Der Streit zwischen Donald Trump und der US-Notenbank belastet die Aktienmärkte zum Start der neuen Woche. Vor Ostern hatte sich der DAX deutlich erholt. Viele Banken trauen dem Braten aber nicht und rechnen mit erneuten Rückschlägen.
22. April 2025. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Neue Schlagzeilen aus den USA sorgen heute Morgen für neue Verunsicherung an den europäischen Aktienmärkten. „Donald Trump hat Fed-Chef Powell erneut zu präventiven Zinssenkungen aufgefordert und offensichtlich sucht die US-Regierung nach Möglichkeiten, Powell vorzeitig zu entlassen“, schreiben die Analysten der Helaba in ihrer aktuellen Markteinschätzung. An den US-Börsen, die am Ostermontag geöffnet hatten, kam es bereits zu deutlichen Abschlägen. Daher hat auch der DAX heute mit Minuszeichen eröffnet. Am Vormittag notiert das Kursbarometer bei 21.160 Punkten. In der verkürzten Vor-Osterwoche hatte der Index 4,1 Prozent auf 21.206 Punkte zugelegt und damit die Erholung nach dem „Zoll-Crash“ fortgesetzt. Der Stoxx Europe 600 war um 4,0 Prozent gestiegen.
„Börsen bleiben anfällig für Rückschläge“
Die meisten Analysten betrachten diese Erholung aber ohnehin mit einer gewissen Skepsis. „Die Verunsicherung mag an den internationalen Finanzmärkten zuletzt nachgelassen haben, vom Eis ist die Kuh damit aber noch lange nicht“, warnte zum Beispiel die DZ Bank bereits vor den Feiertagen. Das größte Risiko sei, dass in den nächsten Wochen keine nennenswerten Fortschritte bei den Zoll-Verhandlungen erzielt werden. „Dann dürfte den Vertretern in Brüssel kaum etwas anderes übrigbleiben, als eigene Gegenmaßnahmen in die Wege zu leiten“. Aus Sicht der Aktienmärkte würde dies nach Ansicht der Strategen eine „weitere Eskalation“ bedeuten und „erneute deutliche Kursverluste“ nach sich ziehen. Auch die Kollegen der LBBW kommen zu dem Ergebnis, dass die Börsen anfällig für Rückschläge bleiben. „Es wäre eine Illusion, zu glauben, dass die Aktienmärkte bereits ein neues Gleichgewicht gefunden haben“. Die Analysten halten an ihrer Einschätzung fest, „dass die Abwärtsbewegung des DAX ihr zyklisches Tief noch nicht durchschritten hat“.
„Kein Grund, in Panik zu verfallen“
Die Strategen der Helaba machen Anlegerinnen und Anlegern zumindest ein bisschen Hoffnung. So seien die hiesigen Dividendentitel – anders als die US-Pendants – inzwischen wieder „ins faire Preisband zurückgekehrt“, womit sich zumindest im relativen Vergleich ein Vorteil für den europäischen Aktienmarkt ergebe. Einem ausgeprägten Bärenmarkt in den USA könnten sich die Indizes in der Eurozone zwar auch nicht entziehen, der DAX sei bislang aber „noch aus jeder Krise gestärkt hervorgegangen“. „Selbst wenn im negativen Fall weiter eskaliert würde, können Anleger darauf setzen, dass die Kursverluste aufgeholt würden und Aktien mittelfristig höher notieren“. Für langfristig orientierte Anleger bestehe somit kein Grund, selbst bei einer ungünstigen Entwicklung im Zollstreit in Panik zu verfallen. Wichtig sei allerdings ein gut diversifiziertes Portfolio.
