APA ots news: COVID-19-Pandemie bestimmt Geschäftsentwicklung der OeNB 2020 - Kernaufgaben verlässlich erfüllt
Nationalbank präsentiert ihren Jahresabschluss und
Geschäftsbericht für 2020
Wien (APA-ots) - "Die COVID-19-Pandemie bestimmt seit nunmehr einem Jahr
maßgeblich unser Leben. Im privaten sowie im wirtschaftlichen Bereich
waren diese Einschnitte bisher zum Teil drastisch und mit großen
Einschränkungen verbunden. Dennoch bin ich überzeugt: mit umfassenden
Tests, den anlaufenden Impfungen und den gesetzten geld- und
wirtschaftspolitischen Maßnahmen werden wir diese Pandemie
schließlich hinter uns lassen", sagte Robert Holzmann, Gouverneur der
Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), heute anlässlich der
Präsentation des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts 2020 der
OeNB.
Die negativen Implikationen der Pandemie auf die Wirtschaft waren und
sind in Österreich in der Zweiten Republik einzigartig und haben den
Einbruch infolge der Finanzkrise 2009 noch bei weitem übertroffen.
Österreich verzeichnete 2020 eine Rezession von fast 7 %, die
Arbeitslosigkeit erreichte Höchststände. Massive temporäre fiskal-
und wirtschaftspolitische Stützungsmaßnahmen zur Sicherung der
Liquidität der Unternehmen und von Arbeitsplätzen haben das
Budgetdefizit erheblich belastet und zu einem Anstieg der
Staatsverschuldung geführt.
"Es besteht aber die vorsichtige Hoffnung, dass die schwerwiegendsten
Folgen bereits hinter uns liegen", so Gouverneur Holzmann. Das
Wirtschaftswachstum dürfte im Jahr 2021 zwar mit rund 2 % für
Österreich noch recht bescheiden ausfallen, aber doch deutlich in den
positiven Bereich drehen. Der Lockdown zu Beginn des Jahres 2021 und
noch nicht landesweite Öffnungsschritte in einigen Branchen wie dem
Tourismus sind ausschlaggebend, dass sich die BIP-Lücke auch heuer
nur zögerlich schließen dürfte.
Welchen Beitrag leisten Geldpolitik und OeNB zur Bekämpfung der
Pandemie?
Der EZB-Rat hat 2020 umgehend eine Ausweitung der schon bestehenden
Wertpapierankäufe vorgenommen und ist mit einem neuen Ankaufprogramm
(Pandemic Emergency Purchase Programme - PEPP) den Verwerfungen auf
den Finanzmärkten sowie einem damit einhergehenden
Wirtschaftseinbruch zielgerichtet entgegengetreten. Die Geldpolitik
hat sich damit als ein entscheidender stabilisierender Faktor
erwiesen. Das PEPP ermöglicht dem Eurosystem von März 2020 bis März
2022 den Ankauf von Wertpapieren im Gesamtumfang von bis zu 1.850 Mrd
EUR.
"Natürlich haben diese volkswirtschaftlich erforderlichen
geldpolitischen Maßnahmen auch die Bilanz und die Gewinn- und
Verlust-Rechnung der OeNB beeinflusst. Das geschäftliche Ergebnis
wurde im Vergleich zum Vorjahr deutlich geschmälert. Gleichzeitig
haben die unkonventionelle Geldpolitik seit 2012 und die
Niedrigzinspolitik auch einen starken Rückgang der Zinsausgaben des
Staates in Österreich ermöglicht. Mit den Zinsannahmen vom Mai 2012
würden die Zinsausgaben der öffentlichen Hand im Jahr 2021 um 7 Mrd
EUR höher liegen", so der Gouverneur.
