Egal ob Renaissance der Anleihen, steigende Bedeutung der Nachhaltigkeit, Multi-Asset-Strategien oder Krypto-Coins: mit ETFs können Investor*innen an allen Trends am Kapitalmarkt partizipieren. Unter anderem deshalb bleiben die börsengehandelten Fonds eine attraktive Anlageklasse, die in einem herausfordernden Marktumfeld weiter an Bedeutung gewinnt. So lautet unser Fazit des 14. ETF-Forums 2023.
Gastgeber Eric Leupold begrüßte gemeinsam mit seinem Team rund 250 institutionelle Teilnehmer*innen, darunter Vertreter*innen von 17 Emittenten, die ihre Produktpalette vorstellten. Der Leiter des Kassamarkts der Deutschen Börse betonte, wie wichtig ETFs in Zeiten verschiedener internationaler Krisen und sich rapide verändernder Rahmenbedingungen an den Finanzmärkten seien. „Die Zeiten für uns alle könnten spannender nicht sein. Sie machen es notwendig, Innovationen voranzutreiben und innovative Produkte zu entwickeln. Bleiben Sie innovativ und bleiben Sie der Deutschen Börse als Partner treu“, sagte Leupold, für den künstliche Intelligenz ein möglicher Innovationstreiber auch für die ETF-Branchen bedeutet. „Vielleicht werden wir beim nächsten ETF-Forum schon den ersten ETF am Markt sehen, der durch KI entwickelt wurde.“
Inflation und Zinswende werden den Markt noch eine Weile beschäftigen
Die erste von fünf Podiumsdiskussionen befasste sich mit den Auswirkungen der Energiekrise auf die globale Wirtschaft. Drei Chefvolkswirte diskutierten mit Moderatorin Corinna Wohlfeil, vielen als n-tv-Börsenreporterin bekannt. Einig waren sich die drei Ökonomen, dass die Geldpolitik in Europa und den USA noch ein wenig an der Zinsschraube drehen werde, um die Inflation einzudämmen. Dennoch werde die Teuerung im laufenden Jahr nicht mehrdas Vorkrisenniveau erreichen. „Im nächsten Jahr könnten wir bei den Konsumentenpreisen aber wieder die 2 Prozent sehen“, erwartet Carsten Klude von M.M. Warburg.
Bei grundsätzlicher Einigkeit gaben die drei Chefvolkswirte jedoch unterschiedliche Empfehlungen dazu, wie man sich angesichts der stark veränderten Rahmenbedingungen im Markt positionieren sollte. Jörg Zeuner von Union Investment und Stefan Hofrichter von Allianz Global Investors sprachen sich für eine höhere Gewichtung von Anleihen aus, während Carsten Klude von M.M. Warburg weiteres Potenzial im Aktienmarkt sieht, falls eine Rezession ausbleibt.
Anleihen wieder interessant – insbesondere als ETFs
Von „der Stunde der Renten-ETFs“ durch die Zinswende sprachen die Referenten auf dem zweiten Podium. Darüber, dass die Erholung am Anleihemarkt die Nachfrage nach Renten-ETFs steigen lässt, herrschte bei den drei Gesprächseilnehmern Einigkeit. Diskutiert wurde unter anderem die Frage nach dem richtigen Einstiegszeitpunkt in den Anleihemarkt und ob weitere Zinserhöhungen bereits in die aktuellen Anleihepreise eingepreist seien. In jedem Fall förderlich für die Nachfrage nach Anleihen sei, dass Banken die Zinserhöhungen momentan nur zögerlich an ihre Kund*innen weitergäben. Deshalb zögen viele von ihnen kurzlaufende Anleihen mit attraktiven Kupons Tagesgeldern vor.
Für Renten-ETFs spricht unter anderem die Liquidität, weiß Konradt Kleinfeld, der bei State Street Global Advisors für Renten-ETFs in EMEA zuständig ist. Einzelne Anleihen seien häufig illiquide und schwierig zu handeln. Außerdem würden ETFs von Profis zum Ab- und Aufbau von Risiken genutzt.
Blick voraus: Die Kosten für Renten-ETFs könnten künftig weiter sinken. „Bei Aktien-ETFs hat der Preisdruck schon stattgefunden, bei Anleihen-ETFs beobachten wir das auch gerade“, ergänzte Kleinfeld. Sascha Rehbein empfahl Anleger*innen außerdem, sich genauer mit dem zugrunde liegenden Index zu befassen, seine Streuung zum Beispiel. „Der Index hält, was Anleihen versprechen“, fasst der Portfoliomanager für Renten bei der Weberbank zusammen.
