Im Handel mit Zertifikaten gibt es zu Jahresbeginn positive Nachrichten und einige Anleger glauben auch bereits an einen Wendepunkt bei den zuletzt negativen Schlagzeilen um den US-Autohersteller Tesla.
19. Januar 2023. Frankfurt (Börse Frankfurt). Das neue Jahr fängt auch im Zertifikatehandel gut an. „Der Start ist erfreulich“, berichtet Patrick Kesselhut von Société Générale. „Das Umfeld ist momentan positiv“, ergänzt der Zertifikate-Experte mit Blick auf den DAX, der in diesem Jahr schon fast 8 Prozent zugelegt hat. „Es ist durchaus einiges los“, erklärt auch Markus Königer von der ICF Bank. Er bezeichnet die Stimmung als „neutral bis gut“.
„Neues Jahr, alte Themen: Ukraine- und Energiekrise, Lieferkettenprobleme, höhere Zinsen“, bemerkt Simon Görich von der Baader Bank.
Investoren warten seiner Einschätzung nach daher derzeit meist ab. „Sie sind momentan entweder eher trendfolgend oder als Daytrader unterwegs.“ Daher rühre ein Fokus auf Hebelprodukte.
Was die Basiswerte angeht, dreht sich das meiste – wie immer – um den DAX. Kesselhut nennt daneben noch Nasdaq, Dow Jones, Gold, Euro/US-Dollar und Brent als vielgehandelte Underlyings. „Auffällig ist aber auch das hohe Interesse an Tesla.“ Auch bei der ICF Bank gehört der US-Autobauer zu den Favoriten, nur Produkte auf den DAX wiesen laut Königer in den vergangenen vier Wochen noch höhere Umsätze auf. „Danach folgen auf unserer Umsatzliste Nasdaq, Öl, S&P und Gold. Erst dann kommt mit Bayer der erste deutsche Wert.“ Laut Görich werden neben dem DAX auch die Themen CO2, Öl und Gold zur Absicherung gespielt.
Zertifikate: Höchstes Volumen seit 2014.
Im November ist das Gesamtvolumen des deutschen Markts für Anlage- und Hebelprodukte im Vergleich zum Vormonat um 8,8 Prozent gewachsen und hat 80,5 Mrd. Euro erreicht. „Dies war der höchste Stand seit November 2014“, teilte der Deutsche Derivate Verband (DDV) laut Börsen-Zeitung Anfang dieser Woche mit. Zum Vergleich: Vor der Finanzkrise lag das Volumen noch bei 139 Milliarden Euro – ein Rekordwert. Mit der Insolvenz von Lehmann hatte sich das Volumen dann aber halbiert.
Görich
Beim Nasdaq gerne mit Hebel
Auf die DAX-Entwicklung wird mit Anlage- und Hebelprodukten gesetzt. Ganz oben auf der Umsatzliste steht bei Société Générale ein Tracker-Zertifikat auf den deutschen Aktienindex (DE000CJ8M7K3). „Wir sehen aber auch viele Discount-Zertifikate, etwa eines mit Cap von 10.000 Punkten und Maximalrendite von 4,5 Prozent p.a. (<DE000PE241L5>)“, erklärt Kesselhut. Unter den Hebelprodukten sei ein Open-End-Knock-Out-Call (DE000SQ07SC6) sehr beliebt.
Bei der ICF Bank geht bezüglich der großen Indizes vor allem in Hebelprodukten viel um, etwa in Open-End-Knock-Out-Puts (<DE000DV4JUB8>) und -Calls auf den DAX (DE000DW7DBL2, <DE000DW8W8B9>), aber auch in Open-End-Knock-Out-Calls auf den Nasdaq (DE000PH1DY12). „Beim Nasdaq sehen wir fast nur Hebelprodukte (DE000SN87MY2)“, bemerkt Kesselhut von Société Générale. „Unter unseren Top 20 ist nur ein Anlageprodukt.“
Tesla: Hoffen auf die Wende nach Crash
Unterdessen lockt die Schwäche der Tesla-Aktie viele in Tesla-Zertifikate – immerhin ist der Kurs von über 400 auf aktuell 129 US-Dollar gefallen. „Die Marktkapitalisierung ist zwar noch immer weit über der der deutschen Autobauer, nähert sich dieser aber an“, stellt Kesselhut fest. Nachdem es zuvor überwiegend Short-Produkte auf Tesla gegeben habe, beobachtet er nun einen kleinen Überhang an Long-Produkten. Viel gehandelt werde etwa ein Mini-Future-Call mit Hebel von 3 (DE000SQ54PK7). Als Basiswerte seien neben Tesla noch BASF, Deutsche Bank, VW, ThyssenKrupp, Commerzbank, Mercedes Benz, Amazon und Meta gefragt.
