den Bereichen „sauberes Wasser“, „Elektrofahrzeuge“, „erneuerbare Energien und Wasserstoff“, „Energieeffizienz“, „Abfall und Kreislaufwirtschaft“ sowie naturbasierte Lösungen. „Ein Beispiel ist Arcadis, ein Infrastrukturspezialist aus den Niederlanden. Er bietet Ingenieurslösungen, mit denen Küstenregionen vor Hochwasser geschützt werden, und fällt somit in den Bereich der Anpassung an den Klimawandel“, erklärt Bhushan.
Ziel des Rize-ETF sind Anlageergebnisse, die der Kurs- und Renditeentwicklung des Foxberry-SMS-Environmental-Impact-100-Index entsprechen. Statt an klassischen Kategorien wie Sektoren, Unternehmensgröße und geografischer Verteilung orientiert sich die Zusammensetzung des Fonds allerdings an Umweltthemen – und die verfolgen oft weniger bekannte Unternehmen. Unter den 100 Titeln im ETF-Portfolio finden sich zwar einige sehr hoch kapitalisierte Aktien wie Tesla, aber mehrheitlich enthält der ETF mittelgroße bis kleinere Spezialisten.
von: Alfons Niederländer, Dezember 2021, © ETF Magazin
Dieser Artikel stammt aus dem aktuellen ETF Magazin. Das ETF Magazin erscheint quartalsweise in Zusammenarbeit mit Focus Money und richtet sich an Berater, Vermögensverwalter und Portfoliomanager, ist aber sicher auch für informierte Anleger interessant.
Uhrzeit | Titel |
---|