Deutsche Aktien schießen so rasant nach oben wie lange nicht mehr – aus guten Gründen. Welche Deutschland-ETFs ins Portfolio gehören, weiß das ETF Magazin.
18. Juni 2025. MÜNCHEN (ETF Magazin). Die glänzende Entwicklung der deutschen Börse war in den letzten Monaten die größte Überraschung an den Finanzmärkten. Was befeuerte diesen Aufschwung? Schließlich fuhr die deutsche Wirtschaft in den vergangenen zwei Jahren vor allem im Rückwärtsgang. „Es läuft besser als befürchtet. Deshalb lagen der DAX und europäische Aktien vor US-Aktien und dem Rest der Welt und deshalb erreichten sie immer neue Höchststände“, erklärt Ken Fisher, langjähriger FOCUS-MONEY-Kolumnist und Gründer des großen US-Vermögensverwalters Fisher Investments. Seine Prognose: „Diese Entwicklung sollte anhalten.“ .
Für echte Euphorie sorgte dabei die Lockerung der Schuldenbremse. Die geplanten Milliardeninvestitionen in Rüstung und Infrastruktur sind nicht nur für Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Privatbank Berenberg, eine „wirklich große Bazooka“. Neuen Schub für deutsche Aktien brächte auch eine Ende des Ukraine-Kriegs. „Die Kosten für den Wiederaufbau könnten sich auf 500 Milliarden Dollar belaufen“, schätzt Eduard Baitinger, Leiter Asset Allocation der FERI AG. Ein beträchtlicher Teil des Wiederaufbaus dürfte von deutschen Unternehmen gestemmt werden.
Ein gewichtiger Punkt für das Potenzial deutscher Aktien ist auch ihre vergleichsweise niedrige Bewertung. Zwar liegen deutsche Aktien aufgrund der Kursgewinne inzwischen über ihrem langjährigen Bewertungsdurchschnitt, zugleich allerdings noch immer unter dem Niveau der US-Aktien. Auch deshalb haben etliche internationale Investoren bereits in Richtung Deutschland umgeschichtet.
Hinzu kommt die Aussicht auf steigende Unternehmensgewinne. Die Chancen dafür stehen gut, sagt Andreas Hürkamp, Aktienstratege der Commerzbank. Seinen Optimismus zieht er aus bereits erfolgten Gewinnmeldungen und aus höheren Gewinnschätzungen der Aktienanalysten. Vor allem die ganz großen deutschen Unternehmen erwirtschaften ihre Erträge ganz überwiegend im Ausland – wo die Konjunktur läuft und deutsche Produkte noch immer gefragt sind. Die DAX-Unternehmen erzielen nur noch rund 20 Prozent ihrer Erträge im Inland.
Die Aktiengesellschaften aus der zweiten oder dritten Reihe hängen zwar stärker von der inländischen Konjunktur ab, doch Experten schätzen, dass auch deren Erträge zu rund 50 Prozent im Ausland erwirtschaftet werden. Aufgrund ihrer stärkeren Abhängigkeit vom Inland konnten die kleineren Aktien in den letzten Jahren nicht mit dem DAX mithalten, doch angesichts der erwarteten Milliarden-Konjunkturprogramme der neuen Bundesregierung könnte das künftig anders aussehen.
Die Spielmacher
Zudem haben die Unions-Parteien im Wahlkampf versprochen, für niedrigere Netzentgelte sowie für Steuersenkungen sorgen zu wollen. Dies würde vor allem den Nebenwerten nutzen: „Kleine und mittlere Firmen, deren Gewinne überwiegend in Deutschland anfallen, würden von Steuersenkungen profitieren“, erklärt Christian Curac, Leiter Asset Management der Fürst Fugger Privatbank. Gemeinsam mit einem Bürokratieabbau würde dies die Wettbewerbsfähigkeit vieler MDAX- und SDAX-Unternehmen spürbar steigern. Auch eine Entlastung bei den Energiekosten oder mehr Digitalisierungn kämen mittelständischen Firmen zugute. „Künftig könnten es die stärker binnenorientierten Unternehmen sein, die Impulse setzen und so dem MDAX und SDAX zu neuem Schwung verhelfen“, resümiert Curac.
