Dividendenaktien versprechen Stabilität in unruhigen Zeiten und bringen auf Dauer ordentlich Rendite. Mit den richtigen ETFs für Dividendenaktien gelingt die Umsetzung des bewährten Konzepts, weiß das ETF Magazin.
27. Mai 2025. MÜNCHEN. (ETF Magazin). Dividendenaktien versprechen Stabilität in unruhigen Zeiten und bringen auf Dauer ordentlich Rendite. Mit den richtigen ETFs für Dividendenaktien gelingt die Umsetzung des bewährten Konzepts
Dividendenfans können sich freuen: In diesem Jahr werden die Aktiengesellschaften der Welt voraussichtlich so viel Dividenden ausschütten wie niemals zuvor. Die Analysten der britischen Fondsgesellschaft Janus Henderson prognostizieren einen Ausschüttungsrekord von 1,83 Billionen Dollar. Das wäre noch einmal fünf Prozent mehr als im bisherigen Rekordjahr 2024. 88 Prozent der Unternehmen haben im vergangenen Jahr ihre Dividende erhöht oder konstant gehalten. Dennoch waren Dividendenaktien bei Anlegern nicht allzu beliebt. Gefragt waren vor allem Tech-Titel und Wachstumsaktien. Doch inzwischen sieht unsere Welt anders aus – und plötzlich sind Dividendentitel wieder ein vorteilhaftes Investment.
„Wachstumsaktien sind oft von erheblicher Volatilität geprägt und profitieren von zukünftigem Potenzial. Dividendenaktien bieten stabilere und vorhersehbarere Cashflows“, erklärt Marcus Weyerer, Director of ETF Investment Strategy bei Franklin Templeton. Aufgrund des vorhersehbaren Cashflows sei es bei einer Dividendenaktie leichter, ihren fundamentalen Wert zu schätzen als bei einer Wachstumsaktie, deren Bewertung viel stärker von den erhofften Erfolgen in der Zukunft abhängt. Dividendenaktien könnten daher als Absicherung in einem diversifizierten Portfolio dienen. „Ihre Attraktivität liegt in ihrem Beitrag zur Minderung der Gesamtvolatilität bei Marktrückgängen, während sie gleichzeitig ein erhebliches langfristiges Aufwärtspotenzial bieten“, befindet der Anlagestratege.
Nach seinen Berechnungen haben Dividendenstrategien immer wieder ihre defensiven Eigenschaften bewiesen – über verschiedene Regionen und Zeiträume hinweg. In den drei Jahren bis Ende 2024 seien sowohl die Volatilität als auch die maximalen Rückgänge für Dividendenzahler niedriger ausgefallen als am amerikanischen oder europäischen Gesamtmarkt. Insbesondere im August 2024, als die Tech-Giganten erstmals ins Straucheln gerieten, hätten sich Dividendenaktien vergleichsweise gut gehalten.
„Dividenden verleihen Portfolios Stabilität“, sagt auch Hans-Jörg Naumer, Leiter Kapitalmarktanalyse bei Allianz Global Investors (AGI) und Autor der jährlichen AGI-Dividendenstudie. Seinen Berechnungen zufolge liegt die „durchschnittliche Aktienvolatilität von Dividendenzahlern signifikant und systematisch unter der der Nichtzahler“. Ein Grund: Dividenden entwickeln sich stetiger als die Unternehmensgewinne. Die Unternehmen tendierten dazu, ihre Dividendenpolitik beizubehalten und Dividenden eher zu erhöhen als zu senken. „Es gilt die Faustregel: Dividenden schwanken weniger als die Gewinne und weniger als die Aktienkurse“, erläutert Naumer.
