Am Zertifikatemarkt sind große Aktienindizes, der Euro/US-Dollar-Wechselkurs und Gold beliebte Basiswerte. Außerdem bleiben die steigenden Zinsen im Fokus
1. Dezember 2022. Frankfurt (Börse Frankfurt). Angesichts beträchtlicher Ausschläge verschiedenster Anlageklassen haben Anleger am Zertifikatemarkt im November neben Aktienindizes bevorzugt zu Verbriefungen von Devisen, Zinsen und Rohstoffen gegriffen, dabei vor allem auf positive Nachrichten reagiert. Nach fast zwei Monaten mit steigenden Notierungen werden auch Gewinne mitgenommen.
„Es gibt viele Themen, die kräftige Kursbewegungen auslösen und die entsprechend rege gehandelt werden“, berichtet Anouch Wilhelms von der Société Générale. Die Umsätze seien nicht so hoch wie zu Jahresbeginn, aber gut. „Auch die Stimmung der Anleger*innen hat sich mit steigenden Notierungen deutlich verbessert.“
„Nach den jüngsten Kurssteigerungen vor allem der Aktien ist der Markt in Wartestellung und lechzt nach neuen Richtungsgebern“, wie Simon Görich von der Baader Bank berichtet. „So lässt sich sagen, dass Trading-Produkte eher trendfolgend gehandelt werden und Anlageprodukte insgesamt stärker eingesetzt werden. Hier spielen sowohl die steigenden Zinsen, aber auch Depotbereinigungen und Gewinnmitnahmen eine Rolle.“ Die Ukraine- und die Energiekrise seien noch nicht abgeschüttelt.
Fokus auf positive Nachrichten
Atakan Sahin von der ICF Bank berichtet, dass positive Nachrichten umgesetzt und negative eher ausgeblendet werden. „Dabei sind die Probleme – Krieg, Inflation, Zinsen – die gleichen.“ Dennoch werde viel gehandelt, nachdem das Fed-Protokoll weniger starke Zinserhöhungen als befürchtet erwarten lassen könne. „Das wurde als positives Signal für Aktien gewertet.“ .Die Umsätze seien seit der Veröffentlichung des Protokolls gut.
„Die Anleger*innen gehen allerdings sehr selektiv vor“, ergänzt Sahin. Das zeige sich beispielsweise am Kryptomarkt: Trotz vieler negativer Nachrichten werde hier wieder zugegriffen. Kund*innen der ICF Bank kaufen vor allem ein Indexzertifikat auf den Krypto TSI Index von Der Aktionär (CH1171791515). „Das ist unser meistgehandeltes Produkt“, erklärt Sahin.
Grundsätzlich zögen die Anleger US-Aktien deutschen Titeln vor. Bei den Indizes sind hingegen beide Regionen, DAX und NASDAQ, die Favoriten. „Für diese Märkte sind die Anleger leicht optimistisch, in der Breite werden aber auch – so kurz vor Jahresende – immer wieder Gewinne mitgenommen.“
Euro/Dollar, Gold und Öl gesucht
„Die beliebtesten Basiswerte bleiben zwar ganz klassisch und wie gewohnt Aktienindizes, angeführt vom DAX, gefolgt vom NASDAQ 100 und Dow Jones“, beschreibt Wilhelms die Nachfragesituation in seinem Haus. Insgesamt richtet sich nach seinen Angaben der Kundenfokus aber auch mehr und mehr auf andere Anlageklassen, bei denen große Kursbewegungen sehr gut mit Derivaten abgebildet werden könnten. „Die Marktteilnehmer haben Alternativen zu Technologiewerten gesucht und am Devisenmarkt, bei Edelmetallen, Rohstoffen und Anleihen gefunden.“
Wilhelms
Euro/US-Dollar beliebtestes Devisenpaar
So rangiere wenig überraschend das Währungspaar Euro/US-Dollar, bei dem die großen Bewegungen über und unter die Parität vor allem mit Hebelprodukten gehandelt werden, auf Platz 4 und Gold im Zuge der jüngsten Kurssteigerungen auf Platz 5, gefolgt vom S&P 500. Trotz sinkender Notierungen der Ölpreise bleibt Brent beliebt als Basiswert gesucht und steht auf Platz 7. WTI ist auf Platz 12 und der Bund-Future auf einem bemerkenswerten 13. Rang. „Mit Produkten auf den Bund-Future können Anleger zum Beispiel auf weiter steigende Zinsen setzen.“ Unter den Einzelaktien schaffen es lediglich Tesla und die Deutsche Bank in die Top 10 der beliebtesten Basiswerte der Société Générale.
