Nach dem fulminanten Jahr 2020 ist 2021 für Aktien mit Schwerpunkt Erneuerbare Energien bislang ein Reinfall. Auf dem niedrigen Niveau könnten sich nach Ansicht von Analysten und Händlern nun aber interessante Einstiegschancen auftun.
23. September 2021. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Klimawandel und der Umstieg auf Erneuerbare Energien dürfte bei der Bundestagswahl am Sonntag für so manchen den Ausschlag dafür geben, wo das Kreuzchen gesetzt wird. Dass die Zeit der fossilen Energien vorbei ist, ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Auch global ist Klimaschutz das Thema der Stunde: „Sogar die Internationale Energieagentur, die sich jahrzehntelang für Öl und Gas eingesetzt hat, sieht nun Solarkraft im Mittelpunkt der Energieversorgung“, bemerkt Walter Vorhauser von Oddo BHF.
Erst Kursverdreifachung, dann Absturz
An der Börse hat die Erneuerbare Energien-Branche in diesem Jahr allerdings einen schweren Stand: Der globale Marktindex S&P Global Clean Energy hat seit seinem Hoch im Januar rund ein Drittel an Wert verloren – und das in einem Umfeld boomender Aktienmärkte. Dem vorausgegangen war ein fulminanter Anstieg: Von Anfang 2020 bis Januar 2021 hatte sich der Index fast verdreifacht.
„Der ganz große Hype um das Segment Erneuerbare Energien scheint vorbei“, bemerkt Roland Stadler von der Baader Bank. „Der Markt war wohl etwas überkauft.“ Dazu kamen weitere Belastungsfaktoren: „Die Lage in China, wo viele Solarkomponenten hergestellt werden, hat sich verschlechtert.“, erklärt Vorhauser. „Außerdem machen Lieferengpässe und die zwischenzeitlich gestiegenen Zinsen den Unternehmen zu schaffen.“ Der deutliche Kursrücksetzer könnte nun aber Chancen eröffnen. „Der weltweite Energiemarkt verändert sich komplett. Da wird es viele Gewinner geben“, meint Vorhauser.
Stadler
SolarEdge auf dem Sprung zu neuen Höhen?
Zu diesen könnte Vorhauser zufolge SolarEdge Technologies (US83417M1045) gehören. Das israelische Unternehmen bietet „intelligente Energielösungen“, etwa effiziente Systeme zur Energiegewinnung und des Energiemanagements von Solaranlagen. „Dazu gehören Monitoring-Systeme, die Fehler in Solaranlagen sofort feststellen und damit die Leistung optimieren.“ Das Geschäft brummt: „Im zweiten Quartal hat SolarEdge mit einem Umsatzplus von 45 Prozent und einem Gewinnwachstum je Aktie von 32 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal die Analystenerwartungen deutlich übertroffen.“ Auch der Ausblick sei sehr gut ausgefallen. Die Aktie, die 2020 an der Börse Frankfurt von knapp 90 auf 253 Euro gestiegen ist, hat einen Teil der Verluste aus den ersten Monaten dieses Jahres schon wieder wettmachen können und kostet aktuell 241 Euro.
„Solarwerte sind sehr volatil“
Kaum erholt vom Einbruch Anfang dieses Jahres hat sich Canadian Solar (CA1366351098). Die Aktie wird an der Börse Frankfurt aktuell zu 30 Euro gehandelt, nachdem sie 2020 bis Anfang 2021 von knapp 20 auf 52 Euro gestiegen war. Der kanadische Hersteller von Solarmodulen leidet unter deutlich gestiegenen Kosten, wie Vorhauer erläutert. Im zweiten Quartal konnte Canadian Solar den Umsatz auf 1,4 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Vorjahresquartal mehr als verdoppeln, der Nettogewinn ging wegen der höheren Kosten aber zurück. „Auch wenn der Markt insgesamt stark wächst, gerade Solarwerte sind sehr volatil.“
Weiter Weg zurück zu alten Hochs
Stadler nennt weitere Beispiele fürAktien des Sektors Erneuerbare Energien,
die zuletzt sehr gelitten haben: Die Aktie des französischen Wasserstoffplayers McPhy Energy (FR0011742329) hatte sich seit Anfang 2020 bis Anfang 2021 auf 41 Euro verzehnfacht, jetzt kostet sie nur noch 17,57 Euro. Die Aktie des US-Brennstoffzellenherstellers Fuelcell Energy (<US35952H6018>) war im gleichen Zeitraum sogar von 1,23 auf 24,50 Euro geklettert, jetzt wird sie bei 5,74 Euro gehandelt.
Ähnlich ging es Aktien des norwegischen Wasserstoffunternehmens Nel ASA (NO0010081235) und der Brennstoffzellenhersteller Plug Power (US72919P2020) und Ballard Power Systems (CA0585861085).
Zuversichtliche Analysten
Ist für Anleger nun ein guter Zeitpunkt für den Einstieg gekommen? Die Bank of America ist positiv gestimmt: Nach dem bisher enttäuschenden Jahresverlauf und vor dem Hintergrund glänzender Wachstumsaussichten sei nun die Zeit für Anleger gekommen, ihre Positionen im Bereich Erneuerbare Energien wieder auszubauen. Allerdings raten die Analysten weniger zu Produzenten von Solarpanels oder Windturbinen. Zu den „Top-Picks“ gehören vielmehr Versorger, die sich auf Erneuerbare Energien umstellen, konkret EDP aus Portugal, Engie aus Frankreich und RWE aus Deutschland.
Die Erneuerbare Energien-Branche ist auch über ETFs zugänglich, die zum Teil allerdings ebenfalls zuletzt heftig Federn lassen mussten: Der Platzhirsch der Branche mit über 5,6 Milliarden US-Dollar an verwaltetem Vermögen, der iShares Global Clean Energy (IE00B1XNHC34), liegt seit Jahresanfang 15,6 Prozent im Minus. Auf Dreijahresssicht kommt der ETF allerdings immer noch auf Kurszuwächse von durchschnittlich 38 Prozent im Jahr. Weitere ETFs sind der Lyxor New Energy (FR0010524777), der L&G Clean Energy (IE00BK5BCH80) sowie Produkte von HANetf (<IE00BLH3CQ86>, <IE00BMFNWC33>, <IE00BLCH4S17>).
von: Anna-Maria Borse
23. September 2021, © Deutsche Börse AG