Von europäischen und internationalen Aktien will derzeit kaum jemand etwas wissen. Die Öffnungen in China locken aber so manchen wieder in chinesische Aktien. Einzelne offene Immobilienfonds zeigen Schwäche.
7. Juli 2022 Frankfurt (Börse Frankfurt). Angesichts der Abwärtstendenz am Aktienmarkt ziehen viele Fondsanleger*innen offenbar lieber die Reißleine. „Ukraine-Krieg und Rezessionsängste und nun auch noch wieder steigenden Corona-Zahlen, das sorgt für viel Unsicherheit. Niemand weiß, wie es weitergeht“, erklärt Matthias Präger von der Baader Bank. Der Verkaufsdruck sei daher groß – allerdings bei deutlich niedrigeren Umsätzen als im ersten Quartal. Jan Duisberg von der ICF Bank spricht von einer kompletten Neubewertung. „Das ist schon ein Superlativ an Negativem, was am Markt zu verdauen ist.“
„Bestandsimmobilien neu bewertet“
Nichts scheint verschont zu bleiben. Den hierzulande so beliebten offenen Immobilienfonds machen Zinsanstieg und Energiekrise gleichzeitig zu schaffen. „Bestandsimmobilien werden neu bewertet, etwa solche mit Gasheizungen“, stellt Duisberg fest. Stark betroffen vom Abgabedruck seien vor allem der Grundbesitz Europa (DE0009807008) und der Grundbesitz Global (DE0009807057).
Hohe Umsätze auf beiden Seiten meldet der Händler für den HausInvest (DE0009807016) und den Deka-ImmobilienGlobal (DE0007483612). Die verzeichnen allerdings ebenfalls Kursverluste. Gut behaupten könnten sich hingegen der Fokus Wohnen Deutschland (DE000A12BSB8) und der Wertgrund WohnSelect (DE000A1CUAY0). „Beim Wertgrund sehen wir mehr und mehr Liquididät.“
Die Ratingagentur Scope hatte im Juni ihre Bewertungen für 17 offene Immobilienpublikumsfonds aktualisiert und sechs Fonds herunter- und nur zwei hochgestuft. „Anleger müssen aktuell mit niedrigeren risikoadjustierten Renditen leben als noch vor einigen Jahren", erklärte Sonja Knorr, die bei Scope die Analyse alternativer Investments leitet. Die Fonds litten unter steigenden Zinsen und den Folgen des Ukraine-Kriegs, allerdings mehr unter den Zinsen. Denn damit wachse die Belastung der offenen Immobilienfonds, die Attraktivität im Vergleich zu anderen Zinsanlagen falle. Knorr hält das Rendite-Risiko-Profil der offenen Immobilienfonds aber weiter insgesamt für gut.
Aktienfonds auf Abgabelisten
Klassische Aktienfonds mit deutschen, europäischen oder internationalen Aktien stehen laut Präger klar auf den Verkaufslisten. So trennten sich Anleger*innen vom FF European Growth mit europäischen Wachstumstiteln (LU0048578792), vom UBS Small Caps Germany mit deutschen Small Caps (DE0009751651), vom Siemens Global Growth mit globalen Wachstumsunternehmen (DE0009772657) und vom DWS Top Dividende mit dividendenstarken Blue Chips aus der ganzen Welt (DE0009848119).
Zugegriffen werde hingegen noch beim DWS Aktien Strategie Deutschland mit Aktien großer, mittlerer und kleiner Unternehmen (DE0009769869) und beim Fidelity World mit internationalen Werten (LU0069449576).
Präger
China wieder auf dem Schirm
Nicht fortgesetzt hat sich dem Baader Bank-Händler zufolge der Ausverkauf von Fonds mit chinesischen Aktien. China profitiert von den Lockdown-Lockerungen. Außerdem setzt Peking – anders als die westlichen Notenbanken – die lockere Geldpolitik fort.
„Die Zahl der Käufe steigt“, erklärt Präger. So setzten Anleger auf den Vitruvius Greater China Equity (LU0431685097) und den UBS Greater China (LU0072913022). Nur beim Robeco Chinese Equities (LU0187077309) überwögen weiter Abflüsse. Der chinesische Aktienmarkt hat sich in den vergangenen Wochen deutlich erholt, einzelne Fonds wie der von Vitruvius haben die kräftigen Verluste aus den Vormonaten sogar wieder wettmachen können. Seit Jahresanfang kommt der Fonds auf ein kleines Plus.
Suche nach Speziellem
Die Themen Technologie, Biotechnologie und Nachhaltigkeit liefen lange blendend. Das ist nun anders. „Jetzt sind es keine bestimmten Branchen mehr, sondern einzelne Fonds, die gut ankommen“, erklärt Duisberg. Dazu gehörten zum Beispiel der Robeco Global Consumer Trends Equities (LU0187079347) und der Apus Capital Revalue (DE000A1H44E3). Der Robeco-Fonds investiert in strukturelle Wachstumstrends im Konsumbereich, etwa dem Trend zum Online-Shopping. Seit Jahresanfang verzeichnet der Fonds allerdings auch ein Minus von 28 Prozent. Beim Apus Capital sind es sogar fast 30 Prozent. Anlageschwerpunkt des Apus-Fonds sind Aktien mit attraktivem Rendite-Risiko-Profil. Die Titelauswahl erfolgt über einen substanzorientierten Ansatz.
Nichts mehr viel wissen wollen Anleger*innen offenbar von Minenaktien. Wie Präger meldet, fliegt der BGF World Mining Fund in US-Dollar (LU0075056555) und Euro (LU0172157280) aus den Portfolios.
Rentenfonds – warum nicht?
Wegen der hohen Unsicherheiten sind Mischfonds außerdem wieder beliebter. Als Beispiele nennt Duisberg den Deka-Privatvorsorge AS (DE0009786202). Selbst klassische Rentenfonds würden jetzt wieder gekauft, vor allem der Flossbach von Storch Bond Opportunities (LU0399027613) und der FF Euro Bond (LU0048579097).
von: Anna-Maria Borse 7. Juli 2022, © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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