Gewinne mitnehmen nach dem starken ersten Halbjahr und vor der Berichtsaison? Das scheinen ETF-Anleger*innen nicht unbedingt so zu sehen, die Zuflüsse dominieren weiter. Nur bei Tech-Aktien gehen die Meinungen auseinander.
11. Juli 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die turbulente Vorwoche an der Börse hat sich im ETF-Handel nicht niedergeschlagen. Das Geschäft läuft in ruhigen Bahnen. „Der Sommer macht sich bemerkbar“, erklärt Frank Mohr von der Société Générale. „Die Käufe überwogen vergangene Woche aber klar.“ Das liege allerdings vor allem an den zu Monatsanfang ausgeführten Sparplänen. Bei Lang & Schwarz werden beide Seiten gleichermaßen gehandelt. „Schwerpunkt sind S&P 500- und Nasdaq-ETFs“, bemerkt Händler Leo Puschmann. Der DAX, der noch Mitte Juni ein neues Allzeithoch von knapp 16.428 Punkten markiert hatte, war vergangene Woche aufgrund von Zinserhöhungssorgen bis auf 15.500 Zähler gefallen. Am Dienstagmittag sind es wieder 15.700 Punkte.
Die für Sparpläne beliebten globalen Indizes – allen voran der MSCI World – machen bei der Société Générale den mit 40 Prozent größten Umsatzanteil aus, mit einem deutlichen Käuferüberhang (IE00B4L5Y983, <LU1861134382>). Was US-Aktien angeht, ist das Bild gemischter. „Tendenziell sind es sogar eher Abgaben“, bemerkt Mohr mit Blick auf den Amundi S&P 500 (LU1681048804) und den iShares Nasdaq 100 (IE00B53SZB19). Auch für die europäischen Indizes sieht Mohr Zu- wie Abflüsse mit einem leichten Verkäuferüberhang, nur bei deutschen meist Zuflüsse.
Der Nasdaq 100 hatte im ersten Halbjahr um knapp 39 Prozent zugelegt – das war beste erste Halbjahr seiner Geschichte. Seitdem geht es seitwärts beziehungsweise leicht nach unten.
Tech-Branche: Auch Gewinnmitnahmen vor Berichtssaison
Technologieaktien ziehen auch im Handel mit Branchen-ETFs weiter viel Aufmerksamkeit auf sich. „Das ist das spannendste Thema“, meint Puschmann. „Bei uns gibt es Gewinnmitnahmen, aber auch noch Käufe.“ Diese Woche startet die Berichtssaison über das zweite Quartal. Dann dürfte sich zeigen, ob der Kursanstieg gerechtfertigt war.
Auch bei der Société Générale dreht sich das meiste um Tech-Werte, daneben noch um Energie- und Gesundheitsaktien. „Für alle drei sehen wir eher Abgaben“, stellt Mohr fest. Betroffen seien etwa der iShares Automation & Robotics (IE00BYZK4552) und der Xtrackers MSCI World Communication Services (IE00BM67HR47). Der erste kommt seit Jahresanfang immer noch auf ein Plus von 22 Prozent, der zweite sogar auf 26 Prozent.
Zudem trennen sich Anleger*innen vom Amundi Stoxx Europe 600 Energy ESG Screened (LU1834988278), setzen aber auf den iShares S&P 500 Energy Sector (IE00B42NKQ00). Abflüsse dominieren beim iShares Healthcare Innovation (IE00BYZK4776), der weltweite Aktien aus der Gesundheitsbranche abbildet.
Kommer-ETF kann punkten
Gute Umsätze registriert Mohr im Übrigens für den vor drei Wochen lancierten ETF von „ETF-Papst“ Gerd Kommer, bekannt für Bestseller wie „Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs“ und mittlerweile in vielen Medien präsent. Der L&G Gerd Kommer Multifactor Equity (IE000FPWSL69, (IE0001UQQ933) bildet Aktien aus Industrie- und Schwellenländern ab, die Ländergewichtung erfolgt zu 50 Prozent nach Marktkapitalisierung und zu 50 Prozent nach BIP, um nicht zu stark auf die USA zu setzen. Zudem wird ein Multifaktor-Ansatz verfolgt.
Geldmarkt-ETFs beliebt
Gleichzeitig bleibt das Interesse an Geldmarkt- und geldmarktnahen ETFs hoch. Mohr sieht weiter viel Zuspruch für den Lyxor Euro Overnight Return (FR0010510800). Nicht mehr viel wissen wollen Anleger*innen unterdessen von Unternehmensanleihen: Der Amundi Index Euro Corporate SRI (LU1437018168) steht auf den Verkaufslisten, ebenso der iShares USD Corp Bond ESG (IE00BKKKWJ26).
In Europa notierte ETFs verzeichneten im Juni Nettozuflüsse in Höhe von 11,4 Milliarden US-Dollar, angeführt von Zuflüssen im festverzinslichen Bereich mit fast 7,9 Milliarden US-Dollar, wie ETF-Emittent SPDR berichtet. Aktien-ETFs flossen hingegen „nur“ 6,1 Milliarden US-Dollar zu, während Rohstoffengagements mehr als 2,7 Milliarden US-Dollar verloren. „Dass es im Juni mehr Mittelzuflüsse in Anleihe-ETFs als in Aktien-ETFs gab, spiegelt die Unsicherheit der Investoren wider“, erklärt Markus Weis, ETF-Deutschlandchef bei SPDR. Viele Investoren erwarteten weiter steigende Zinsen und gingen dementsprechend von einer sich abschwächenden Aktienmarktentwicklung aus. Käufe meldet SPDR unter anderem für defensivere Aktienstrategien mit Dividenden- und Value-Ansatz. Darüber hinaus hätten einige Investoren die guten Kurse der Technologiewerte zur Gewinnmitnahme genutzt und zum Beispiel in kleinere Unternehmen investiert. „Bei Anleihen überwog ebenfalls der Sicherheitsaspekt. Investoren bevorzugten Staatsanleihen und sicherere Unternehmensanleihen."
Goldpreis-Tracker gefragt
Viel um geht bei Lang & Schwarz darüber hinaus in Gold-ETCs, vor allem in Xetra Gold (DE000A0S9GB0). „Beim Goldpreis zeichnet sich eine Stabilisierung ab“, bemerkt Puschmann. Der Goldpreis war von 2.059 US-Dollar Anfang Mai bis auf rund 1.900 US-Dollar gefallen, jetzt sind es wieder 1.936 US-Dollar. Ruhiger geworden ist es um die lange so beliebten Gas-ETCs mit Hebel (<IE00BLRPRG98>).
Ebenfalls gemächlicher zu geht es im Handel mit Krypto-ETNs. Dabei war der Bitcoin vergangene Woche kurz über 31.000 US-Dollar gestiegen, jetzt sind es 30.508 US-Dollar. „Das merken wir nicht“, berichtet Puschmann.
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von: Anna-Maria Borse, 11. Juli 2023, © Deutsche Börse
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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