Bewährter Rendite-Faktor. Zudem lieferten Dividenden „historisch betrachtet einen signifikanten Beitrag zur Gesamtrendite von Aktien“. Welche Bedeutung regelmäßige Dividenden für den Gesamtertrag eines Aktieninvestments haben, zeigt sich besonders eindrucksvoll am Euro-Stoxx-50-Index. Als Kursindex, also ohne Dividenden, kommt der Index seit 1995 auf eine Rendite von mehr als 300 Prozent. In der Net-Return-Variante, mit regelmäßig reinvestierten und versteuerten Dividenden, kommt der Euro Stoxx 50 dagegen auf eine Rendite von 800 Prozent. Ähnliches gilt für die Wall Street. Seit 1926 haben Dividenden fast ein Drittel zur Gesamtrendite von US-Aktien beigetragen. In der Zeit von 1980 bis 2019, in der die Zinsen stark gefallen sind, stammten sogar 75 Prozent der Renditen des S&P 500 Index aus Dividenden.
2024 fiel das Dividendenwachstum besonders kräftig in Europa, Japan und den Vereinigten Staaten aus. Aber auch einige Schwellenländer wie etwa Indien und Südkorea legten ordentlich zu. In Deutschland sank die Ausschüttungssumme 2024 hingegen leicht, weil Bayer, BMW und Fresenius die Dividende erheblich kürzten. Das Gesamtbild blieb jedoch positiv: 89 Prozent der deutschen Unternehmen haben ihre Dividende entweder erhöht oder konstant gehalten.
Das weltweite Dividendenwachstum wurde 2024 auch unterstützt von Unternehmen, die zum ersten Mal überhaupt eine Dividende zahlten. Es waren vor allem große Technologieunternehmen, bislang eher bekannt als dividendenlose Wachstumswerte. Im vergangenen Jahr schütteten unter anderem Meta Platforms, Alphabet und Alibaba erstmals Dividenden aus. Und nicht zu knapp: Mit zusammen 15,1 Milliarden US-Dollar waren die drei Tech-Riesen für ein Fünftel des globalen Dividendenwachstums 2024 verantwortlich. Auch der größte Dividendenzahler der Welt ist eine Technologie-Ikone: Fast 23 Milliarden US-Dollar Dividende schüttete Microsoft aus. Neben der Tech-Branche bringt der Finanzsektor Geldregen für Anleger. Banken und Versicherungen profitieren von steigenden Zinsen und besseren Margen. Telekom-Riesen, Bauunternehmen und Konsumgüterhersteller erhöhten ebenfalls ihre Dividenden kräftig.
Breites ETF-Angebot
Wer mit einem ETF in Dividendenaktien investieren will, kann auf ein großes Angebot zurückgreifen. Mehr als 100 solcher ETFs werden an Xetra gehandelt. Sie alle investieren in Aktien von Unternehmen, die attraktive Dividenden in Aussicht stellen. Doch ETFs mit Dividendenstrategie sind nach keinem einheitlichen Muster gestrickt. Vielmehr ist die Auswahl breit gefächert. Neben global anlegenden ETFs gibt es ETFs, die nur in europäische oder amerikanische Dividendenaktien investieren. Regelmäßig ausschüttende Dividenden-ETFs sind ebenso verfügbar wie thesaurierende, bei denen die Dividenden nach der Ausschüttung im ETF verbleiben und sofort wieder reinvestiert werden. Auch das Thema Nachhaltigkeit hat bei einigen Dividenden-ETFs inzwischen Einzug erhalten.
Der regionale Fokus und die Ertragsverwendung des ETFs sind durch die Angaben in unserer ETF-Datenbank ab Seite 52 leicht erkennbar. Etwas schwerer ist der Durchblick bei den unterschiedlichen Ansätzen, die von den ETFs zur Auswahl der Aktien angewendet werden.Bei der Bewertung der Strategien gilt es, einige grundsätzliche Punkte zu berücksichtigen. So ist eine hohe Dividendenrendite nur ein erstes Indiz für den Wert einer Dividendenaktie. Denn auch die höchste Ausschüttung nutzt wenig, wenn der Aktienkurs auf Sinkflug geht. Die Dividendenrendite reicht deshalb nicht als alleiniges Auswahlkriterium.
