Wirtschaft senkt Forschungsausgaben in 2020
Berlin (ots) - Im Coronajahr 2020 haben die Unternehmen in Deutschland deutlich
weniger für Forschung und Entwicklung (FuE) ausgegeben als im Jahr zuvor. Dies
zeigen die neuen Daten aus der FuE-Erhebung, die der Stifterverband jährlich im
Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchführt. Auch das
Forschungspersonal wurde leicht reduziert. Die Auftragsforschung verzeichnet
dagegen ein leichtes Plus.
Während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 wurde in den Unternehmen weniger
geforscht und entwickelt als in den Jahren zuvor. Erstmals seit sieben Jahren
gingen die Ausgaben der Wirtschaft für Forschung und Entwicklung (FuE) zurück.
Die Unternehmen in Deutschland investierten 71 Milliarden Euro in ihre eigene
Forschung - ein Rückgang von 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Lediglich die
Ausgaben für Forschungsaufträge an andere Partner konnten ein leichtes Plus von
200 Millionen Euro verzeichnen (+1,0 Prozent). Sie erreichen mit 22,9 Milliarden
Euro sogar einen neuen Höchstwert.
Die FuE-Ausgaben von Staat und Hochschulen betrugen nach vorläufigen
Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 34,6 Milliarden Euro. Zusammen mit
der Wirtschaft wurden damit in Deutschland im Jahr 2020 knapp 106 Milliarden
Euro für interne Forschung und Entwicklung ausgegeben. Der Anteil des
Bruttoinlandsproduktes (BIP), der auf FuE entfällt, reduzierte sich trotz
sinkenden BIPs von 3,17 Prozent (2019) auf 3,14 Prozent (2020).
Zur Entwicklung der FuE-Ausgaben erklärt Bundesforschungsministerin Anja
Karliczek:
"Die Corona-Pandemie hat die Unternehmen in Deutschland hart getroffen. Die
Zahlen des Stifterverbandes zeigen, dass die Wirtschaft im Krisenjahr ihre
Forschungsaktivitäten deutlich zurückgefahren hat. Mit dem Konjunktur- und
Zukunftspaket hat die Bundesregierung ein starkes Signal gesetzt, damit
Unternehmen nach den Einschränkungen möglichst schnell wieder auf einen
Wachstumspfad zurückfinden.
Der Bund hat seine Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Corona-Jahr 2020 im
Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Milliarden Euro erhöht. Das
Bundesforschungsministerium hat seine Ausgaben dabei allein um 1,3 Milliarden
Euro angehoben. Als ein weiteres Instrument haben wir die steuerliche
Forschungszulage auf den Weg gebracht, die ihre Wirkung in der Zukunft noch
weiter entfalten wird. Mit dieser Förderung haben wir den Forschungsstandort
Deutschland maßgeblich gestärkt. Dennoch bedarf es weiterer Anstrengungen: Die
Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung müssen auch zukünftig so
gestaltet werden, dass die Corona-Folgen schnell überwunden werden können. Auch
müssen wir an unserem Ziel festhalten, bis 2025 für Forschung und Entwicklung
3,5 Prozent des BIP zu investieren.
In der Corona-Krise hat sich gezeigt, wie wichtig Forschung und Entwicklung
sind. Ich appelliere daher an die nächste Bundesregierung, das Innovationsland
Deutschland weiterhin mit Leidenschaft zu stärken."
Gerade die Branche, die als Motor des deutschen Innovationssystems gilt,
reduzierte die FuE-Aufwendungen am stärksten: Im Kfz-Bau wurden von 2019 auf
2020 die internen FuE-Aufwendungen um fast vier Milliarden Euro gekürzt - ein
Verlust von 13,6 Prozent. Im Maschinenbau wurden die Ausgaben um knapp sieben
Prozent, in der chemischen und in der pharmazeutischen Industrie jeweils um gut
drei Prozent - und damit unterdurchschnittlich reduziert. Die Zurückhaltung, in
die interne Forschung zu investieren, hat verschiedene Gründe: Umsatzrückgänge,
unterbrochene Lieferketten oder Lockdown-Regelungen. Um interne Kosten und
Risiken zu mindern, haben vor allem Kfz- und Maschinenbau verstärkt auf externes
Wissen zurückgegriffen und Forschungsaufträge an andere Unternehmen vergeben.
Verschiedene Branchen haben dagegen von der schwierigen Lage in 2020 profitieren
können: Die Informations- und Kommunikationstechnik hat ihre FuE-Aufwendungen
deutlich gesteigert. Darunter sind insbesondere Programmiertätigkeiten zu
nennen. Hierfür haben die Unternehmen intern 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr
ausgegeben. Auch wissenschaftliche FuE-Dienstleistungen in den Ingenieur- und
Naturwissenschaften, aber auch im medizinischen und biotechnologischen Bereich
haben sich positiv entwickelt. Sie profitierten von der Stabilität der
Forschungsaufträge aus der Industrie. Zudem hat diese Gruppe der
Dienstleistungsunternehmen ihre Ausgaben für externe FuE um 50 Prozent erhöht -
ein Anzeichen für verstärke Kooperationen und den weiteren Ausbau von
Innovationsnetzwerken.
"Die Corona-Pandemie hat starke Auswirkungen auf die Forschungsabteilungen der
deutschen Unternehmen", fasst Martin Brudermüller, Vizepräsident des
Stifterverbandes und Vorstandvorsitzender der BASF SE, die vorläufigen
Ergebnisse der FuE-Erhebung zusammen. "Umso wichtiger sind starke politische
Signale und Anreize, damit die Unternehmen wieder mehr in FuE investieren. Denn
ganz besonders die komplexen Herausforderungen rund um Nachhaltigkeit -
Klimaschutz und Gesundheitsschutz - erfordern große Anstrengungen in Forschung
und Entwicklung."
Die aufgrund der Corona-Pandemie eingeführte Kurzarbeit über alle Branchen
hinweg hat dazu beigetragen, dass sich die Personalkosten in den Unternehmen
verringern und damit die internen FuE-Aufwendungen reduzieren, die Zahl der
Forscherinnen und Forscher in den Unternehmen aber kaum abnimmt. Berücksichtigt
man alle Voll- und Teilzeitbeschäftigte in den Forschungsabteilungen der
Unternehmen, kommt man 2020 rechnerisch auf 467.400 Vollzeitstellen. Dies sind
8.200 weniger als im Jahr 2019 (-1,7 Prozent). Allein in der Automobilindustrie
wurden rund 5.000 Vollzeitstellen im FuE-Bereich abgebaut - Zulieferer nicht
berücksichtigt. Der geringe Stellenaufbau bei forschungsintensiven
Dienstleistern um knapp 900 Vollzeitstellen konnte dies nicht kompensieren. Vor
dem Hintergrund der extremen Herausforderungen, mit denen Unternehmen im
Coronajahr 2020 konfrontiert waren, ist der Abbau beim FuE-Personal als äußerst
moderat zu werten.
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