Die entschlossenen Worte von US-Notenbankchef Powell vergangenen Freitag haben zu einem erneuten Abverkauf am Kryptomarkt geführt. Der Bitcoin rutscht heute unter 20.000 US-Dollar. Hoffnung macht aber vielen die anstehende Ethereum-Umstellung „The Merge“.
1. September 2022 Frankfurt (Börse Frankfurt). Die leichte Erholung an den Kryptomärkten kommt mit dem Ende der Sommerrally am Aktienmarkts zum Schluss. Die meisten Kryptowährungen haben in den vergangenen Wochen wieder an Wert verloren.
Damit bleibt die Korrelation zu Technologieaktien und konkret zum Nasdaq 100 hoch. Allen Risikoanlagen hatten die jüngsten Aussagen von US-Notenbankchef Jerome Powell vom Freitag zugesetzt. Der hatte klargestellt, dass die Notenbank mit aller Kraft gegen die Inflation vorgehen wird – selbst zulasten der Konjunktur. Hoffnungen auf Zinssenkungen schon im kommenden Jahr wurden damit endgültig zunichte gemacht. Schon zuvor hatte das Protokoll der letzten Notenbanksitzung in eine ähnliche Richtung verwiesen. „Nach der Veröffentlichung des Protokolls am 19. August wurden Long- und Short-Positionen in Kryptos im Wert von über 600 Millionen US-Dollar aufgelöst, weitere 350 Millionen US-Dollar nach der Rede von Powell“, berichtet Leena ElDeeb vom Emittenten 21Shares.
Schlechte Nachrichten reißen nicht ab
Aktuell wird der Bitcoin zu 19.900 US-Dollar gehandelt, nach über 24.000 US-Dollar Mitte August. Die zweitgrößte Kryptodevise, Ethereum, kostet aktuell wieder nur 1.547 US-Dollar nach über 1.900 US-Dollar vor knapp drei Wochen. Die Allzeithochs von fast 69.000 US-Dollar für Bitcoin und fast 4.900 US-Dollar für Ethereum vom vergangenen November sind ohnehin in weiter Ferne.
Daten von CoinMarketCap zufolge ist die Marktkapitalisierung von Krypto-Assets im Vergleich zum Vormonat um weitere 10 Prozent geschrumpft. Viele schlechte Nachrichten lasten auf dem Markt – vor allem der Kollaps des Stablecoins Terra und die Pleiten des Hedgefonds Three Arrows Capital, der Krypto-Kreditplattform Celsius und zuletzt auch des Berliner Krypto-Fintechs Nuri. Negativ ausgewirkt hat sich laut Leena ElDeeb auch das Verbot des Kryptomixers Tornado Cash durch das US-Finanzministeriums am 8. August, Hintergrund sind Geldwäschevorwürfe.
Ethereum: Warten auf den großen Wurf
Großes Thema ist derzeit das Ethereum-Update „The Merge“, das in mehreren Schritten ab 6. September und endgültig am 15. September umgesetzt werden soll. Ziel des Wechsels auf den sogenannten Proof of Stake ist es, die Blockchain sicherer und skalierbarer zu machen. Vor allem soll durch „The Merge“ aber der riesige Energiebedarf – eines der Hauptkritikpunkte an Kryptowährungen – um 99 Prozent gesenkt werden. Die Umstellung gilt allerdings als sehr kompliziert, das Gelingen ist nicht ausgemacht. „Es ist wie Flugzeug zu fliegen und in der Luft das Triebwerk auszutauschen", erklärte der Krypto-Veteran und Gegner der Umstellung Chandler Guo in der „New York Times“. Scheitert „The Merge“, würde das der Kryptobranche einen weiteren schweren Schlag versetzen. „Es ist eine riesige Chance für Ethereum. Und vielleicht die letzte Chance für die Kryptowelt, mehr zu sein als nur ein Spielplatz für Spekulanten“, schreibt das Handelsblatt.
Ethereum ist nach Bitcoin die zweitgrößte Kryptowährung der Welt. Gegründet wurde sie 2013 von Programmierer Vitalik Buterin. Ethereum ist, anders als Bitcoin, mehr als Zahlungsmittel. Etwa ermöglicht Ethereum das Ausführen von automatisierten Verträgen, den Smart Contracts. Die Ethereum-Blockchain ist auch Basis für zahlreiche Krypto-Anwendungen aus dem Bereich der „dezentralen Finanzwelt“ (Defi).
„Liquidität in Krypto-ETNs ist da, selbst in Randstunden“
Wie WisdomTree meldet, haben die Zuflüsse in Krypto-ETNs im dritten Quartal nach einem sehr ruhigen zweiten Quartal etwas zugelegt. „Die Preise könnten im Juni einen Boden gefunden haben”, meint Benjamin Dean, Director Digital Assets bei WisdomTree. Für physisch besicherte Bitcoin-ETNs meldet er Zuflüsse von netto 28 Millionen Euro seit Anfang Juli, nach Abflüssen von 121 Millionen Euro im zweiten Quartal. „Es bleibt abzuwarten, ob trotz steigender Zinsen in vielen Industrieländern dieses Momentum anhalten wird.” Auch für physisch besicherte Ethereum-ETNs berichtet er von Nettokäufen seit Anfang Juli nach Abflüssen im zweiten Quartal.
Die Händler melden sehr niedrige Umsätze. „Allenfalls in den großen Kryptos ist noch etwas los, in den kleineren fast gar nichts mehr“, bemerkt Andreas Schröer von Lang & Schwarz. Auch laut Jan Duisberg von der ICF Bank sind die Umsätze mit Kryptowährungs-ETNs niedrig. „Seit Monaten geht es mit dem Preis nur abwärts. Da fehlt vielen einfach die Fantasie.“ Seiner Einschätzung nach befindet sich die Branche derzeit in einer großen Umstrukturierung. „Man muss sehen, wer überlebt und wer nicht.“ Liquidität sei allerdings immer ausreichend vorhanden, selbst in Randzeiten. Gehandelt würden vor allem der 21Shares Crypto Basket Index (CH0445689208), aber auch der 21Shares Bitcoin Core (CH1199067674), der VanEck Polkadot (DE000A3GSUC5), der VanEck Solana (DE000A3GSUD3) und der 21Shares Ethereum (CH0454664027).
Auch großes Interesse an Short-ETN
Meist gehandelter Krypto-ETN an der Börse Frankfurt in den vergangenen vier Wochen war der BTCetc - ETC Group Physical Bitcoin (DE000A27Z304) gefolgt vom 21Shares Short Bitcoin (<CH0514065058>), 21Shares Ethereum (CH0454664027), VanEck Bitcoin (DE000A28M8D0) und VanEck Ethereum (DE000A3GPSP7).
Das Krypto-ETN-Segment der Deutschen Börse umfasst mittlerweile 86 Produkte von zwölf Anbietern auf insgesamt 20 einzelne Kryptowährungen sowie auf sieben Krypto-Indizes. Alle auf Xetra handelbaren Krypto-ETNs sind physisch besichert und im Regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet. Darüber hinaus werden alle Krypto-ETNs auf Xetra von der Eurex Clearing AG als zentralem Kontrahenten (CCP) der Gruppe Deutsche Börse zentral gecleart. Durch das zentrale Clearing profitieren insbesondere institutionelle Investoren zusätzlich von deutlich reduzierten Risiken bei der Abwicklung der Geschäfte.
von: Anna-Maria Borse, 2. September 2022, © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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