ETFs werden immer preiswerter. Warum die Kosten weiter sinken und was besonders günstige ETFs anders machen, weiß das ETF Magazin.
3. März 2021. MÜNCHEN (ETF Magazin). Bei Investmentfonds gelten andere Regeln als bei Autos, Anzügen oder Waschmaschinen: Wer mehr zahlt, bekommt nicht die bessere Ware. Das zeigen Auswertungen von Fondsratingagenturen und das ist leicht zu erklären. Je mehr Gebühren die Fondsgesellschaft abzieht, desto weniger bleibt Investoren als Gewinn. Wer mit ETFs arbeitet, dürfte deshalb relativ entspannt sein, denn wenige Anlageprodukte kommen mit so geringen Kosten daher wie börsennotierten Indexfonds. Aber es wird noch besser, sprich noch preiswerter.
Das prognostizieren unabhängige Marktkenner, wie beispielsweise Deborah Fuhr, Chefin der Londoner ETF-Marktforscher ETFGI. Ihr Urteil hat Gewicht: Seit 20 Jahren analysiert sie den ETF-Markt und versorgt ihre Kunden regelmäßig mit detaillierten Statistiken und Einschätzungen. Nach ihrer Einschätzung wird der Preiskrieg am ETF-Markt sogar noch an Dynamik gewinnen, auch wenn die meisten ETF-Anbieter weiterhin beteuern, dass die Gebühren nun wirklich nicht weiter sinken können. Fuhr sieht das anders: Angesichts der vielen Milliarden, die jedes Jahr neu in ETFs fließen, entstünde den Fondsgesellschaften immer neuer Spielraum für Preissenkungen.
Diesen Spielraum nutzen die Fondsgesellschaften weiterhin. Noch kurz vor Jahresende senkte die DWS, Europas zweitgrößter ETF-Anbieter, bei 21 ETFs die Gebühren. Wohl nicht ohne Grund: Die französische Fondsgesellschaft Amundi gibt mit ihren super-preiswerten Prime-ETFs seit einem Jahr die Richtung vor. Die inzwischen verfügbaren 25 Amundi-Prime-ETF decken viele relevante Finanzmärkte ab und haben meist nur noch Kosten von 0,05 Prozent pro Jahr.
Nicht nur bei den Amundi-ETFs, sondern auch bei anderen Fonds fallen immer öfter nur noch 5 Basispunkte Gebühren an, beispielsweise bei den äußerst liquiden S&P-500- und Euro-Stoxx-50-ETFs von Invesco. Lyxor verlangt bei zwei ETFs mit Aktien aus den Vereinigten Staaten und Großbritannien sogar nur noch 4 Basispunkte. Die „Core“-ETFs von iShares und Lyxor kosten 7 Basispunkte. Das ist ein bemerkenswerter Preisrückgang. Als vor zwölf Jahren das erste ETF Magazin herauskam, hatte der einzige damals verfügbare S&P-500-ETF eine TER von 40 Basispunkten. Die preiswertesten ETFs für den Euro-Stoxx-50-Index waren für 15 Basispunkte zu haben.
Heute haben mehr als 100 an der Deutschen Börse notierte ETFs eine Gesamtkostenquote (TER) von weniger als 10 Basispunkten. In diesen ETFs steckt ein Fünftel des Vermögens aller an Xetra gehandelten ETFs. 40 Prozent des ETF-Gesamtvermögens ist mit Kosten zwischen 0,1 Prozent und 0,20 Prozent belasten. Weltweit sieht es ähnlich aus. 40 Prozent des weltweiten ETF-Vermögens sind mit Kosten von weniger als 10 Basispunkten pro Jahr belastet, berichtet ETFGI. Bei einem Viertel des ETF-Vermögens kämen Kosten zwischen 0,1 und 0,2 Prozent zum Tragen.
Um die laufenden Kosten der ETFs niedrig zu halten, drehen die ETF-Anbieter an mehreren Stellschrauben. So setzt etwa Invesco bei seinen preiswerten ETFs auf den S&P 500-Index und den Euro-Stoxx-50-Index auf die synthetische Replikation des Index. Der ETF hält dabei nicht tatsächlich immer alle Index-Titel in den entsprechenden Stückzahlen im Portfolio, sondern sichert sich die Indexrendite durch Wertpapierswaps mit mehreren Investmentbanken. Das ETF-Portfolio besteht bei diesem Modell ganz überwiegend aus anderen Wertpapieren und es sind weniger Umschichtungen notwendig.
