
Europas ETF-Markt wächst weiter – und reift zugleich. Beim 16. ETF Forum der Deutschen Börse in Frankfurt diskutierten rund 400 Branchenvertreter über die nächsten Schritte für den europäischen ETF-Markt. Im Mittelpunkt standen 25 Jahre ETFs auf Xetra, der wachsende Einfluss privater Anleger und neue Trends von Active ETFs über Krypto bis hin zu thematischen Strategien. Die Botschaft: Wachstum braucht Innovation – und Zusammenarbeit.
29. Oktober 2025. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Rund 400 Fachleute aus der Investmentbranche kamen am 21. Oktober 2025 zum 16. ETF Forum im Kap Europa in Frankfurt zusammen. Das größte europäische Branchentreffen bot einen umfassenden Überblick über die Trends und Herausforderungen des ETF-Markts – von strukturellem Wachstum über technologische Innovationen bis hin zu regulatorischen Entwicklungen.
25 Jahre ETFs auf Xetra – eine Erfolgsgeschichte
In seiner Eröffnungsrede erinnerte Eric Leupold, Head of Cash Market bei der Deutschen Börse, an die Anfänge in Deutschland: „Vor 25 Jahren starteten wir mit nur zwei ETFs auf den EURO STOXX 50 und den STOXX Europe 50 – heute sind es mehr als 2.500 gelistete Produkte.“ Das in Deutschland verwaltete Vermögen ist allein zwischen Juni 2023 und Juni 2025 von 309 auf 500 Milliarden Euro gestiegen, weiß Leupold. Europaweit überschreiten ETFs inzwischen die Marke von 3 Billionen US-Dollar. ETFs als „Betriebssystem des modernen Investierens“ demokratisierten den Kapitalmarkt, kombinierten institutionelle Effizienz mit dem Zugang für Privatanleger und trügen entscheidend zur finanziellen Bildung in Europa bei.
Der Anteil privater Anlegerinnen und Anleger am ETF-Handel hat sich in fünf Jahren verdoppelt und liegt nun bei rund 15 Prozent. Spezielle Programme wie das im März gestartete Retail-Angebot für ETFs haben bereits über 2 Milliarden Euro an Preisverbesserungen ermöglicht. „ETFs verwandeln Sparen in Investieren und mobilisieren privates Kapital – ein Schlüssel für Europas Wettbewerbsfähigkeit“, betonte Leupold.
Industry Roundtable: Navigating the ETF Landscape of Tomorrow
Der Auftakt des Forums setzte inhaltlich den Ton: Gregoire Blanc (Amundi), Jim Goldie (Invesco) und Jamie Hartley (Xtrackers) diskutierten die künftige Entwicklung der Branche.
Das Fazit: Der ETF-Markt befindet sich in einer Phase tiefgreifender Transformation. Das Handelsvolumen hat sich seit 2020 verdoppelt, die Marktliquidität nähert sich in einigen Segmenten dem US-Niveau. Besonders deutlich zeigt sich das Wachstum im institutionellen Handel, auch mit großen Einzelorders, und vor allem im Retail-Markt.
Goldie verwies auf den enormen Anstieg der Standard-Handelsvolumina. So wäre das normale Volumen heute doppelt so hoch wie März 2020. Hartley sieht, dass die Digitalisierung Privatanlegern neue Zugänge eröffne. Goldi betonte die Bedeutung effizienter Rahmenbedingungen, Blanc wünscht sich klare Standards, um die Fragmentierung des europäischen Markts zu verringern.
Einigkeit herrschte darin, dass Europa an einem Wendepunkt steht – vom Spar- zum Anlagekontinent. Erfolgsfaktoren sind Sparpläne, der Handel mit Bruchstücken und die stetige Professionalisierung der Marktstrukturen.
Global Economic Outlook: Investing in Uncertain Times
Ebenfalls Tradition ist der volkswirtschaftliche Ausblick. Jens Eisenschmidt (Morgan Stanley), Tuan Huynh (BlackRock) und Simon MacAdam (Capital Economics) zeigten sich vorsichtig optimistisch: Während die USA den wirtschaftlichen „Sturm“ besser überstehen und vom KI-Boom profitieren, der von eine Weile anhalten könne, steht Europa vor strukturellen Herausforderungen – von Bürokratie über demografische Belastungen bis zu geopolitischen Risiken. Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben böten zwar Impulse, doch das Wachstum bleibe begrenzt.
