Unternehmen wie Exasol, Deutsche Rohstoff, Cliq und 2G wachsen kräftig, auch an der Börse läuft es gut. Andere Scale-Unternehmen haben zu kämpfen. Die drei Fragen gehen diesmal an Remco Westermann von Media and Games Invest.
15. März 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Vom jüngsten Kursrücksetzer an den Börsen bleibt auch das Scale-Segment nicht verschont. Der Zusammenbruch des kalifornischen Start-up-Finanzierers Silicon Valley Bank hat Sorgen um eine neue Finanzkrise geschürt und die Börsen weltweit auf Schlingerkurs geschickt.
Der Scale All Share, der alle Mitglieder abbildet, liegt am Mittwochmorgen bei 1.258 Punkten nach 1.324 vor einem Monat. Seit Jahresanfang ergibt das immer noch ein Plus von 4 Prozent. Der Auswahlindex Scale 30 liegt mit aktuell 1.113 Punkten leicht unter dem Niveau von Ende 2022.
„Deutsche KI-Hoffnung“ mit sattem Kursplus
Auch viele Scale-Mitglieder, die sich seit Jahresanfang sehr gut entwickelt hatten, mussten Federn lassen. Etwa war der Kurs des Datenbankanbieters Exasol (DE000A0LR9G9) – gelegentlich als deutsche KI-Hoffnung gehandelt – von 2,87 auf 4,65 Euro gestiegen. Jetzt sind es wieder nur 3,92 Euro. 2022 hat Exasol – nach vorläufigen Zahlen – die wiederkehrenden Umsatzerlöse um 17 Prozent auf 36 Millionen Euro gesteigert. Das operative Ergebnis verbesserte sich ebenfalls deutlich, es blieb aber noch bei einem Verlust. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet der Vorstand mit einer Fortsetzung des Wachstumskurses und einer weiteren Steigerung der Profitabilität.
Rekordjahr für Deutsche Rohstoff
Der Kurs der Deutschen Rohstoff AG (DE000A0XYG76) bröckelte zuletzt ebenfalls. Aktuell kostet die Aktie 26,20 nach 28,30 Euro Anfang des Monats, liegt damit in diesem Jahr aber immer noch klar in der Gewinnzone. Auch der Ölförderer hatte gute Zahlen für 2022 vorgelegt: Der Umsatz in Höhe von 165 Millionen Euro und das Ebitda (Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern) von 139 Millionen Euro lagen innerhalb der im Dezember veröffentlichten Prognosebandbreite. Diese war 2022 dreimal erhöht worden – unter anderem wegen der steigenden Öl- und Gas-Preise. „Die Deutsche Rohstoff hat sowohl operativ also auch in Sachen Profitabilität ein neues Niveau erreicht“, erklärte CEO Jan-Philipp Weitz. „Für das laufende Jahr und die kommenden Jahre haben wir eine hervorragende Basis geschaffen und sind zuversichtlich, weiter wachsen zu können.“
Cliq und 2G weiter auf Wachstumskurs
Der Düsseldorfer Streaming-Anbieter Cliq Digital leidet kaum unter dem aktuellen Börsenumfeld, seit Jahresanfang steht ein Kursplus von gut 15 Prozent zu Buche. Cliq hat 2022 seinen Umsatz um 84 Prozent auf 276 Millionen Euro und das Konzernergebnis um 63 Prozent auf 29 Millionen Euro gesteigert. Auch der Blockheizkraftwerkshersteller 2G Energy (DE000A0HL8N9) hat 2022 den Wachstumskurs fortgesetzt und die Umsatzerlöse – nach vorläufigen Zahlen – auf deutlich über 310 Millionen Euro gesteigert. Details will das Unternehmen Ende März bekannt geben.
Die Analysehäuser SMC Research und First Berlin halten die 2G-Aktie für viel zu billig: SMC rechnet mit einer Fortsetzung der positiven Entwicklung und traut 2G 30 Euro zu. Das wäre von den aktuellen 22 Euro ein Anstieg um 36 Prozent. Blockheizkraftwerke würden eine Schlüsselrolle bei der weiteren Umsetzung der Energiewende einnehmen, heißt es von SMC. 2G sei in diesem Markt bestens positioniert, um von einer anziehenden Nachfrage zu profitieren. Immer wichtiger: die Wasserstofffähigkeit der Anlagen, und die biete 2G. First Berlin hat auf Basis der neuen Zahlen die Schätzungen für 2022 nach oben gesetzt und erwartet für 2023 ein zweistelliges Umsatzwachstum bei höherer Marge. Das Kursziel liegt bei 31 Euro.