Das Chefs der deutschen Wirtschaft schätzen die Lage schon länger als gut ein. Das zeigt der ifo-Geschäftsklimaindex, der im März zum dritten Mal in Folge zulegte. „Die Unternehmen zeigten sich zufriedener mit der aktuellen Lage und die Erwartungen stiegen merklich,“ berichten die Forscher des ifo-Instituts nach ihrer Umfrage unter 9.000 deutschen Unternehmen.Und dann spricht schließlich auch die Zinspolitik für deutsche Aktien. Die europäische Zentralbank EZB agiert expansiver als die US-Notenbank. Zinsexperten wie Michael Krautzberger, CIO Fixed Income bei Allianz Global Investors, sehen den EZB-Leitzins in Kürze bei zwei Prozent oder „vielleicht sogar darunter“.
Für die Finanzierung der Unternehmen sind sinkende Zinsen von Vorteil – und dürften vor allem die DAX-Aktien unterstützen, erklärt Commerzbank-Stratege Hürkamp. Schon 2024 haben die 40 Dax-Konzerne mit einem Nettogewinn von 111 Milliarden Euro glänzend verdient. Für dieses Jahr prognostizieren die Aktienanalysten eine Gewinnsteigerung von mehr als 13 Prozent. „Dank des geplanten XXL-Konjunkturpakets des Bundes stehen die Chancen gut, dass die Unternehmen die Gewinnerwartungen schaffen oder sogar übertreffen“, sagt Hürkamp.
DAX, MDAX, TecDAX und SDAX: Wer mit ETFs in deutsche Aktien investieren will, kommt an den Indizes der Deutschen Börse nicht vorbei. ETFs auf diese Indizes gibt es zahlreiche und einige DAX-ETFs gehören zu den am stärksten gehandelten Indexfonds an der Deutschen Börse. Alle vier Indizes werden standardmäßig als Performance-Indizes berechnet, enthalten also Dividenden. Es gibt aber auch jeweils einen Preisindex, bei dem keine Dividenden einfließen.
Ein Blick auf die ETF-Kursliste zeigt, dass etwa die Hälfte der DAX-ETFs ebenfalls thesaurieren, also die Dividenden automatisch in den Fonds reinvestieren. Gut die Hälfte schüttet dagegen die Dividenden quartalsweise oder halbjährlich aus. Wer mit seinem Investment so nah wie möglich am Index bleiben will, greift am besten zu einem thesaurierenden DAX-ETF. Wer Wert auf laufende Erträge liegt, nimmt einen ausschüttendne ETF. Aufgrund der Ausschüttung wird jedoch deren Kurs langsamer steigt als der Performance-Index und der Kurs eines thesaurierenden ETFs, denn bei diesen werden ja die Dividenden sofort für Neu-Investments in den Index nutzen.
Für gehebelte DAX-Investments gibt es ebenfalls passende ETFs, etwa den L&G DAX Daily 2x Long EUR. Dessen Kurs steigt oder fällt jeden Tag doppelt so stark wie der DAX Index. Das lohnt, wenn die Kurse einige Tage oder Wochen überwiegend zulegen. In Phasen mit längerer Seitwärtsbewegung und natürlich in einer Baisse sind diese gehebelten ETFs allerdings kein wirklich lockendes Investment. Wer unbedingt auf einen fallenden DAX wetten will, kann den Xtrackers ShortDAX Daily Swap nutzen. Der Kurs dieses ETFs entwickelt sich auf täglicher Basis stets genau entgegengesetzt zum DAX.
Doch welcher ETF ist die beste Wahl, um von den guten Perspektiven der Deutschen Aktienmarkts zu profitieren? Ein genauerer Blick auf die Zusammensetzung der verschiedenen Indizes erleichtert eine fundierte Entscheidung. So enthält der DAX-Index nur die 40 größten deutschen Aktien, gemessen an ihrer Streubesitz-Marktkapitalisierung. Trotz dieser überschaubaren Mitgliederzahlt repräsentiert der DAX dennoch rund 80 Prozent der Marktkapitalisierung der börsennotierten Aktiengesellschaften in Deutschland. Der Index wurde am 1. Juli 1988 eingeführt und rückwirkend für den 31. Dezember 1987 auf 1000 Indexpunkte normiert. Die Gewichtung der Aktien im Index erfolgt nach ihrer Marktkapitalisierung, weshalb aktuell die zehn größten Aktien 64 Prozent des Index-Portfolios ausmachen.