"Die temporären aufsichtlichen Erleichterungen sowie die staatlichen
Hilfsmaßnahmen aufgrund der COVID-19-Pandemie haben den Banken -
insbesondere in den ersten kritischen Monaten - geholfen, die
Realwirtschaft mit Krediten zur Deckung des Liquiditätsbedarfs zu
versorgen", erklärte der Vize-Gouverneur der OeNB, Gottfried Haber.
Der österreichische Bankensektor hat im Jahr 2020 seine
Intermediationsfunktion auch unter den erschwerten Rahmenbedingungen
sehr gut erfüllt, sich als stabil und Teil der Lösung der
angespannten Wirtschaftssituation erwiesen. Hilfsmaßnahmen wie
Kurzarbeit, Kreditgarantien, Moratorien und Stundungen von Steuern
sowie Sozialversicherungsbeiträgen haben die Insolvenzquote in
Österreich auf 0,5 % (2019: 0,9 %) gesenkt. Ohne diese Hilfsmaßnahmen
wäre laut dem Unternehmensinsolvenzmodell der OeNB eine Quote von 4,0
% zu erwarten gewesen.
"Neben den Beiträgen zur Stabilisierung der Wirtschaft und des
Finanzmarktes hat die OeNB, obwohl teilweise bis zu fast 90 % der
OeNB-Belegschaft im Homeoffice tätig waren, die kritische
Infrastruktur im Bargeldbereich und im Zahlungsverkehr
sichergestellt, aber auch in allen anderen Kerngeschäftsfeldern ihre
Aufgaben zuverlässig erfüllt", so Gouverneur Holzmann. Die gute
IT-Infrastruktur und die hohe Digitalisierung der OeNB haben eine -
in technischer wie gesundheitlicher Hinsicht - sichere
Arbeitsleistung fast uneingeschränkt ermöglicht.
OeNB-Direktor Eduard Schock hob hervor, "dass im Bargeldbereich, der
insbesondere während des ersten Lockdowns im März 2020 eine
Nachfragespitze verzeichnete, ein OeNB-interner Pandemieplan sowie
flexible Arbeitszeiten bei der Aus- und Anlieferung eine reibungslose
Bargeldversorgung der österreichischen Wirtschaft und Bevölkerung zu
jedem Zeitpunkt sicherstellten. Die Funktion von sicherem Bargeld als
zentraler und unerlässlicher Bestandteil unseres Zahlungsverkehrs war
damit stets gewahrt."
Geschäftliches Ergebnis der OeNB sinkt 2020 auf 10 Mio EUR
"Die Umsetzung der vom EZB-Rat in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie
beschlossenen Maßnahmen im Bereich der Geldpolitik hat sich in der
Bilanz und im geschäftlichen Ergebnis der OeNB im Geschäftsjahr 2020
deutlich ausgewirkt", führte OeNB-Direktor Thomas Steiner anhand von
Details zur Bilanz und Gewinn- und Verlust-Rechnung weiter aus.
Die Bilanzsumme erreichte im Jahr 2020 einen historischen Höchststand
von 228 Mrd EUR und erhöhte sich damit im Vergleich zum Vorjahr
wesentlich um 74 Mrd EUR. Aktivseitig haben vor allem die gezielten
längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (insbesondere Targeted
longer-term refinancing operations - TLTRO III) sowie die
geldpolitischen Wertpapier-Ankaufprogramme zum Anstieg beigetragen.
Diese geldpolitischen Geschäfte stellten zum Jahresultimo 2020 mit
insgesamt 152 Mrd EUR bereits 66 % der Aktiva. Im Vorjahr waren es
mit 77 Mrd EUR rund 50 %. Passivseitig haben sich die Einlagen auf
Girokonten von mindestreservepflichtigen Kreditinstituten deutlich
auf 101 Mrd EUR erhöht (im Vergleich zu 36 Mrd EUR im Vorjahr).