Eine sehr hohe Dividendenrendite kann sogar ein Warnsignal sein: Berichtet ein Unternehmen schlechte Zahlen, wird es vom Markt abgestraft. Der daraufhin sinkende Aktienkurs treibt die Dividendenrendite in die Höhe. Wichtig ist deshalb auch, dass eine Aktiengesellschaft über ausreichend Ertragskraft verfügt, um über einen längeren Zeitraum stabile oder steigende Dividenden zahlen zu können.Dies erfordert ein krisensicheres Geschäftsmodell, wie es oft bei Unternehmen aus der Energieversorgung, Pharmabranche oder dem Konsumgütersektor der Fall ist.
Aber auch Marktposition und Strategie spielen eine Rolle. Unternehmen mit starken Wettbewerbsvorteilen und hohen Markteintrittsbarrieren sind eher in der Lage, nachhaltig Gewinne zu erwirtschaften – und Teile davon als Dividenden auszuschütten. Ebenso wichtig ist ihre finanzielle Gesundheit. Gute Dividendentitel haben in aller Regel eine solide Bilanz, niedrige Verschuldung sowie einen positiven Cashflow und schütten nur etwa die Hälfte ihres Gewinns an die Aktionäre aus. Eine zu hohe Ausschüttungsquote kann also ein Zeichen für zu geringe Wachstumsinvestitionen sein.
Moderne Dividenden-ETFs versuchen, diese Faktoren bei der Titelauswahl zum Teil zu berücksichtigen. Welche Ansätze sich bewährt haben, zeigen die folgenden ETFs. Ein nicht allzu komplexes Modell hat der Vanguard FTSE All World High Dividend Yield ETF. Die Auswahl der Unternehmen basiert bei diesem ETF in erster Linie auf ihrer prognostizierten Dividendenrendite für die nächsten zwölf Monate. Unternehmen, deren Dividendenrendite unterdurchschnittlich ist, werden nicht berücksichtigt. Bei der Wertentwicklung kann der ETF trotz seines eher simplen Konzepts mit der Konkurrenz mithalten.
Und er glänz mit relativ niedrigen laufenden Kosten von 0,29 Prozent pro Jahr. Vielleicht ist er auch deshalb der größte global anlegende Dividendenaktien-ETF in Europa. Der Vanguard-ETF hält aktuell 2147 Aktien. Er bildet damit den FTSE All World High Dividend Yield Index repräsentativ nach, der rund 200 mehr Titel enthält. Im ETF-Portfolio finden sich Aktien großer Unternehmen, vor allem aus Industrieländern, aber auch einige Schwellenländertitel. Außen vor bleiben Immobiliengesellschaften.
Der iShares MSCI World Quality Dividend ESG ETF berücksichtigt bei der Titelauswahl noch weitere Kriterien. Er enthält knapp 200 Aktien aus dem MSCI World Index mit überdurchschnittliche Dividendenrendite und einer konsistenten und nachhaltigen Dividendenpolitik. Gemessen wird dies anhand der Ausschüttungsquote. Unternehmen mit negativer Quote kommen nicht ins Portfolio. Eine negative Ausschüttungsquote tritt auf, wenn ein Unternehmen trotz eines Verlustes Dividenden ausschüttet, also die Dividenden aus Reserven oder mit Fremdkapital finanziert. Dadurch könnte die finanzielle Stabilität des Unternehmens beeinträchtigt werden.
Doch nicht nur eine negative Quote kann schädlich für die Stabilität sein, auch eine zu hohe Ausschüttungsquote, kann ein Indiz dafür sein, dass die Dividendenpolitik des Unternehmens nicht nachhaltig ist. Deshalb werden bei diesem ETF aus jeder Branche die oberen fünf Prozent der Unternehmen mit den höchsten positiven Ausschüttungsquoten ausgeschlossen. Zusätzlich zur Dividendenqualität spielen beim iShares MSCI World Quality Dividend ESG ETF dann noch Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien eine Rolle. Unternehmen aus kontroversen Geschäftsfeldern dürfen nicht ins Portfolio. Außerdem investiert der bevorzugt in Unternehmen mit niedrigen Kohlenstoffemissionen.