Lyxor und Amundi gehen bei ihren Core-ETFs einen anderen Weg: Diese ETFs basieren häufig nicht auf einem Index der Marktführer, beispielsweise von MSCI, sondern auf sehr ähnlich zusammengesetzten Indizes kleinerer Anbieter – die von der ETF-Gesellschaft geringere Lizenzgebühren verlangen als die Index-Platzhirsche. Für Anleger müssen diese Kniffe nicht zwangsläufig ein Nachteil sein, wie ein genauerer Blick auf einige der preiswertesten ETFs zeigt.
Amundi Prime Global ETF
Der weltweit investierte Amundi Prime Global bildet einen Index der Frankfurter Gesellschaft Solactive nach, den Solactive GBS Developed Markets Large & Mid Cap USD Index. Wie der MSCI World Index wird auch der Solactive Index nach dem Streubesitz der Marktkapitalisierung gewichtet. Auch Wertentwicklung und die Zusammensetzung des Portfolios sind dem MSCI World Index sehr ähnlich. Der Amundi Prime Global ETF enthält ebenfalls rund 1.600 Aktien aus 23 Industrieländern, und ebenfalls sind rund zwei Drittel davon US-Werte. Titel aus Asien waren Ende Januar mit 12,8 Prozent gut einen Prozentpunkt höher gewichtet als im MSCI World Index.
Unter den zehn größten Positionen des ETF dominieren Tech-Giganten wie Apple, Microsoft, Amazon, Facebook und Alphabet. Wer sich für den Ende Januar 2019 aufgelegten Fonds entscheidet, investiert damit in ein Portfolio, das aktuell zu rund einem Fünftel aus IT-Werten besteht, zu knapp 15 Prozent aus Finanztiteln zu ebenfalls rund 13 Prozent aus Aktien aus dem Gesundheitswesen.
Lyxor Core Morningstar US Equity ETF
Der Lyxor Core Morningstar US Equity investiert fast ausschließlich in US-Aktien. Er bildet den Morningstar US Large-Mid Cap Index ab, der ein breit gestreutes Investment in knapp 700 Titel ermöglicht. Der ETF repliziert den Index durch ein Sampling-Verfahren, hält also nur die meisten Index-Titel im Portfolio, bzw. eine Auswahl, die eine ganz ähnliche Wertentwicklung zur Folge hat. Die Branchen-Zusammensetzung des Morningstar-Index ist dabei sehr ähnlich wie die des Russell-1000-Index. Dementsprechend ist der ETF zur Zeit auch stark von Technologie-Aktien geprägt, die mit gut 25 Prozent den Löwenanteil ausmachen. Klassische Industrietitel sind mit gerade einmal 8,5 Prozent gewichtet, Basiskonsumgüter mit 6,5 Prozent. Diese Gewichtung ist nicht überraschend, denn die Aktien in Index und ETF werden nach der Marktkapitalisierung gewichtet – und da liegen IT-Werte aktuell nun einmal ganz vorn. Auch andere preiswerte ETFs für US-Standardaktien, wie der Invesco S&P 500 oder der L&G US Equity ETF, weisen einen ähnlich hohen IT-Anteil aus, obwohl sie andere Referenzindizes nutzen. Ihre Top-Ten-Holdings sind von denen des Lyxor-ETFs kaum zu unterscheiden.
Der Preisbrecher
Für alle wichtigen Märkte stehen inzwischen ETFs zur Verfügung, deren jährliche Kostenquote fünf Basispunkte oder sogar noch weniger beträgt. Die Tabelle zeigt eine Auswahl dieser Kostenkiller.
