Profis verlassen den Markt von der Long- wie der Short-Seite. Alle bleiben ziemlich optimistisch, aber das sei keine Gefahr, wie Joachim Goldberg interpretiert.
Deutsche Aktien halten sich stabil unterhalb des Allzeithochs, mittelfristig orientierte Anleger ziehen sich zurück. Zumindest die professionellen Investoren. 6 Prozent schließen Short-Engagements, 4 Prozent gehen raus aus Aktien. Der Sentiment-Index dieser Anlegergruppe steht bei +31 Prozent, deutlich über der Nulllinie zwischen Optimismus und Pessimismus. Private Anleger haben sich kaum bewegt, weisen ebenfalls bullishe +31 Punkte vor.
Joachim Goldberg vermutet, dass sich viele Anleger an die guten Nachrichten, was Wirtschaft 2021 und Pandemie angeht, gewöhnt hätten. Dennoch nehme kaum jemand Gewinne mit. In Summe sei aber keine Euphorie im Markt. Bloß fehlten die potenziellen Käufer. Der Verhaltensökonom vermutet, dass nach unten ab 12.700 Punkten Stützungskäufe einsetzen würden. Und hofft, dass den Anlegern nicht die Geduld ausgeht.
2. Dezember 2020. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Viele Akteure werden sich gefragt haben, was man wohl vom Dezember erwarten könne, nachdem der November als einer der besten globalen Aktien-Monate in die Börsengeschichte eingegangen ist. Würden die Aktienmärkte noch die Kraft haben, einen satten Jahres-Schlussspurt einzulegen? Zumindest, was den heimischen DAX betrifft, ging es seit unserer vergangenen Stimmungserhebung nur schleppend voran, so dass noch nicht einmal das bisherige Hoch der Covid-19-Impfstoff-Rallye überboten werden konnte. Stattdessen reichte es gerade einmal zu einem mageren Gewinn von 0,2 Prozent gegenüber der Vorwoche im Punktvergleich.
Natürlich könnte man einwenden, dass die US-Märkte angesichts des verlängerten Thanksgiving-Wochenendes auch nicht gerade mit positiven Super-Vorgaben glänzten. Aber gemessen an den vielen positiven Kommentaren zu den rasanten Fortschritten bei der Entwicklung der Impfstoffe gegen Corona oder in Erwartung weiterer geld- und fiskalpolitischen Stimulus-Programmen in den USA samt der damit neuerdings gestiegenen Inflationserwartungen, nimmt sich die derzeitige Aufwärtsbewegung fast schon bescheiden aus. Möglicherweise hat man sich vielerorts bereits an die positiven bzw. kurstreibenden Nachrichten gewöhnt.
Weiterhin positiv, aber nicht euphorisch
Ähnlich träge wie der DAX hat sich auch unser Börse Frankfurt Sentiment-Index entwickelt, der sich abermals, zum sechsten Mal hintereinander, marginal um 2 Punkte auf einen Stand von +31 befestigt hat. Dabei sind die von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont nur unter dem Strich optimistischer geworden. Denn die absoluten Zahlen zeigen eine Reduzierung des Bullenlagers um 4 Prozent aller Befragten (Gewinnmitnahmen). Aber weil sich die Gruppe der Pessimisten noch stärker, um 6 Prozent aller Befragten verringert hat, verzeichnet der Börse Frankfurt Sentiment-Index per Saldo einen Anstieg. Ganz nebenbei ist das Bärenlager auf den niedrigsten Stand seit dem 5. Februar gefallen – das war zwei Wochen, bevor der DAX sein diesjähriges Allzeithoch markierte.
Auch bei den Privatanlegern gab es eine kleine Verschiebung, allerdings in die andere Richtung. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index dieses Panels fiel um 2 Punkte auf einen Stand von +31, vermutlich aufgrund kaum signifikanter Gewinnmitnahmen. Mit der heutigen Befragung liegt also der Sentiment-Index beider Panels gleichauf bei +31. Allerdings gibt es einen deutlichen Unterschied bei der Polarisierung zwischen Bullen und Bären. Diese ist nämlich bei den institutionellen Investoren deutlich niedriger als bei deren privaten Pendants. So beläuft sich in dieser Gruppe der Anteil der neutral eingestellten Investoren nur auf 17 Prozent (zum Vergleich: 27 Prozent bei den Institutionellen).
Keiner mag den Weihnachtsmann spielen
Letztlich vermittelt die heutige Stimmungsumfrage den Eindruck, dass nur wenige Akteure bereit sind, bullishe Positionen im Zuge von Gewinnmitnahmen aufzulösen. Auf der anderen Seite blieben nennenswerte Abwärts-Korrekturen auch während des vergangenen Berichtszeitraums aus, so dass sich der Pessimismus vieler Akteure samt der dazugehörigen Positionen reduziert hat. Und so wundert es auch nicht, dass das Handelsband seit vergangenem Mittwoch für den DAX auf nur noch 1,6 Prozent geschrumpft ist. Per Saldo scheinen sich die Marktteilnehmer überwiegend einig, dass 2021 wahrscheinlich ein ökonomisch rosiges Jahr werden wird. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang die Geduld der Optimisten. Fast schon hat es den Anschein, als warteten viele auf den Weihnachtsmann, damit dieser der Aufwärtsbewegung noch einmal richtig Momentum verleiht. Aber wahrscheinlich hat auch Santa Claus genau wie viele Investoren keine Lust, noch zu Höchstkursen einsteigen. Und so ist die Stimmung der Akteure per Saldo gut, aber eben nicht euphorisch. Und wenn mancher Optimist dann doch noch die Geduld verliert, könnte es zumindest zu dem korrektiven Rücksetzer (12.700?) kommen, auf den so viele Investoren seit Wochen vergeblich warten.
2. Dezember 2020, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 52% | 21% | 27% |
ggü. letzter Erhebung | -4% | -6% | +10% |
DAX (Veränderung zu vergangener Woche): 13.330 (+30 Pkt.)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: +31 Punkte (Stand Vorwoche: +29 Punkte)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 57% | 26% | 17% |
ggü. letzter Erhebung | -1% | +1% | +0% |
DAX (Veränderung zu vergangener Woche): 13.330 (+30 Pkt.)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +31 Punkte (Stand Vorwoche: +33 Punkte)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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