Meistgehandelt: Ein Turbo Call auf Gold
Entsprechend dieser Beliebtheitsskala ist ein endlos laufender Knock-out-Call auf Gold (DE000CL81XX2) mit einer Barriere von 1.374,95 US-Dollar das meistgehandelte Produkt des Monats der Société Générale. Hier dominieren Käufe den Handel. „Aktuell werden tendenziell mehr Produkte gehandelt, die von einem weiter steigenden Goldpreis profitieren.“
Unter den Anlageprodukten auf Gold sticht die Nachfrage nach einem Discount-Zertifikat (<DE000SH7NS08>) hervor. „Derzeit erhalten Anleger hier eine maximale Rendite von 7 Prozent pro Jahr.“ Wilhelms verweist hier auf die Bedeutung der Währungsabsicherung: „Bei Anlageprodukten in US-Dollar ist eine Absicherung gegen einen stärker werdenden Euro am Devisenmarkt sinnvoll sein, um die Renditechancen zu wahren.“
Optimistisch sind die Investor*innen nach Angaben von Wilhelms auch für das Währungspaar Euro/US-Dollar. So wird ein Knock-out-Call der Société Générale (<DE000SQ29DA6>) mit einer Barriere von 1,0068 US-Dollar hier in erster Linie gekauft. „Die Erholung von Anfang November resultiert zwar nach Einschätzung unserer Konjunkturexperten vor allem aus einer Korrektur des US-Dollar, aber mit verbesserten Konjunkturdaten in Europa wie dem ifo-Index verlieren die negativen Argumente gegen Euro an Kraft“, bemerkt Wilhelms.
Aber auch die Zuwächse der Aktienindizes, der DAX bewegte sich im November in einer Spanne von 13.000 und 14.500 Punkten, der S&P 500 zwischen 3.700 und 4.030 Zählern, werden mit Anlagezertifikaten wie Hebelprodukten umgesetzt. So wird auf der Aktienseite ein klassisches Bonus-Zertifikat bezogen auf den S&P 500 (<DE000SF3AAE8>) besonders stark nachgefragt. „Fällt der Index bis zum 16. Dezember 2022 nicht unter die Marke von 3.200 Punkten, erhalten die Anleger hier einen Bonus von 51 Euro“, erklärt Wilhelms.
Bei Aktien werde aber sehr genau selektiert: Hier würden Einstiege bei jüngst an der Börse deutlich gefallenen Titeln genutzt. Beliebt ist demnach ein Discount-Zertifikat auf Amazon (<DE000SH38B97>), das bis Mitte März bis 2023 läuft. Die maximale Rendite beläuft sich auf 28 Prozent. „Mit Discount- und Bonus Zertifikaten sind auch Seitwärtsrenditen möglich“, kommentiert Wilhelms.
Auch Sahins Anleger*innen schauen genau. Ein Knock-out-Schein auf PNE Wind (<DE000HG4HZS0>) wurde und wird gekauft. In den vergangenen sechs Monaten hat er rund 326 Prozent an Wert gewonnen. Die zugrundeliegende Aktie notierte gerade auf einem Zehn-Jahreshoch, binnen Jahresfrist ist sie um 187 Prozent gestiegen. „Jetzt nehmen einige hier Gewinne mit.“
Auch bei einem Knock-out-Put auf die Apple-Aktie (<DE000TT466B8>) mit einem Basispreis von 120 US-Dollar und einer Laufzeit bis Dezember 2023 werden Gewinne realisiert: „Wenngleich die Apple-Aktie nicht so stark an Wert verloren hat wie andere Technologiewerte in den vergangenen Monaten, so lagen viele hier richtig mit ihrer Strategie, auf einen sinkenden Kurse zu setzen.“
von: Antje Erhard, 1. Dezember 2022, © Deutsche Börse AG
Antje Erhard ist Journalistin und Moderatorin mit den Schwerpunkten Börse, Wirtschaft und Finanzen.
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