Besonders dominant ist dabei die SAP-Aktie, die derzeit auf knapp 15 Prozent Anteil kommt, gefolgt von Siemens mit einem Gewicht von fast elf Prozent. Allianz, Airbus und Deutsche Telekom zählen mit einem Anteil von gut sechs bis acht Prozent ebenfalls zu den einflussreichsten Indexwerten. Über alle 40 Aktien hinweg ergeben sich auch klare Branchen-Schwerpunkte. Mehr als 27 Prozent des Index-Portfolios stellen Industriewerte, Finanzdienstleister kommen auf 21 Prozent. Der Technologie-Sektor wird im DAX dagegen nur durch SAP und Infineon repräsentiert, die zusammen etwas mehr als 17 Prozent Anteil am Indexportfolio erreichen.
Im DAX ist eine Kappungsgrenze eingezogen, die die Gewichtung einer einzelnen Aktie auf maximal 15 Prozent begrenzt. In der Vergangenheit ist beispielsweise die Linde-Aktie aufgrund überdurchschnittlicher Kursgewinne immer wieder an diese Grenze gestoßen. Investoren, die den DAX abbilden, waren daher gezwungen, ihre Positionen zu reduzieren, um die Grenze einzuhalten. Das hat dazu beitragen, dass die Linde-Aktie heute nicht mehr an der deutschen Börse gelistet ist, sondern an der US-Börse. Um zu verhindern, dass der DAX möglicherweise auch SAP verliert, gibt es inzwischen einen DAX ohne Kappungsgrenze. Die SAP-Aktie stößt immer wieder an die 15-Prozent-Grenze und müsste aktuell mit knapp 17 Prozent gewichtet werden, was allerdings gegen die Indexregel verstößt.
DAX-Indextracker müssen deshalb immer wieder die Position in Deutschlands stärkster Aktie verringern. In dem neuen Index wären die Gewichte unbegrenzt, was allerdings aufgrund der stärkeren Abhängigkeit von einzelnen Aktien die Volatilität des Index erhöhen könnte, wie die Deutsche Börse warnt. Erste Anbieter haben bereits ETFs auf den neuen DAX angekündigt. Diese ETFs wären ebenfalls von einer Kappungsgrenze befreit: Sofern ein Index dies vorgibt, darf eine einzelne Aktie im ETF ein Gewicht von maximal 35 Prozent erreichen.
Die zweite Reihe
Der MDAX – abgeleitet von Mid-Cap-DAX – steht für mittelgroße Unternehmen und spiegelt die Entwicklung der 50 größten Unternehmen wider, die hinsichtlich Marktkapitalisierung und Orderbuchumsatz auf die 40 Unternehmen des DAX folgen. Der MDAX wurde am 19. Januar 1996 aufgelegt und wie der DAX zum 30. Dezember 1987 auf 1000 Indexpunkte rückbasiert. Aktuell notiert er bei 29 000 Punkten, was bedeutet, dass der MDAX seit 1987 stärker gestiegen ist als der DAX. In der von den Technologietiteln getriebenen Hausse seit Herbst 2022 blieb der MDAX jedoch deutlich hinter seinem großen Bruder zurück. Ein Blick ins Portfolio zeigt warum: Mit einem Anteil von weniger als zehn Prozent sind Technologieaktien im MDAX noch wesentlich niedriger gewichtet als im DAX. Aktien aus dem Bereich der Industrie stellen dagegen etwa ein Drittel des Indexportfolios. Wichtige Unternehmen im MDAX sind Lufthansa, GEA, Scout24, Nemetschek und Knorr-Bremse.
Der SDAX – abgeleitet von Smallcap-DAX – ist der Auswahlindex für 70 kleinere börsennotierte Unternehmen, die mit Handelsvolumen und Marktkapitalisierung unter den MDAX-Werten liegen. In den Index kommen nur börsennotierte Gesellschaften, die bei Handelsvolumen und Marktkapitalisierung zu den 165 größten börsennotierten Werten gehören. Im SDAX finden sich spannende Namen wie ATOSS Software oder die RENK Group. Allerdings gibt es nur einen einzigen ETF für diesen Index, den Amundi SDAX ETF. Er schockt mit einer Kostenquote von 0,7 Prozent.
Etwas größer ist das ETF-Angebot beim TecDAX. Der 2003 eingeführte TecDAX-Index enthält schließlich die 30 größten Technologiewerte in Bezug auf die Marktkapitalisierung und Börsenumsätze. Dabei werden zunächst alle deutschen Technologiewerte quartalsweise bewertet und nach einem abgestuften System in eine Rangliste mit den 35 größten Titeln aufgenommen. Anhand dieser Rangliste entscheidet dann das Indexkomitee, welche Aktien in den TecDAX aufgenommen werden und welche herausfallen. Die Systematik bedeutet, dass auch DAX- und MDAX-Aktien im TecDAX enthalten sind. Dominante Unternehmen im TecDAX sind Infineon, Deutsche Telekom und SAP, die jeweils ein Gewicht von mehr als 15 Prozent haben. Zu den weiteren Schwergewichten zählen Siemens Healthineers, Qiagen und Sartorius und Nemetschek.