Das Nettozinsergebnis sank im Geschäftsjahr 2020 auf 374 Mio EUR und
hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr nahezu halbiert (2019: 681
Mio EUR). Während die erhöhten Einlagen auf Girokonten von
mindestreservepflichtigen Kreditinstituten durch die
Negativverzinsung des Überschusses der Mindestreserve sowie die
Einlagefazilität einen deutlichen Beitrag zu den Zinserträgen
geliefert haben (217 Mio EUR), resultierten aus den gezielten
längerfristigen Refinanzierungsgeschäften - vor allem aus den TLTRO
III - sehr hohe Zinsaufwendungen (370 Mio EUR). Zudem entstand ein
Abschreibungsbedarf bei Fremdwährungen von 297 Mio EUR. Letzterer
wurde durch Verwendung der Risikorückstellung in derselben Höhe
erfolgsneutral gehalten. Zur Stärkung der Risikovorsorgen wurden der
Risikorückstellung wiederum 225 Mio EUR zugewiesen.
"Aufgrund der genannten Faktoren", so Direktor Steiner, "ist das
geschäftliche Ergebnis 2020 auf 10 Mio EUR gesunken. Der Gewinnanteil
des Bundes 2020 beträgt 8 Mio EUR. Zusätzlich wird auf Basis des
heutigen Beschlusses der Generalversammlung dem Bund eine Dividende
in Höhe von 600 Tsd EUR aus dem Bilanzgewinn 2020 in Höhe von 878 Tsd
EUR ausgeschüttet."
Aktivitäten abseits der Pandemiebekämpfung
Im Jahr 2020 stand auch die Überprüfung der geldpolitischen Strategie
im Zentrum der Aufmerksamkeit des Eurosystems. Im Rahmen der
Überprüfung stehen die Definition von Preisstabilität sowie die
Ansätze und Instrumente, mit denen Preisstabilität erreicht werden
soll, im Mittelpunkt der Diskussionen. An dem Prozess sind die
nationalen Zentralbanken des Euroraums führend beteiligt. Darüber
hinaus werden aber auch auf europäischer und nationaler Ebene die
Interessenvertretungen und die Zivilgesellschaft eingebunden. So
veranstaltete die OeNB unter dem Motto "Die OeNB hört zu" am 30.
Oktober 2020 eine Diskussionsrunde mit zahlreichen Vertreterinnen und
Vertretern der Zivilgesellschaft über die Neuausrichtung der
geldpolitischen Strategie. Die OeNB wird künftig verstärkt diesen
direkten Dialog mit der Bevölkerung weiterführen.
Ende des Jahres 2020 hat die OeNB zudem gemeinsam mit der PSA Payment
Services Austria GmbH den Grundstein für eine moderne und
zukunftsorientierte Struktur der Abwicklung von
Massenzahlungsverkehrstransaktionen in Österreich gelegt sowie die
OeNPAY Financial Innovation HUB GmbH als eine weitere
Beteiligungsgesellschaft gegründet.
In der 2020 festgelegten neuen Strategie der OeNB für die Jahre 2020
bis 2025 sind neben den Kernaufgaben der Wahrung der Preisstabilität,
der Gewährleistung der Finanzmarktstabilität, der Sicherung der
Bargeldversorgung und der Zahlungssysteme die Stärkung von
Finanzinnovationen, die Verbesserung der Finanzbildung der
österreichischen Bevölkerung sowie die verstärkte Digitalisierung und
Modernisierung des Unternehmens OeNB zentrale Schwerpunkte.
Am Ende der Pressekonferenz dankte Gouverneur Holzmann, auch im Namen
des Generalrats und des Direktoriums, allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern für die ausgezeichnete Zusammenarbeit sowie den
außerordentlichen Einsatz und wichtigen Beitrag bei der Bekämpfung
der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.
Rückfragehinweis:
Oesterreichische Nationalbank
Dr. Christian Gutlederer
Pressesprecher
(+43-1) 404 20-6900
christian.gutlederer@oenb.at
www.oenb.at
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OTS0101 2021-03-23/11:03