Komplexer wird es beim VanEck Morningstar Developed Markets Dividend Leaders ETF. Dieser setzt auf hohe Dividendenrenditen und zusätzlich auf Dividendenwachstum. Der bereits 2016 aufgelegte ETF investiert weltweit in 100 große Aktiengesellschaften. Ausgewählt werden die Titel aufgrund ihrer Dividendenrendite und der Aussicht auf steigende Dividenden. Investiert wird ferner nur in Aktien von Gesellschaften, die weniger als 75 Prozent ihrer erwarteten Gewinne ausschütten. Gewichtet werden die Aktien im Index auf Grundlage ihrer absoluten Dividenden. „Dies ist ein weiterer Mechanismus, um das Risiko zu mindern und der Renditefalle zu entgehen“, erklärt die Fondsgesellschaft VanEck. Ein zusätzlicher ESG-Filter überprüft die Aktien auf ESG-Risiken, Verstöße gegen den UN Global Compact und kontroverse Produkte.
Der ETF bildet einen Morningstar-Index nach. Morningstar ist ein renommiertes Fonds- und Aktien-Research-Unternehmen. Die Morningstar-Analysten überprüfen regelmäßig die Dividendenstabilität der Indexmitglieder und versuchen, Unternehmen zu meiden, die ihre Dividendenzahlungen wahrscheinlich kürzen werden. Dazu werden Unternehmen mit negativem 5-Jahres-Dividendenwachstum je Aktie herausgefiltert. Mit einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von mehr als 20 Prozent über die vergangenen fünf Jahre ist dieser ETF der renditestärkste seiner Kategorie. Vor allem im schwierigen Börsenjahr 2022 konnte er sich sehr deutlich von seinen Mitbewerbern und vom Gesamtmarkt absetzen. Bemerkenswert ist zudem, dass sein Portfolio zur Hälfte aus europäischen Aktien besteht. In den meisten anderen Dividendenaktien-ETFs dominieren US-Aktien.
Auch der Franklin Global Quality Dividend ETF bereitet Anlegern seit seiner Auflage mit guten Renditen Freude. Ein Grund für die stabile Entwicklung dürfte sein ausgefeilter Multi-Faktor-Ansatz sein. Dieser ETF investiert in Unternehmen, die solide Bilanzen haben, eine geringe Verschuldung aufweisen und stabile Erträge erwirtschaften. Weitere Voraussetzungen sind eine günstige Bewertung und eine niedrige Volatilität. Auch ein gutes Kursmomentum der Aktien spielt eine Rolle. Rund 100 Aktien aus den Industrieländern kommen ins Portfolio.
Für den SPDR S&P Global Dividend Aristocrats ETF der Fondsgesellschaft State Street Global Advisors gelten ebenfalls strenge Auswahlkriterien. Im Portfolio befinden sich die 100 zuverlässigsten Dividendenzahler der Welt, definiert als Aktien von Unternehmen, die in den letzten zehn Jahren niemals ihre Dividende gekürzt haben. Außerdem müssen die Unternehmen einen positiven Cashflow aufweisen sowie eine positive Eigenkapitalrendite erwirtschaften.
So soll sichergestellt werden, dass keine Aktien im Fonds sind, die zwar mit einer hohen Dividendenrendite glänzen, aber von der Substanz leben, weil die Dividenden nicht aus frischen Gewinnen stammen, sondern aus dem Vermögen. Der 2013 aufgelegte ETF zählt zu den größten und ältesten in Deutschland verfügbaren Dividenden-ETFs. In den vergangenen zwei Jahren blieb die Wertentwicklung des ETFs mit dem rigiden Ansatz jedoch unter dem Durchschnitt seiner Fondskategorie. Das verdeutlicht, wie herausfordernd die Suche nach den besten Dividendenaktien der Welt ist – und wie lohnend vor dem Investment eine sorgfältige Analyse der verfügbaren Dividendenaktien-ETFs ist.
Von Sascha Rose und Uli Kühn, April 2025, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
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