Formycon umsatzstärkster Scale-Wert
Umsatzstärkster Scale-Wert im Februar war abermals Formycon, und zwar mit großem Abstand. Im abgelaufenen Monat wurden auf Xetra und dem Frankfurter Parkett Aktien des Unternehmens im Wert von 22,9 Millionen Euro gehandelt. Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen Cliq Digital mit 10,7 Millionen Euro, 2G mit 7,4 Millionen Euro, Exasol mit 7 Millionen Euro und IBU-tec advanced materials (DE000A0XYHT5) mit 4,4 Millionen Euro.
Schwere Zeiten für viele Scale-Titel
Auf Sicht von einem Jahr hat sich Formycon (DE000A1EWVY8) – trotz jüngster Kursverluste – am besten entwickelt. Der Kurs ist seit März 2022 von 45 auf 72,20 Euro gestiegen, im Januar waren es allerdings über 90 Euro. Das Unternehmen aus Martinsried bei München bietet Biosimilars an, also kostengünstige biopharmazeutische Nachfolgeprodukte. Ebenfalls sehr gut entwickelt haben sich auf Zwölfmonatssicht der Geothermiespezialist Daldrup & Söhne (DE0007830572), Cliq Digital, die Beteiligungsgesellschaft SGT German Private Equity (DE000A1MMEV4) und Geratherm Medical (DE0005495626), der Hersteller von Fieberthermometern aus Thüringen. Schlusslichter sind die Advanced Blockchain AG (DE000A0M93V6), die Veganz Group (DE000A3E5ED2), Helma Eigenheimbau (<DE000A0EQ578>), fashionette (DE000A2QEFA1) und mVise (DE0006204589).
Analysehaus/Bank | Scale-Unternehmen | Empfehlung | Kursziel in Euro | aktueller Kurs in Euro |
SMC Research | Laiqon | Kaufen | 13,00 | 7,70 |
SMC Research; | Beta Systems Software | Kaufen | 50,60 | 41,00 |
GBC | Vectron | Kaufen | 9,40 | 3,97 |
SMC Research | Blue Cap | Kaufen | 39,00 | 23,60 |
Montega | Cliq Digital | Kaufen | 75,00 | 29,00 |
Die Aktienmärkte haben sich 2023 – bis zum jüngsten Einbruch – kräftig erholt, die Media and Games-Aktie verzeichnet aber weiter Verluste. Was sind die Gründe dafür?
Die MGI-Aktie gehörte 2021 zu den Scale-Aktien mit der besten Entwicklung. 2022 mussten wir im Zuge der sich abzeichnenden Rezession und des damit zusammenhängenden Drucks auf Tech-Aktien einen Teil der Kursgewinne wieder abgeben, obwohl wir im Laufe des Jahres unsere Prognosen angehoben haben. Wir konnten uns dem Rückgang der Peer Group nicht entziehen. Der Kurs scheint sich jetzt aber auf niedrigerem Niveau eingependelt zu haben.
Sie haben gerade starke Quartalszahlen bekannt gegeben. Welche Rolle spielt die Erweiterung des Geschäftsmodells vom reinen Spieleanbieter zu einer Werbesoftware-Plattform?
MGI betreibt heute eine schnell wachsende und profitable Werbesoftware-Plattform. Im vergangenen Jahr konnten wir allein 133 neue Kunden mit einem Budget von jeweils über 100.000 US-Dollar für die Plattform gewinnen. Unseren Umsatz konnten wir 2022 um 29 Prozent auf 324 Millionen Euro steigern, das bereinigte Ebitda um 31 Prozent auf 93 Millionen Euro. Das zeigt die Attraktivität unserer Plattform.
Was spricht für Ihre Aktie?
MGI befindet sich unverändert auf Wachstumskurs. Werbetreibende suchen nach transparenten Lösungen und direkteren Verbindungen zu Publishern und ihren Nutzern. Das bieten wir an. Auch finanziell stehen wir gut da. Wir sind strukturell profitabel. Zudem hatten wir Ende 2022 rund 150 Millionen Euro Cash, so dass wir sich bietende Wachstumschancen nutzen können. Hierzu kann auch wieder, aber sehr selektiv, ein Zukauf gehören.
Media and Games Invest betreibt eine Werbesoftware-Plattform, über die Werbetreibende potenzielle Kunden über alle digitalen Geräte – mobile Apps, Web, Connected TV und Digital Out of Home – kontaktieren können. Außerdem verfügt MGI über ein eigenes Spieleportfolio mit mehr als 5.000 Gelegenheitsspielen und insgesamt mehr als 1 Milliarde registrierten Spielern. Tätig ist MGI hauptsächlich in Nordamerika und Europa.
von: Anna-Maria Borse © 15. März 2023, Deutsche Börse AG
Westermann
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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