Die Aktienkurse steigen anscheinend ohne Zutun heimischer Anleger. Deren Pessimismus könnte stabilisierend wirken, glaubt Goldberg.
Weder der anhaltende Krieg noch die Zinsdiskussionen beunruhigen im Moment stark. Joachim Goldberg spricht zögerlich von einer Gewöhnung. DAX-Aktien sind erneut gestiegen, professionelle Anleger im Vergleich zu den Vorwochen eher passiv geblieben. Der Sentiment-Index dieser Gruppe fällt leicht auf +10 Punkte. Ähnliches Bild bei den Privatanlegern mit 4 Prozent Wechsel ins Bärenlager und einem Sentiment-Index bei +4 Punkten.
Der Verhaltensökonom erkennt einen schleichenden Pessimismus hiesiger Anleger, die an den Kursanstiegen nicht beteiligt gewesen seien. Deswegen sei das Ergebnis "stabilisierend" für den DAX. Nach unten rechnet er ab 13.700/13.750 Punkte mit größerem Kaufinteresse. Goldberg sieht Anzeichen, dass das Schlimmste an den Aktienmärkten überstanden sein könnte.
23. März 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Legt man allein die Handelsbandbreite des DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung als Maßstab für Aktivität am Aktienmarkt zugrunde, könnte man von einer deutlichen Beruhigung des Geschehens ausgehen: Wir sprechen von einer Bandbreite von etwas mehr als 3 Prozent, also weniger als die Hälfte der Range aus der Vorwoche. Und hatten noch vor rund zwei Wochen internationale Fondsmanager (vgl. Umfrage der Bank of America) den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine als größtes Risiko für die Finanzmärkte angesehen, reagieren die Börsen auf neue Nachrichten fast schon verhalten. Es fällt schwer, in diesem Zusammenhang den Begriff „Gewöhnung“ zu verwenden. Aber es hat tatsächlich den Anschein, als würden die Akteure auf Nachrichten über weitere Angriffe des russischen Militärs und Berichte zur katastrophalen Lage vieler Menschen in den zerbombten Städten der Ukraine mit abnehmender Sensitivität reagieren.
Interessant ist auch ein anderes Phänomen. So sieht es so aus, als hätten sich die Erwartungen vieler Marktteilnehmer an steigende US-Leitzinsen in den Kursen der Aktienmärkte dies- und jenseits des Atlantiks kaum niedergeschlagen. Und das, obwohl die US-Anleihemärkte heftig auf eine durchaus als falkenhaft wahrgenommene Rede von Fed-Chef Jerome Powell zu Wochenanfang reagiert hatten.
Langsam aus dem Staub gemacht
Unterdessen hat sich die Stimmung bei den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont abermals leicht verschlechtert. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist erneut zurückgegangen und hat sich um 4 Punkte auf einen neuen Stand von +10 Punkten ermäßigt. Letztlich weil sich per Saldo das Bärenlager abermals zulasten der beiden anderen Gruppen, auch aufgrund von überschaubaren Gewinnmitnahmen bei den Optimisten, etwa um knapp 10 Prozent erhöht hat.
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Privatanlegern, deren Börse Frankfurt Sentiment-Index ebenfalls um 4 Punkte auf einen neuen Stand von +4 Punkten gefallen ist. Mit einem kleinen Unterschied: Das Bullenlager ist mit einem Anteil von 40 Prozent aller Befragten gegenüber der Vorwoche stabil geblieben – die neuen Pessimisten rekrutieren sich praktisch vollumfänglich aus ehemals neutral eingestellten Investoren.
Erste Anzeichen für eine Stabilisierung
Aus der heutigen Umfrage wird jedenfalls ersichtlich, dass die jüngsten Umschichtungen bei den institutionellen und privaten Investoren ohne Einfluss auf den DAX geblieben sind, der im Wochenvergleich – möglicherweise auch aufgrund langfristiger Nachfrage – immerhin um 1,9 Prozent zulegen konnte. Allerdings wird insbesondere bei den institutionellen Investoren erkennbar, dass sich in der Grundstimmung ein schleichender Pessimismus breitgemacht hat. Dies wird vor allen Dingen in der relativen Betrachtung des Börse Frankfurt Sentiment-Index im Dreimonats-Vergleich deutlich, der sich mittlerweile in leicht negativem Terrain befindet. Ähnlich verhält es sich bei den Privatanlegern. Deren relative Stimmung notiert mittlerweile sogar deutlich schlechter als die ihrer institutionellen Pendants. Mit anderen Worten: Hinter den vordergründig noch stabil aussehenden Stimmungsbildern verbirgt sich zunehmende Skepsis.
Für die weitere Entwicklung des DAX hat die heutige Stimmungserhebung in der Summe einen leicht stabilisierenden Charakter. Aber nur, weil im Falle eines deutlichen Abschlags beim Börsenbarometer (möglicherweise erst bei 13.700/13.750 Zählern) wieder größeres Kaufinteresse entstehen könnte.
Unter dem Strich haben sich in der vergangenen Woche Sentiment-technisch die Anzeichen vermehrt, dass das Schlimmste an den Aktienmärkten überstanden sein könnte.
23. März 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 45% | 35% | 20% |
ggü. letzter Erhebung | -1% | +3% | -2% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 14.520 (+270 Pkt.)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: +10 Punkte (Stand vergangene Erhebung: +14 Punkte)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 40% | 36% | 24% |
ggü. letzter Erhebung | unv. | +4% | -4% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 14.520 (+270 Pkt.)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +4 Punkte (Stand vergangene Erhebung: +8 Punkte)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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