ETF-Name | ISIN | Kosten in % pro Jahr | Replikationsmethode | Ertragsverwendung | Volumen in Mio. Euro |
Lyxor Core Morningstar US Equity | LU1781540957 | 0,04 % | physisch | thesaurierend | 52 |
Invesco S&P 500 | IE00B3YCGJ38 | 0,05 % | synthetisch | thesaurierend | 8807 |
L&G US Equity | IE00BFXR5Q31 | 0,05 % | phys. optimiert | thesaurierend | 211 |
Invesco EURO STOXX 50 | IE00B60SWX25 | 0,05 % | synthetisch | thesaurierend | 374 |
HSBC EURO STOXX 50 | IE00B4K6B022 | 0,05 % | physisch | ausschüttend | 166 |
Lyxor Core Morningstar UK | LU1781541096 | 0,04 % | physisch | thesaurierend | 74 |
Amundi Prime Japan | LU1931974775 | 0,05 % | physisch | ausschüttend | 90 |
Amundi Prime Global | LU1931974692 | 0,05 % | physisch | thesaurierend | 223 |
Amundi Prime Euro Corporates | LU1931975079 | 0,05 % | physisch | thesaurierend | 961 |
Amundi Prime Euro Govies | LU1931975152 | 0,05 % | physisch | thesaurierend | 873 |
Quelle: Deutsche Börse
Amundi Prime Japan-ETF
Nicht die Indexklassiker Nikkei 225 oder Topix nutzt Amundi für seinen Japan-ETF, sondern den Solactive GBS Japan Large & Mid Cap. Mit seinen 343 Aktien ist dieser Referenzindex bei weitem nicht so umfangreich wie der Topix, in dem alle an der Tokioter Börse gelisteten Unternehmen zusammengefasst sind, aber er bietet ein deutlich breiteres Investment als der Nikkei.
Die Wertentwicklung des Ende Januar 2019 aufgelegten Fonds war bislang sehr ähnlich wie die des Topix-Index, auch bei der Branchenzusammensetzung gibt es nur geringe Abweichungen. Wie bei den US-und Weltaktien-ETFs ist die IT-Branche mit gut 13 Prozent zwar auch im Japan ETF gut vertreten, liegt in der Gesamtallokation des Portfolios aber nur auf dem dritten Platz.
Unangefochtener Spitzenreiter ist der Industriesektor mit einem Gewicht von mehr als 20 Prozent. Unternehmen aus diesem Bereich wie etwa Toyota Motors, Sony, Nidec Corporation oder Daikin Industries finden sich unter den zehn größten Positionen des ETFs. Der Amundi Prime Japan ist ein ausschüttender ETF, der die Dividenden zweimal pro Jahr an seine Anteilseigner auszahlt.
Amundi Prime Euro Corporates-ETF
Auch auf der Rentenseite liegt Amundi mit einigen ETFs am unteren Ende der Preisskala. So offerieren die Franzosen beispielsweise den Amundi Prime Euro Corporates-ETF ebenfalls mit Gebühren von nur 5 Basispunkten im Jahr. Der ETF bildet den Solactive Euro IG Corporate-Index nach – und zwar physisch. Damit bietet dieser ETF Zugang zu mehr als 2.000 Unternehmensanleihen, die auf Euro lauten und mit einem Investment Grade Rating ausgestattet sind. Die Zusammensetzung des ETF Portfolios ist nahezu passgleich mit der des Bloomberg Barclays Euro Aggregate Corporates Index.
Auch der Amundi-ETF hat seinen Schwerpunkt im niedrigen bis mittleren Laufzeitenbereich. Knapp ein Drittel des Fonds machen Anleihen mit einer Laufzeit von fünf Jahren aus, gut 25 Prozent des Volumens entfallen auf Anleihen mit einer Laufzeit von zwei Jahren. Echte Kurzläufer und Anleihen mit 15 Jahren Laufzeit oder mehr sind mit knapp sieben bzw. gut fünf Prozent gewichtet. Zu den zehn größten Positionen des ETFs gehören die beiden niederländischen Finanzinstitute ABN AMRO und Rabobank und der französische Versorger Electricité de France. Angesichts des sehr ähnlichen Portfoliozusammensetzung überrascht es deshalb auch nicht, dass die Wertentwicklung des Amundi-ETFs sehr nahe an der des Bloomberg Barclays Index liegt.
von Alfons Niederländer und Uli Kühn
© März 2021, ETF Magazin
Dieser Artikel stammt aus dem aktuellen ETF Magazin. Das ETF Magazin erscheint quartalsweise in Zusammenarbeit mit Focus Money und richtet sich an Berater, Vermögensverwalter und Portfoliomanager, ist aber sicher auch für informierte Anleger interessant.
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