Roger Peeters sieht im verfügbaren Geld auf den internationalen Wertpapiermärkten die Hauptursache für die vielfach steigenden Preise. "Die Flut hebt seit einiger Zeit nahezu alle Boote."
16. September 2025. FRANKFURT (pfp Adisory): Es ist September, der meteorologische Herbst hat begonnen und das zunehmend nass-graue Wetter schlägt vielen Menschen ebenso aufs Gemüt wie die kontinuierlich kürzer werdenden Tage respektive längeren und dunkleren Nächte. Ich habe mich immer schon gefragt, ob diese Korrelation mit den typisch schwächeren Börsenphasen im September und Oktober auch kausal zusammenhängt (die Frage sei erlaubt, zumal über 95 Prozent der globalen Marktkapitalisierung in der nördlichen Hemisphäre zu verorten sind).
Gleichwohl, die zeitliche Überschneidung ist Fakt und es gilt sich sowohl morgens auf dem Weg zur Arbeit oder Schule wärmer anzuziehen und im übertragenen Sinne gilt es auch für die Geldanlage: Stellt Euch auf die üblichen Herbststürme ein.
Heißt das zwingend, dass die Märkte nun wieder mal ordentlich abrutschen, einfach nur weil der Kalender es vorgibt? Nein, natürlich nicht. Niemand sollte sich anmaßen, Märkte vorherzusehen und selbstverständlich gibt es auch Jahre, wo der Herbst glimpflich verläuft. Das muss übrigens nicht zwingend mit einem guten Jahr einher gehen. Ich erinnere mich noch gut, wie beispielsweise 2018 das dritte Quartal eher glimpflich endete, sich viele schon auf die Jahresendrally gefreut haben und der Oktober und vor allem der Dezember völlig desaströs verliefen (was wiederum eine gute Basis für ein exzellentes Jahr 2019 wurde). Börse bedeutet nun mal auch, mit Schwankungen umzugehen, dies am allerbesten, indem man ruhig bleibt und sich auf den langfristigen Horizont konzentriert.
Das soll nicht heißen, dass sich Anlegerinnen und Anleger nicht auch Gedanken über die jeweils aktuelle Situation machen können und sollen. Selbstverständlich gibt es vieles, was die Märkte jederzeit ins Rutschen bringen kann. Neben potenziellen „schwarzen Schwänen“ wie etwa eine Eskalation zwischen China und Taiwan gilt es natürlich auch, nicht zu vergessen, sich über die „Fallhöhe“ Gedanken zu machen. Insbesondere in den richtungsweisenden US-Börsen haben viele Bewertungsparameter bekanntermaßen das schwindelerregende Niveau aus dem Jahr 2000 oder auch dem Ende der 1920er Jahre wieder erreicht. Begleitet wird die bereits sehr lange währende Party wie vor einem Vierteljahrhundert von der sicher nicht falschen Einschätzung, dass eine technische Innovation Wirtschaft und Gesellschaft maßgeblich verändern wird. Damals war es der breite Siegeszug des Internets, heute ist es die viel beschriebene Künstliche Intelligenz.
Ob damit die Bewertungen einzelner Tech-Giganten von mitunter deutlich zweistelligen Umsatzmultiples ihre Rechtfertigung hat, oder ob der (richtungsweisende) US-Markt ob seines Bewertungsniveaus praktisch schon zum Zusammenbruch verurteilt ist, ist eine Diskussion, die ich an dieser Stelle nicht führen möchte. Zumal ich durchaus die Annahme habe, dass ein anderer Einflussfaktor momentan eine noch stärkere Relevanz hat: die massive Liquidität, die augenscheinlich seit geraumer Zeit in die Märkte strömt.
Ich schreibe dabei bewusst „die Märkte“, denn das unstrittigste Indiz ist ja der parallele Boom verschiedener Asset-Klassen. Nicht nur Aktien erfreuen sich einer regen Nachfrage, auch Wohnimmobilien oder Private Equity darben nicht gerade. Regelrechte Kaufpanik findet sich mittlerweile bei der altbewährten Anlage Gold und auch seinen potenziellen modernen Vergleichswerten in Form der Kryptowährungen. Die Flut hebt seit einiger Zeit nahezu alle Boote. Zurück bleiben etwa Gewerbeimmobilien, wo es einen Strukturbruch in der Nachfrage gab und Anleihen.
Gerade letzteres verwundert nicht, bieten Anleihen doch das Vehikel, das wohl am nächsten am Geldsystem beheimatet ist. Ob jetzt nun die Preise für Aktien oder Gold steigen oder die umgekehrte Lesart, wonach das Fiat-Geldsystem massiv an Vertrauen und Wert verliert, die richtige ist, vermag ich natürlich nicht zu sagen. Ich wage aber zu behaupten, dass für die Entwicklung der Märkte in der Breite nicht nur im Herbst, sondern erstmal für eine weitere längere Zeit keine technische Innovation und auch kein Konjunkturzyklus maßgeblich ist, sondern die weitere Entwicklung der Liquidität, sich ihren Weg in verschiedene Assetklassen und halt auch in den Aktienmarkt bahnt. Frei nach dem früheren US-Präsidenten Bill Clinton: „It´s the liquidity, stupid“.
Von Roger Peeters, 16. September 2025, © pfp Advisory
Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (<ISIN LU1865032954>), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (ISIN LU2332977128). Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Peeters ist weiterhin Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) e.V. Roger Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
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