Spannende Angebote
Als Alternative zur DAX-Familie haben die ETF-Emittenten noch einige Spezialitäten im Angebot, die mehr als einen kurzen Blick wert sind. Unter anderem gibt es ETFs für deutsche Aktien, die bei der Titelauswahl auch Nachhaltigkeits-Kriterien berücksichtigen. Der Amundi DAX 50 ESG ETF So repliziert den DAX 50 ESG+ Index. Dieser setzt sich aus den 50 größten deutschen Aktien zusammensetzt, die nach ESG-Kriterien als besonders nachhaltig eingestuft werden, ausgewählt aus den 75 größten Unternehmen am deutschen Markt. Ausgeschlossen sind Unternehmen, die im Handel oder der Produktion kontroverser Waffen, Tabakwaren, Kohle und Kernenergie engagiert sind. Als Folge dieser Nachhaltigkeitsfilter fehlen im DAX 50 ESG ETF unter anderem Bayer, Rheinmetall und RWE. Insgesamt sind Industriewerte nur mit einem Anteil von 15 Prozent vertreten. Im Original-DAX-40 kommen Industrie-Unternehmen auf 27 Prozent. Trotz dieser Unterschiede weicht die Wertentwicklung des ESG-DAX nicht dramatisch von der des Original-DAX ab. In den vergangenen zwölf Monaten blieb der ESG-DAX etwas hinter dem DAX zurück, doch es gab auch Jahre, in denen die Entwicklung umgekehrt verlief.
Mit sehr strengen ESG-Kriterien arbeitet auch der Deka MSCI Germany Climate Change ESG ETF. Dieser ETF trackt den MSCI Germany Climate Change ESG Select Index, der ein Portfolio aus zurzeit 46 großen und mittelgroßen deutschen Unternehmen abbildet, die nach ESG-Kriterien gefiltert werden. Auch diese Filter beinhalten diverse Ausschlusskriterien für Unternehmen, die im Bereich Atomwaffen, Tabak, Kohle, Kernkraft oder Öl und Gas tätig sind. Darüber hinaus werden Unternehmen, die die Grundsätze des Global Compact der Vereinten Nationen nicht einhalten, ebenfalls aus dem Index ausgeschlossen.
Eine weitere überlegenswerte Alternative zu den DAX-ETFs ist der Vanguard Germany All Cap ETF. Dieser ausschüttende ETF bildet voll replizierend den FTSE Germany All Cap Index nach. Der FTSE-Index enthält 150 deutsche Aktien, DAX-Schwergewichte ebenso wie mittelgroße und kleine Aktien. Da auch
dieser Index die einzelnen Titel nach ihrer Marktkapitalisierung gewichtet, sind die zehn größten Positionen in diesem ETF durchweg DAX-Titel. Mit einem gemeinsamen Anteil von 58 Prozent am ETF-Vermögen haben die Top-Ten im Vanguard Germany All Cap ETF allerdings etwas weniger Einfluss auf die Indexentwicklung als im DAX. Interessantes Detail: Beim FTSE Germany All Cap Index ist das Maximalgewicht einer Aktie nicht auf 15 Prozent beschränkt. Deshalb stellt SAP rund 17 Prozent des Portfolios des Vanguard Germany ETF.
Dieser Unterschied und die Tatsache, dass im Vanguard ETF Aktien aller Größen vertreten sind, wirkt auch auf die Branchengewichte. So haben Industriewerte in diesem ETF nur rund 20 Prozent Anteil während Technologietitel mehr als 20 Prozent stellen. Doch trotz dieser zuletzt eher vorteilhaften Branchengewichte blieb der Vanguard Germany All Cap ETF in den vergangenen fünf Jahren mit seiner Wertentwicklung etwas hinter dem DAX zurück. Verantwortlich dafür dürften die kleineren und mittleren Werte gewesen sein, die in den letzten Jahren schwächer liefen als die Schwergewichte im DAX. Künftig könnten jedoch gerade die Aktien aus der zweiten Reihe dem All-Cap-ETF einen Vorsprung verschaffen.
Von Ronny Kohl, April 2025, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
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