Nio und BYD – Chinas Aktien im Fokus
Das Interesse an US-Werten ist nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist hingegen, dass zunehmend chinesische Aktien in den Umsatzlisten auftauchen, wie Königer registriert hat. „Die chinesischen Autobauer Nio (<DE000HG6J1U7>) und BYD (DE000TT7FA01) – die hat man vorher nicht gesehen.“ Er spricht von insgesamt „ausgesuchteren Investments“. „Manchmal stecken Empfehlungen dahinter, manchmal haben Anleger aber auch selbst genaue Ideen.“
Umsatzstärkstes Einzelprodukt bei der ICF war in den vergangenen vier Wochen ein bullisher Optionsschein auf Apple (<DE000TT8DRP4>). Viel um ging aber auch in Open-End-Knock-Out-Calls auf Vitesco (DE000HG4J140) und – auch hier – Tesla (DE000TT2NPS4) sowie Call-Optionsscheinen auf Amazon (<DE000TT44ZX2>). Görich hat zuletzt Interesse an einem Faktor-Tracker-Long-Zertifikat auf Taiwan Semiconductor (DE000SQ3K5S8) beobachtet.
Gold: Preisanstieg übertrieben?
Doch nicht nur im Aktienmarkt war zuletzt viel los, viel Bewegung gab es auch im US-Dollar: Nachdem das Währungspaar Euro/US-Dollar im Sommer die Parität erreicht hatte, zeigt sich die Gemeinschaftswährung nun fester: Für einen Euro müssen wieder 1,08 US-Dollar gezahlt werden. „Hier werden viele Turbos gehandelt“, stellt Kesselhut fest (<DE000SQ5TTT8>). Der Ölpreis ist weit von seinen Hochs aus dem vergangenen Jahr entfernt, im Dezember und Anfang Januar rutschte der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent sogar kurzzeitig unter 80 US-Dollar. Am Donnerstagmorgen sind es 84 US-Dollar. Meistgehandeltes Produkt bei Société Générale ist ein Knock-Out-Put auf Brent (<DE000SQ6HCL4>).
Auch Zertifikate auf Gold kommen gut an. Immerhin ist der Preis für die Feinunze von rund 1.600 US-Dollar im November auf aktuell 1.909 US-Dollar geklettert – vor allem getrieben vom wieder schwächeren US-Dollar. Vielen ist der Anstieg offenbar aber zu weit gegangen. Beliebtestes Produkt bei Société Générale ist ein Faktor-Tracker-Short-Zertifikat auf Gold (DE000SH3N6L7). Mit diesem wird mit Hebel 5 auf einen fallenden Goldpreis gesetzt.
Kryptowährungskorb beliebt
Wieder etwas mehr Beachtung finden Kryptowährungen. Der Bitcoin hat zuletzt etwas zugelegt und kostet aktuell wieder 20.850 US-Dollar. Im Tief im November waren es weniger als 16.000 US-Dollar. Zu den meistgehandelten Produkten bei der ICF Bank gehört das Tracker-Zertifikat auf Der Aktionär Krypto TSI (CH1171791515). Dem Zertifikat des Anlegermagazins liegt der Trend-Signal-Indikator TSI zugrunde, der auf dem Prinzip der Relativen Stärke basiert. Aus einem Pool von Kryptowährungen wird automatisch und nach festen Regeln in die zehn trendstärksten Kryptos investiert.
von: Anna-Maria Borse, 19. Januar 2023, © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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