Eisenschmidt erwartet, dass die Hauptwirkungen globaler Handelskonflikte erst noch bevorstehen. Huynh betonte die Resilienz der Märkte und die zunehmende Bedeutung von Infrastrukturinvestitionen, während MacAdam auf eine insgesamt gedämpfte, aber stabile Weltwirtschaft verwies. „Jeder Wachstumsimpuls ist ein Grund zur Freude – die Konjunktur bleibt fragil, aber tragfähig“, so der Tenor.
Active ETFs: Mehr Spielraum für Alpha
In der Diskussion über Active ETFs unterstrichen Ilia Chelomianski (Fidelity), Barbara Claus (FondsConsult), Simon Werkheiser (J.P. Morgan) die Bedeutung aktiver Strategien in einem zunehmend differenzierten Markt.
Claus verwies auf die Anforderungen an Produktqualität: Mindestens fünf Jahre Track Record oder – falls wegen der Neuheit des Trends nicht möglich – eine bewährte Performance über drei Jahren mit vier Marktzyklen. „Eine Outperformance muss die Kosten übersteigen“, so Claus. Besonders im Anleihenbereich sehen die Experten aktuell Chancen für aktives Management.
Strategien für Stabilität und Ertrag in 2025
Paras Bakrania (First Trust), Florian Körner (VanEck) und Andre Voinea (HANetf) widmete sich neuen Produkttrends.
Für Voinea liegt der Fokus auf Rüstungs- und Verteidigungsinvestments. Der Markt wachse, getrieben vor allem von Retailnachfrage aus Deutschland, zunehmen auch unter Nachhaltigkeitskriterien: Inzwischen gebe es Artikel-8-Fonds, die Rüstungsaktien einschließen.
Privatanleger setzten stärker auf Diversifikation, reduzierten Währungsrisiken und nutzten Zinsdifferenzen gezielt. Körner beobachtet zudem, dass private Anleger vor allem auf Aktien fokussieren, während professionelle Investoren auf regelmäßige Ausschüttungen und Strategien wie Covered Calls setzen.
Ein neuer Trend sind Buffer ETFs, die Verlustrisiken begrenzen und Ertragschancen kappen – interessant vor allem für Anleger in der Entnahmephase. „Education ist der Schlüssel“ für Bakrania.
Optimizing ETF Execution
Im Panel zur Handelsausführung erläuterten Fariza Kardanova (Bernstein), Robin Mess (XYT), Frank Mohr (Société Générale und Alex Roubaud (BlackRock) die technische Weiterentwicklung des Handels.
Der Wandel ist deutlich: Vom manuellen Orderprozess mit Excel-Listen hin zu algorithmischem Trading und automatisierten Market-Making-Strukturen. „Algo-Trading und Market Making wachsen immer stärker zusammen“, erklärte Mohr..
Fazit der Runde: Es gibt nicht den einen Handelsweg, sondern eine Vielzahl an Ausführungsoptionen – entscheidend sei die Transparenz über Preisqualität und Liquidität.
Retailmarkt im Wandel
Abschließend griffen Sören Ganz (flatexDEGIRO), Axel Schmidt und Sven Schumann (Deutsche Börse Group) den tagsüber häufig angesprochene Verhalten privater Anlegerinnen und Anleger auf.
Schumann verwies auf eine Aufteilung der Anleger in drei Gruppen: Etwa 30 Prozent investieren bereits regelmäßig, 30 Prozent noch nicht und 30 Prozent können es sich derzeit nicht leisten. Ziel müsse es sein, „die mittleren 30 Prozent zu erreichen – diejenigen, die grundsätzlich interessiert sind, aber noch zögern.
Schmidt betont die Bedeutung von Kosten. Anleger achteten insbesondere auf die expliziten Gebühren, die impliziten Kosten seien weniger zugänglich. Langfristig erwartet er eine Senkung der Orderkosten auf Null. Hier setze der Xetra-Service für privat Anleger an. Mit dem neuen Angebot für ETFs konnten Privatanleger bereits Preisvorteile von durchschnittlich 7,50 Euro pro Order erzielen. Außerdem sei eine Ausweitung der Handelszeiten geplant.
Das ETF Forum 2025 zeigte eindrucksvoll, wie stark sich der europäische ETF-Markt professionalisiert und diversifiziert hat. Ob im institutionellen Handel, bei Retail-Anlegern oder in der Produktinnovation – Wachstum, Digitalisierung und Regulierung bilden die drei zentralen Achsen.
Die Botschaft des Tages fasste Eric Leupold in seiner Eröffnungsrede zusammen: „Die nächsten 25 Jahre werden nicht durch Größe allein entschieden, sondern durch Innovation und Zusammenarbeit. „Think big!“
Fotos: Martin Joppen
Von Edda Vogt, 28. Oktober 2025 © Deutsche Börse AG