Stabilität durch einen Mix aus Assets und Strategien
In der dritten Runde standen Multi-Asset- und Multi-Faktor-Strategien im Mittelpunkt – insbesondere die Frage, wie ETFs in Zeiten hoher Volatilität als effektives Anlageinstrument genutzt werden können. Konsens dabei: Wie genau das richtige Mischverhältnis von Aktien und Anleihen aussehen muss, hängt von den Zielen und Einstellungen der Anleger*innen ab. Je nach Marktlage bringen Multi-Asset-Fonds aufgrund ihrer Zusammenstellung unterschiedliche Renditen, sie bieten aber vor allem Stabilität. Ein Grund, warum Anleger*innen bereit sind, die im Vergleich mit anderen ETF-Klassen etwas höheren Kosten zu tragen.
Auch beim Einsatz von Faktor-Strategien sorge ein Mix aus geringer Volatilität, größtmöglicher Dividende und guter Marktperformance für Stabilität im Depot.
Aber: „Jedes Jahr liegt eine andere Strategie vorne. Wichtig ist, dass man überhaupt investiert ist“, bilanzierte Sebastian Wielert von der DWS. „Der Marktanteil der Mischprodukte ist hierzulande allerdings noch sehr klein. Auch wenn Multi Asset-ETFs ein hervorragendes Instrument zur Altersvorsorge seien. „Gerade in Deutschland sind sie ein zartes Pflänzchen, das entwickelt werden muss“, beobachtet Fabian Behnke von Vanguard. Das läge vor allem an der Provisionsstruktur in der Anlageberatung.
Bessere Daten und entschlossenes Handeln für eine nachhaltige Anlagepolitik
In einem Panel, das sich mit der Frage beschäftigte, wie der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft in der Anlagepolitik berücksichtigt werden kann, ging es um den Marktanteil nachhaltiger ETFs und ihre Perspektiven. Für 20 bis 25 Prozent der Anleger*innen sei Nachhaltigkeit derzeit das wichtigste Anlageziel, berichtete Katharina Nickel von der BNP Paribas.
Adrian Breyer von der UBS ergänzte, dass etwa 20 Prozent des derzeit in ETFs investierten Vermögens Produkten zugeflossen sei, die Nachhaltigkeitskriterien in ihrer Anlagestrategie berücksichtigen.
Wichtig, um in diesem Teil des Marktes erfolgreich zu sein, ist es nach Ansicht des Podiums, Nachhaltigkeit zu messen bzw. zu belegen. Veronika Kylburg von Qontigo hob dabei die hohe Bedeutung von Daten hervor. „Alles steht und fällt mit der Datenqualität. Je mehr Daten wir haben und je exakter diese sind, umso aussagekräftiger werden die Indizes sein, die wir auf dieser Grundlage bilden.“
Durch die 2025 erstmals verpflichtend anzuwendende Corporate Sustainability Reporting Directive werde sich die Datenqualität weiter verbessern, ergänzte Katharina Nickel, die auch in einer aktiven Rolle des Asset Managements einen wichtigen Hebel sieht. „Das Fondsmanagement kann über sein Abstimmverhalten und über den Dialog mit den Unternehmen positiv Einfluss nehmen, sich zum Beispiel regelmäßig die Nachhaltigkeitsbilanz von Unternehmen erklären lassen, in die es investiert ist“, sagte Nickel.
Ein bisschen Krypto gehört in jedes Depot
Abschließend sprachen drei Spezialisten zur Zukunft des Kryptomarktes – und zeigten sich trotz der Insolvenz der Kryptobörse FTX und des zwischenzeitlichen viel beschworenen „Kryptowinters“ optimistisch. Bernhard Wenger von 21Shares war genau wie seine Diskussionspartner überzeugt, dass auf diesen bald ein Frühling folgt. „Viele Investoren glauben: Crypto is here to stay. Und Gold und Bitcoin sind die liquidesten Alternative Assets der Welt. Dazu gibt es zahlreiche Produkte, die an der Börse handelbar sind und dazu hohen Qualitätsstandards genügen müssen.“ Dennoch mahnte Wenger, sich zunächst mit Kryptowährungen zu befassen, bevor man investiere, und dabei den Grundsatz „Coin ist nicht gleich Coin“ zu beachten. Vor allem Bitcoin und Ethereum seien bislang etabliert, sieht Wenger. Nach Meinung aller Podiumsteilnehmer gehöre ein kleiner Anteil Krypto aber zukünftig in jedes Depot.
von: Carsten Kipper und Edda Vogt, 22. Mai 2023, © Deutsche Börse AG
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