„Massivste charttechnische Hürden“
Das technische Bild am deutschen Aktienmarkt hat sich laut Experten durch die erfolgte Stabilisierung zuletzt etwas verbessert, ohne bereits neue Kaufsignale generieren zu können. Marcel Mußler von den Mußler Briefen rechnet nach Ostern mit einem „zwar durchaus intensiven, aber relativ richtungslosen Seitwärtsmarkt“. Nachdem die wichtigen Unterstützungen unter dem Strich gehalten haben, hält der erfahrene Charttechniker demnächst sogar einen „Durchmarsch nach ganz oben“ für möglich. Bevor es so weit kommt, stellen sich dem DAX und den STOXX-Indizes seiner Ansicht nach aber noch „massivste charttechnische Hürden in den Weg“, vor denen Mußler auch großen Respekt hat. Für den DAX sei da zum einen das „Pullback an den Augusttrend“, der in dieser Woche bei 21.800 Punkten verläuft und zum anderen die „horizontale Abrisslinie bei 22.226/58 Punkten“. Diese beiden Hürden würden sich in den nächsten Wochen weiter zu einer Zone und dann zu einem schwer überwindbaren Widerstandskreuz vereinigen.
Höhepunkt der US-Berichtssaison
Neben dem Zollkonflikt steht in den kommenden Tagen auch die Berichtssaison der Unternehmen im Fokus. Nach Berechnung der Helaba konnten von den vorliegenden 45 S&P 500-Unternehmen immerhin 76 Prozent die Erwartungen übertreffen. Die beiden kommenden Wochen sind laut Dekan in den USA „die mit Abstand wichtigsten“, weil in dieser Phase Firmen mit über 60 Prozent der Marktkapitalisierung des S&P 500 ihre Quartalszahlen vorlegen. Deutlich wichtiger als die „vermutlich überwiegend passablen Zahlen für das erste Quartal“ seien aber die Ausblicke sowie Hinweise zu den Auswirkungen der neuen US-Importzölle auf Lieferketten, Preisgestaltung, Margen und Investitionen. Spannend wird es hier zum Beispiel bei Tesla (Dienstag) und Alphabet (Donnerstag), während in Europa nach den Enttäuschungen bei den beiden Schwergewichten LVMH und ASML heute Abend SAP seine Bücher öffnen wird.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Dienstag, 22. April
USA: mehrere Reden von Fed-Mitgliedern (u.a. Fed-Vize Jefferson)
Mittwoch, 23. April
10.00 Uhr. Eurozone: Einkaufsmanagerindizes. Nach einer “mühsamen Aufwärtsbewegung“ in den vergangenen Monaten kommt es nach Meinung der Deka für den Euroraum nun zu einem Rückschlag durch die US-Handelspolitik. Die Verunsicherung durch die sich schnell ändernde Lage bei den US-Zöllen hinterlasse Spuren bei den Unternehmen, vor allem im ohnehin schwachen Industriesektor. Die Strategen rechnen deshalb mit einem Rückgang der vorläufigen Einkaufsmanagerindizes für den April.
20.00 Uhr. USA: Beige Book.
Donnerstag, 24. April
10.00 Uhr. Deutschland: ifo-Index. Nachdem das ZEW-Klima im April auf den Stand vom Herbst 2022 (Höhepunkt der Energiesorgen) zurückgefallen ist, wird sich laut den Deka-Volkswirten auch der ifo-Index „entscheidend verschlechtern“. Allerdings soll die Reaktion der Unternehmen nicht so abrupt ausfallen wie die der Finanzmarktanalysten. Der Konsens rechnet beim Geschäftsklima mit einem Wert von 85,4 nach 86,7 Punkten im Vormonat.
14.30 Uhr. USA: Auftragseingänge langlebige Güter. Die US-Volkswirte der Deutschen Bank erwarten ein Wachstum von 0,5 Prozent gegenüber dem Vormonat, nachdem es im Februar ein Plus von 1,0 Prozent gegeben hatte. Damit sind die Strategen deutlich pessimistischer als die Konsensschätzung von erneut +1,0 Prozent.
Freitag, 25. April
Keine relevanten Datenveröffentlichungen
Von Thomas Koch © 22. April 2025, Deutsche Börse AG
Thomas Koch ist CEFA-Investmentanalyst, Investmentspezialist für strukturierte Produkte und geprüfter Zertifikateberater. Seit Anfang 2006 beschäftigt er sich als freier Journalist mit dem Geschehen an den Kapitalmärkten.
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