Nach dem DAX-Anstieg von über 9 Prozent innerhalb weniger Wochen lässt die Dynamik nach. Dennoch herrscht viel Zuversicht. Denn die Zeit schneller Zinserhöhungen scheint vorbei – und das konjunkturelle Tal durchschritten.
27. November 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Zinserhöhungen vom Tisch, Zinssenkungen in Aussicht – Hoffnungen darauf haben die Aktienmärkte seit ihrem Tief Ende Oktober kräftig steigen lassen. Auch in der neuen Woche bleibt die Stimmung gut. Der DAX, der Ende vergangener Woche wieder über die 16.000 Punkte-Marke geklettert war, liegt am Montagmorgen bei 15.896 Punkten.
Doch es sind nicht nur die Zinsen, auch die Konjunktur scheint sich aufzuhellen: „Zum Wochenschluss bestätigte der wichtigste Frühindikator für die deutsche Wirtschaft, der ifo-Index, das zuvor vom Einkaufsmanager-Index aufgezeigte Stimmungsbild“, stellen die Analysten der Deutschen Bank fest. „Das Gesamtniveau bleibt niedrig, aber die Richtung deutet auf eine Bodenbildung hin.“
„Längerfristiges Aufwärtspotenzial für zweite Reihe“
Hannah Thielke von der Weber Bank zeigt sich auch für den Aktienmarkt durchaus zuversichtlich: „Aus unserer Sicht sollte sich die gute Entwicklung an den Aktienmärkten mittelfristig fortsetzen“, erklärt sie. Die positiven Gewinnaussichten für 2024 sowie fallende Zinsen würden dabei Unterstützung geben.
Nach Ansicht von Robert Halver von der Baader Bank haben deutsche Aktien auch einige Vorteile: Zwar profitierten US-Aktien von attraktiven Standortqualitäten, etwa in Form vergleichsweise niedriger Unternehmenssteuern und Energiepreise. Europäische und deutsche Aktien dürften aber nicht mit den „suboptimalen“ Wirtschaftsbedingungen in ihren Heimatländern gleichgesetzt werden. „So erwirtschaften im DAX beziehungsweise MDAX gelistete Unternehmen jeweils rund 80 Prozent ihrer Umsätze im Ausland“, stellt Halver fest. Grundsätzlich spreche eine weiche US-Konjunkturlandung sowie eine allmähliche Wirtschaftsstabilisierung in China für längerfristiges Aufwärtspotenzial vor allem bei deutschen Export- und Industriewerten aus der zweiten Reihe. „Sowieso sind deutsche Titel sowohl gegenüber US-Aktien als auch gegenüber den eigenen historischen Durchschnitten mit deutlichen Bewertungsabschlägen günstig zu haben.“
Halver
Weg nach oben bald frei
Charttechnisch sieht es auch nicht schlecht aus. „In kleinen Schritten hat sich der DAX der Marke von 16.000 Punkten genähert und letztlich am Freitag bei 16.041 ein neues Impulshoch markiert“, betont Ulrich Wortberg von der Helaba. Das sei gelungen, obwohl vonseiten der Zinserwartungen keine Unterstützung mehr zu beobachten gewesen wäre. Technisch bleibe der Weg jenseits von 16.042/60 Punkten frei, um das Abwärts-Gap von Anfang August zu schließen und Kurs auf das Allzeithoch von 16.528 zu nehmen. „Der DMI steht wie auch der MACD auf Kauf und wird dabei von einem hohen ADX begleitet.“
„Übergeordnet kann Jahresendrally weiterlaufen“
Christoph Geyer verweist allerdings auf die nachlassende Dynamik. „Dies ist insofern nicht verwunderlich, als dass die Indikatoren im überkauften Bereich notieren und zum Teil vor Verkaufssignalen stehen“, bemerkt der unabhängige technische Analyst. Der steile Aufwärtstrend könne nicht mit dieser Intensität durchgehalten werden. Das Erreichen des Widerstands biete eine gute Gelegenheit, eine Gegenbewegung zu beginnen, ohne gleich einen neuen Abwärtstrend einzuleiten. „Eine Korrektur bis in den Bereich von 15.600 Punkten sollte daher kurzfristig nicht überraschen.“ Übergeordnet könne die Jahresendrallye aber weiterlaufen.
Geyer
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Montag, 27. November
Deutsches Eigenkapitalforum (bis 29. November) in Frankfurt. Eine der bedeutendsten Kapitalmarktveranstaltungen zum Thema Unternehmensfinanzierung in Europa. Mehr dazu: www.eigenkapitalforum.com/de/
Mittwoch, 29. November
14.00 Uhr. Deutschland: Verbraucherpreise November. Die Helaba geht von einer fortgesetzten Entspannung aus und rechnet mit einer Jahresteuerungsrate von 3,4 Prozent, auch aufgrund von Basiseffekten.
Donnerstag, 30. November
Beginn des OPEC+-Treffens. Während im Sommer der DekaBank zufolge noch eine starke Ausweitung des Angebotsdefizits bis zum Jahresende erwartet worden sei, habe sich das Defizit inzwischen deutlich verringert. Vor allem das Ölangebot sei überraschend kräftig gestiegen, etwa in den USA. Diese Entwicklungen müsse die OPEC+ nun berücksichtigen.
2.30 Uhr China: Einkaufsmanagerindex November. Die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe dürfte sich von 49,5 auf 49,6 Punkte und im Dienstleistungssektor von 50,6 auf 51,1 Punkte verbessert haben, meint die Deutsche Bank.
11.00 Uhr. Eurozone: Verbraucherpreise November. Die Inflationsrate ist nach Einschätzung der Commerzbank weiter von 2,9 Prozent im Oktober auf 2,7 Prozent im November gefallen. Während der inflationsdämpfende Effekt seitens der Energiepreise nachlasse, schwäche sich der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln und nicht-energetischen Waren weiter ab. Die Kernteuerungsrate sei wohl von 4,2 auf 4 Prozent gefallen.
14.30 Uhr. USA: Preisindex Konsumausgaben ohne Nahrungsmittel und Energie November. Der von der US-Notenbank stark beachtete Preisindex wird der Commerzbank zufolge einen nachlassenden Inflationsdruck anzeigen. Die Anstiege von 3 Prozent beziehungsweise 3,5 Prozent (Kernrate) lägen aber weiter deutlich über dem Notenbankziel von 2 Prozent.
Freitag, 1. Dezember
Dubai: Beginn der UN-Klimakonferenz COP 28. Auf der bis zum 12. Dezember laufenden Konferenz geht es um die Klimaziele und wie diese erreicht werden können.
16.00 Uhr. USA: ISM-Index Verarbeitendes Gewerbe November. Laut Helaba lassen regionale Umfragen auf einen kleinen Anstieg schließen. Der Stimmungsindex werde aber wohl unterhalb der Expansionsschwelle bleiben und damit kaum für konjunkturelle Zuversicht sorgen.
Von: Anna-Maria Borse, 27. November 2023, © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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