Für Anleiheninvestoren gibt es kaum etwas Schlimmeres als steigende Renditen. Wer jetzt – nicht ohne Grund – mit weiteren Zinssteigerungen rechnet, sollte sich diese fünf ETFs ansehen, empfiehlt das ETF-Magazin.
Januar 2022. MÜNCHEN (ETF Magazin). Rund ein Viertel der globalen Zuflüsse von 803 Milliarden Euro in ETFs entfielen in den ersten neun Monaten 2021 auf Anleihen-ETFs, meldet die französische Fondsgesellschaft Amundi. Das war im Vergleich zu Aktien-ETFs wenig, in die mit 595 Milliarden Euro rund drei Viertel flossen, doch angesichts des Niedrigzinsumfelds und anziehender Inflationsraten immer noch erstaunlich viel Geld. Richtig gut gefahren sind die meisten Investoren mit ihren Anleihen-ETFs wohl nicht: Anders als in den Vorjahren, als die Anleihenkurse entgegen allen Erwartungen immer weiter stiegen und die Renditen sanken, klettern in diesem Jahr tatsächlich die Renditen nach oben. Am Jahresanfang rentierten zehnjährige Bundesanleihen mit minus 0,57, jetzt mit 0,06 Prozent.
Das dürfte noch nicht das Ende sein. „Derzeit beginnen die wichtigsten Zentralbanken mit der Vorbereitung einer Normalisierungspolitik zur Eindämmung der Inflation. Wir erwarten deshalb steigende Zinsen“, erklärt Thomas Wiedenmann von Amundi. Das sind keine guten Aussichten für alle, die in Anleihen investieren wollen oder müssen. Immerhin gibt es eine Handvoll ETFs, die auch im aktuellen Umfeld Ertrag versprechen.
Eine naheliegende Antwort auf steigende Zinsen sind Floating-Rate-Notes, denn die Renditen der Floater steigen und fallen mit dem Zinsniveau an den Geldmärkten. Deshalb sind auch die Schwankungen bei Floatern niedriger als bei festverzinslichen Anleihen: „Die Volatilität des Euro-Investment-Grade-Floating-Rate-Note-Index ist fast 80 Prozent geringer als die des Euro-Investment-Grade-Fixed-Index“, erklärt etwa Gabriel Crabos, Credit Fund Manager des Vermögensverwalters La Française AM. Mehrere ETF-Emittenten haben Floating-Rate-Note-ETFs im Angebot: Amundi, iShares, Lyxor und WisdomTree. Einige dieser ETFs gibt es sogar mit ESG-Fokus.
Clevere Strategie abgewerteter Emittenten
Als „Fallen Angels“ bezeichnen Anleihenprofis ehemals solide Anleihen, die gerade auf Ramschniveau (High Yield) heruntergestuft wurden. Ein Investment in solche Papiere kann sich jedoch lohnen: Risikobereinigt weisen die gefallenen Engel häufig bessere Renditen auf als typische Hochzinsanleihen. Denn häufig kommen den Marktteilnehmern schon vor der Rating-Herabstufung Zweifel an der Bonität der Anleihe. Zum Zeitpunkt der offiziellen Zurückstufung haben die Kurse dann oft schon ihren Tiefpunkt erreicht. Zusätzlich scheinen Fallen Angels auch niedrigere Ausfallraten als andere High-Yield-Anleihen aufzuweisen – und sie werden häufig wieder hochgestuft. Die Erholung der Wirtschaft nach dem Corona-Schock spricht dafür, dass im nächsten Jahr einige dieser Anleihen wieder ihr altes Investment-Grade-Rating zurückerhalten werden. Fallen-Angels-ETFs gibt es von iShares, Invesco und VanEck.
Schon jetzt ordentlich zugegriffen haben Investoren in diesem Jahr bei einer anderen Anleihekategorie: bei chinesischen Staatsanleihen. Die waren in diesem Jahr unter den in Europa gelisteten Anleihen-ETFs die beliebteste Kategorie. Kein Wunder: In China sind nicht nur die Zinsen höher als hierzulande, sondern auch die Renditen auf dem Rückzug. Dazu kommen eine vergleichsweise stabile Währung und ein solides Rating. Außerdem ist China mittlerweile weltweit zweitgrößter Markt für Staatsanleihen, was zur Aufnahme in wichtige globale Anleihenindizes geführt hat. An der Börse Frankfurt sind aktuell sechs ETFs mit chinesischen Anleihen gelistet, meist mit Fondswährung US-Dollar, aber auch Euro und Renminbi.
Für risikobewusste Investoren kommen eventuell auch CoCo-Bonds infrage. Die Kurse dieser Anleihen sind zwar relativ volatil, dafür locken sie mit hohen Renditen. CoCo-Bonds heißen mit vollem Namen Contingent Convertible Bonds und werden teilweise auch als AT1-Bonds bezeichnet. Es sind langlaufende, nachrangige Anleihen von Finanzinstituten mit meist festem Kupon, die jedoch bei einem bestimmten Ereignis automatisch in Eigenkapital umgewandelt werden. Diese Wandlung kann beispielsweise eintreten, wenn die Eigenkapitalquote der emittierenden Bank unter eine bestimmte Schwelle sinkt.
Durch dieses Umwandlungsrecht haben Aktionäre im Insolvenzfall deutlich weniger Sicherheit als Anleihengläubiger. Daher gelten CoCos als Anlageklasse für erfahrene Investoren. Oder, wie es die Analysten von Invesco ausdrücken, „als Beimischung in einem klassischen Anleihenportfolio“. Auf jeden Fall haben CoCos selbst die Corona-Krise gut überstanden, auch wenn sie zwischenzeitlich um bis zu 40 Prozent abstürzten. Invesco sieht bei CoCo-Bonds übrigens auch ETFs im Vorteil gegenüber aktiv gesteuerten Fonds. So hätten sich während des Corona-Crashs im Frühjahr 2020 aktive Fonds auch nicht besser als ETFs geschlagen. „Mit der zunehmenden Normalisierung der Marktbedingungen ab Ende April setzte dann die schon vorher zu beobachtende überdurchschnittliche Entwicklung der ETFs wieder ein“, erklärt Invesco-Analyst Matthew Tagliani.
Ausgefuchste Strategien
Wer sein Portfolio kurzfristig direkt vor steigenden Renditen schützen will, kann auch Short-Anleihen-ETNs von WisdomTree beimischen. Die ETNs geben die umgekehrte Kursentwicklung von Bundesanleihen oder US-Treasuries wieder, dreifach gehebelt.
Ähnlich arbeitet auch der iShares-USD-Corp-Bond-Interest-Rate-Hedged-ETF: Er investiert in US-Unternehmensanleihen und ergänzt sein Portfolio mit einer Short-Position in Terminkontrakten für US-Staatsanleihen. Die Short-Position funktioniert offensichtlich gut als Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken: Mit seiner Rendite von rund 8,5 Prozent ist der ETF in diesem Jahr ganz vorn mit dabei.
von: Anna-Maria Borse, Dezember 2021, © ETF Magazin
Uhrzeit | Titel |
---|